Vom Treibhaus zum Eishaus
Wie Verschiebungen der Erdplatten langfristig das globale Klima beeinflussen – Beispiel Australien und Antarktis.
Vor rund 50 Millionen Jahren waren Australien und die Antarktis durch eine schmale Landbrücke verbunden – ähnlich wie heute Nord- und Südamerika. Kernstück dieser Verbindung war das heutige Tasmanien. Als die Südkontinente auseinander drifteten, brach die tasmanische Landbrücke auseinander. Mit weit reichenden Folgen: Bis dahin war der Austausch von Wassermassen zwischen südwestlichem Pazifik und dem Indischem Ozean unterbunden gewesen. Jetzt hatten die Meeresströmungen, zumindest im obersten Ozeanstockwerk freie Bahn. Der antarktische Zirkumpolarstrom war geboren, der noch heute den sechsten Kontinent in einem breiten Strömungsband umschließt.
Abb.: Ein Bohrkern vom Kontinentalrand der Antarktis, der auf der Wilkes-Land-Expedition gewonnen wurde. (Bild: IODP, Expedition 318)
Über diesen Befund berichtet nun ein internationales Wissenschaftlerteam. „Zwar war bekannt, dass Australien und die Antarktis seit etwa 80 Millionen Jahren vor heute langsam aber unaufhaltsam auseinander driften“, sagt Peter Bijl, Paläoklimaforscher an der Universität Utrecht und Erstautor der Studie. „Wir wussten bislang aber nicht, wann genau und wie die Bewegungen der Erdplatten die Meeresströmungen in dieser Region beeinflussten.“
Indizien für die tektonisch ausgelösten Umwälzungen lieferten fossile Überreste einzelliger Algen. Das Forscherteam erbohrte sie Anfang 2010 auf beiden Seiten der ehemaligen Landbrücke während einer Expedition des Integrierten Ozeanbohr-Programms IODP. Die Artenzusammensetzung der Algen bot vor der Öffnung der tasmanischen Landbrücke ein deutlich anderes Bild als danach. „Ab 49 Millionen Jahre vor heute ähnelt sich die Artenzusammensetzung in den Proben auf beiden Seiten der tasmanischen Landbrücke“, sagt Co-Autorin Ursula Röhl vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM) an der Universität Bremen. „Wir sehen darin ein Indiz, dass die Meeresströmungen nicht mehr aufgehalten wurden.“
Als die Meeresströmungen ungehindert vom Südpazifik in den südlichen Indischen Ozean fließen konnten, war der antarktische Zirkumpolarstrom geboren. Er isolierte Antarktika fortan von den wärmeren Regionen weiter nördlich. Die Folge: der sechste Kontinent begann abzukühlen. Das können die Wissenschaftler mit Hilfe von Molekularanalysen an Mikroorganismen und Pollen aus dem erbohrten Probenmaterial belegen. Diese Untersuchungen zeigen, dass ab 49 Millionen Jahre vor heute sowohl die Oberflächentemperaturen des Südpolarmeers als auch die Lufttemperaturen über der Antarktis abkühlten. Das Ende des damaligen Treibhausklimas war eingeleitet. Einige Millionen Jahre später bildeten sich die ersten antarktischen Gletscher, die dann zum Kontinent weiten Inlandeis zusammen wuchsen.
MARUM / PH