Vom Klumpen zum Planeten
Neue Radio-Beobachtungen bestärken theoretische Modelle zum schnellen Wachstum von Planeten.
Beobachtungen mit dem Radioteleskop VLA in New Mexico zeigen die inneren Partien der Planeten-
Abb.: Protoplanetare Staubscheibe um den jungen Stern HL Tauri, links: frühere Beobachtungen mit ALMA; rechts: neue Beobachtungen mit dem VLA, die zusätzliche Strukturen der inneren Ringe sichtbar machen. (Bild: Carrasco-Gonzalez et al. / B. Saxton / NRAO / AUI / NSF)
Neue Beobachtungen mit dem Karl G. Jansky Very Large Array (VLA), einem Radioteleskop in New Mexiko, haben die bislang detailreichsten Radiobilder der Scheibe um den jungen Stern HL Tauri geliefert. Bereits frühere Bilder, aufgenommen mit dem ALMA-Observatorium, hatten ein markantes Muster von hellen Staubringen in der Scheibe gezeigt. Das neue Bild zeigt einen massereichen Klumpen aus Staub im innersten der hellen Ringe. Die Gesamtmasse des Klumpens entspricht dem drei- bis achtfachen der Erdmasse. Thomas Henning, Direktor am Max-
Die neue Entdeckung hat weitgehende Konsequenzen. Bereits seit längerem ist bekannt, dass die einfachsten Modelle der Planetenentstehung ein Problem mit den Zeitskalen haben. In diesen Modellen ist die protoplanetare Scheibe aus Gas und Staub, die den jungen Stern umgibt, gleichförmig und homogen. Alles weitere spielt sich erst auf kleineren, dann auf immer größeren Längenskalen an: mit Staubteilchen, die aneinanderkleben, dabei größere Objekte bilden bis am Ende Planeten entstanden sind.
Das ist freilich ein recht langsamer Prozess, und diese Langsamkeit erweist sich als problematisch: Im Laufe von rund zehn Millionen Jahren werden Gas und Staub der Scheibe durch die intensive Strahlung des jungen Sterns förmlich hinweggepustet. Ohne Gas und Staub als Rohmaterial ist die Planetenentstehung beendet. Haben sich bis dahin keine großen Planeten gebildet, wird das auch anschließend nicht mehr passieren.
Die neuen Bilder geben Hinweise auf eine deutlich schnellere Version der Planetenentstehung. Dabei ergeben sich aus bestimmten Strömungsmustern des Gases der Scheibe Regionen mit besonders hoher Staubdichte, in denen die Planetenentstehung dann sehr viel rascher ablaufen kann als in einer homogenen Scheibe. Hubert Klahr, Leiter der Theoriegruppe Planeten- und Sternenstehung am MPIA, erklärt: „Vor zehn Jahren haben wir in unseren Simulationen erste Anzeichen für diese Art besonders schneller Planetenentstehung gefunden. Jetzt lassen sich die Details erstmals direkt beobachten: dichte Staubringe, in denen sich klumpige Fragmente bilden."
Weitere Untersuchungen sind in Arbeit und in Vorbereitung, die zum einen die Scheibe um HL Tauri genauer modellieren, zum anderen nachweisen sollen, dass der Staubklumpen noch weitere Materie auf sich zieht und auf diese Weise weiter wächst. Thomas Henning schließt: „Detailreiche Bilder wie dieses hier haben die Forschung zur Planetenentstehung auf eine neue Stufe gehoben. Offenbar sind Strukturen in der Scheibe wie der Klumpen, den wir entdeckt haben, notwendig, um die Entstehung von Planetensystemen wie unserem eigenen Sonnensystem zu erklären."
MPIA / DE