22.03.2016

Vom Klumpen zum Planeten

Neue Radio-Beobachtungen bestärken theoretische Modelle zum schnellen Wachstum von Planeten.

Beobachtungen mit dem Radioteleskop VLA in New Mexico zeigen die inneren Partien der Planeten-Geburts­stätte rund um den jungen Stern HL Tauri so detail­reich wie nie zuvor. Deutlich sichtbar ist dabei ein riesiger Staub­klumpen mit dem drei- bis achtfachen der Erdmasse, der ideale Bedingungen für die Entstehung eines Planeten bietet. Die Masse des neuen Planeten dürfte zwischen jener der Erde und jener des Neptun liegen. Das Vorhanden­sein des Klumpens zeigt eine Lösung für ein grundlegendes Problem der Planeten­entstehung auf: wie Planeten innerhalb der relativ kurzen Zeit entstehen können, die für ihr Wachstum zur Verfügung steht.

Abb.: Protoplanetare Staubscheibe um den jungen Stern HL Tauri, links: frühere Beobachtungen mit ALMA; rechts: neue Beobachtungen mit dem VLA, die zusätzliche Strukturen der inneren Ringe sichtbar machen. (Bild: Carrasco-Gonzalez et al. / B. Saxton / NRAO / AUI / NSF)

Neue Beobachtungen mit dem Karl G. Jansky Very Large Array (VLA), einem Radioteleskop in New Mexiko, haben die bislang detailreichsten Radiobilder der Scheibe um den jungen Stern HL Tauri geliefert. Bereits frühere Bilder, aufgenommen mit dem ALMA-Observatorium, hatten ein markantes Muster von hellen Staubringen in der Scheibe gezeigt. Das neue Bild zeigt einen massereichen Klumpen aus Staub im innersten der hellen Ringe. Die Gesamtmasse des Klumpens entspricht dem drei- bis achtfachen der Erdmasse. Thomas Henning, Direktor am Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) und einer der beiden Leiter des Beobachtungsteams, erklärt: „Dieser Klumpen sieht wie eine Art Planeten-Embryo aus, der sich über die nächsten Millionen Jahre hinweg zu einem fertigen Planeten entwickeln dürfte."

Die neue Entdeckung hat weitgehende Konsequenzen. Bereits seit längerem ist bekannt, dass die einfachsten Modelle der Planeten­entstehung ein Problem mit den Zeit­skalen haben. In diesen Modellen ist die protoplanetare Scheibe aus Gas und Staub, die den jungen Stern umgibt, gleich­förmig und homogen. Alles weitere spielt sich erst auf kleineren, dann auf immer größeren Längenskalen an: mit Staub­teilchen, die aneinander­kleben, dabei größere Objekte bilden bis am Ende Planeten entstanden sind.

Das ist freilich ein recht langsamer Prozess, und diese Langsamkeit erweist sich als problematisch: Im Laufe von rund zehn Millionen Jahren werden Gas und Staub der Scheibe durch die intensive Strahlung des jungen Sterns förmlich hinweg­gepustet. Ohne Gas und Staub als Roh­material ist die Planeten­entstehung beendet. Haben sich bis dahin keine großen Planeten gebildet, wird das auch anschließend nicht mehr passieren.

Die neuen Bilder geben Hinweise auf eine deutlich schnellere Version der Planeten­entstehung. Dabei ergeben sich aus bestimmten Strömungs­mustern des Gases der Scheibe Regionen mit besonders hoher Staubdichte, in denen die Planeten­entstehung dann sehr viel rascher ablaufen kann als in einer homogenen Scheibe. Hubert Klahr, Leiter der Theorie­gruppe Planeten- und Stern­enstehung am MPIA, erklärt: „Vor zehn Jahren haben wir in unseren Simulationen erste Anzeichen für diese Art besonders schneller Planeten­entstehung gefunden. Jetzt lassen sich die Details erstmals direkt beobachten: dichte Staub­ringe, in denen sich klumpige Fragmente bilden."

Weitere Untersuchungen sind in Arbeit und in Vorbereitung, die zum einen die Scheibe um HL Tauri genauer modellieren, zum anderen nachweisen sollen, dass der Staub­klumpen noch weitere Materie auf sich zieht und auf diese Weise weiter wächst. Thomas Henning schließt: „Detailreiche Bilder wie dieses hier haben die Forschung zur Planeten­entstehung auf eine neue Stufe gehoben. Offenbar sind Strukturen in der Scheibe wie der Klumpen, den wir entdeckt haben, notwendig, um die Entstehung von Planeten­systemen wie unserem eigenen Sonnen­system zu erklären."

MPIA / DE

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