Unbekannte Materie in der Milchstraße
Präzise Kartierung „Diffuser Interstellarer Bänder“ vorgelegt, Natur dieser Materie aber noch unklar.
Ein internationales Team von Astronomen hat mithilfe von RAVE-Daten detailgenaue Karten der interstellaren Materie der Milchstraße erzeugt. Diese Karten könnten zur Lösung eines Rätsels beitragen, welches die Wissenschaftler seit fast einem Jahrhundert beschäftigt: die Natur des letzten mysteriösen Bausteins der interstellaren Materie, dem Material im Leerraum zwischen den Sternen einer Galaxie, zu entschlüsseln. Die Karten basieren auf Daten einer zehnjährigen Beobachtungskampagne des vom AIP initiierten und koordinierten Radial Velocity Experiments (RAVE), das insgesamt 500.000 Sterne der Milchstraße erfasst hat.
Abb.: Ausschnitt einer der DIBs-Karten (Bild: RAVE / J. Kos)
Material im interstellaren Raum, ein Gemisch aus Staub und Gas aus Atomen und Molekülen, bleibt übrig, wenn ein Stern stirbt und wird so auch zum Baustein neuer Sterne und Planeten. Die Spektralanalyse des Lichts, welches sich durch den Raum fortbewegt, liefert Astronomen wichtige Informationen über die Zusammensetzung der Materie, die das Licht zuvor passiert hat. Im Jahr 1922 entdeckte die junge Astronomin Mary Lea Heger in ihren Beobachtungen dunkle Linien, die belegten, dass das Licht von einer bis dato unbekannten Quelle absorbiert worden sein musste. Diese Linien erhielten den Namen „Diffuse Interstellare Bänder“ (DIBs). Durch welche Art von Materie sie erzeugt werden und wo genau sich diese im Raum befindet, ist bis heute unklar.
Eben dies herauszufinden ist jedoch extrem wichtig für Astronomen, um Aufschluss über die physikalischen Bedingungen und die Chemie des interstellaren Raumes zu erhalten, auf denen wiederum die Theorien zur Stern- und Galaxienentstehung basieren. Eine Vermutung der Wissenschaftler ist, dass die DIBs erzeugende Absorption des Sternenlichts auf die Existenz von ungewöhnlich großen, komplexen Molekülen hinweist. Ein Beweis dieser These steht noch aus. Die neuen 3D-Karten des DIB-erzeugenden Materials in unserer Milchstraße, welche ein Team aus 23 Wissenschaftlern nun vorgestellt hat, könnten jetzt zu einer Lösung des langjährigen astronomischen Rätsels beitragen.
„Durch die großräumige Vermessung unserer Milchstraße mit der Durchmusterung RAVE konnte erstmals die dreidimensionale Verteilung der „DIBs“ vermessen werden“, so Matthias Steinmetz, Leiter des RAVE-Projekts. „Insbesondere zeigt es sich, dass die komplexen, für die DIB verantwortlichen Moleküle auch weiter von der galaktischen Ebene entfernt zu finden sind, als dies etwa für den interstellaren Staub der Fall ist“.
AIP / DE