Von der Erdumlaufbahn in die Unendlichkeit
Vor 100 Jahren wurde Arthur C. Clarke geboren, der mehr als nur ein erfolgreicher Science-Fiction-Autor war.
Dass ein Science-Fiction-Autor einen Preis für wissenschaftlich-technische Leistungen erhält, ist durchaus etwas Besonderes. So wurde der britische Schriftsteller Arthur Charles Clarke 1982 mit dem Marconi-Preis ausgezeichnet, nicht zuletzt dafür, dass er als erster den Nutzen der geostationären Umlaufbahn für die Satellitenkommunikation erkannt und detailliert beschrieben hatte – 12 Jahre bevor mit Sputnik 1 der erste Satellit die Erde umkreist.
Clarke, der spätestens durch seine Mitarbeit an Stanley Kubricks Film „2001 – Odyssee im Weltraum“ weltbekannt wurde, war ein großer Befürworter einer friedlichen Nutzung des Weltraums, stammte aber aus sehr irdischen Verhältnissen. Er wurde am 16. Dezember 1917 als Sohn eines Bauern in Minehead Somerset im Südwesten Englands geboren. Doch mit den Werken von H. G. Wells und Olaf Stapledon entdeckte er seine Faszination für die Science Fiction. 1936 zog er nach London und schloss sich der British Interplanetary Society an, einer Vereinigung früher Raumfahrtenthusiasten.
Mit Beginn des zweiten Weltkriegs trat Clarke in die Royal Air Force ein und wurde schließlich technischer Offizier, vor allem im Bereich des damals neu entwickelten Radars. Hier leistete er etwa wichtige Beiträge, um das Radar für die Bodenkontrolle zu nutzen.
In der Zeitschrift “Wireless World” veröffentlichte er im Oktober 1945 einen Artikel, in dem er beschrieb, wie sich mit drei Satelliten eine weltumspannende Telekommunikation erreichen lassen könnte. Der Clou war es, die drei Satelliten in einer Dreiecksanordnung und jeweils auf einer Höhe von 35.786 Kilometern über der Erde zu positionieren. In dieser Höhe entspricht die Umlaufdauer exakt der Rotation der Erde, sodass die Satelliten ortsfest über einem Punkt auf der Erde bleiben. Die Idee für eine solche geostationäre Umlaufbahn war nicht neu, aber Clarke erkannte als erster ihren weitreichenden Nutzen.
Nach dem Krieg studierte Clarke Physik und Mathematik, machte 1948 seinen Bachelor-Abschluss mit Auszeichnung und wandte sich der Schriftstellerei zu. Er schrieb weithin beachtete Bücher über die Raumfahrt und startete seine lange Karriere als Science-Fiction-Schriftsteller und Autor zahlreicher Sachbücher und Fernsehsendungen. 1952 befasste er sich in einem Artikel mit der Frage, welche Rolle die Raumfahrt für die astronomische Forschung spielen könnte. Ab 1956 lebte und arbeitete er auf Sri Lanka, wo er auch seine Leidenschaft für das Tauchen pflegte.
Schon Clarkes Roman “Childhoods End” (dt.: „Die letzte Generation“) aus dem Jahr 1953 trägt seine später so charakteristische Handschrift: futuristische Szenarien, die auf soliden technischen und wissenschaftlichen Kenntnissen aufbauen, sich aber dennoch in kosmisch-religiöse Spekulationen hinaus wagen. Clarke lotete dabei das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Religion immer wieder auf undogmatische und originelle Weise aus.
Das Musterbeispiel dafür sind sicherlich der Film und der Roman „2001 – Odyssee im Weltraum“, die gleichzeitig in enger Zusammenarbeit mit Regisseur Stanley Kubrick auf Grundlage von Clarkes Kurzgeschichte „Der Wächter“ entstanden. Der realistischen Ausgestaltung der Raumfahrt im Jahre 2001, in der es eine riesige kreisförmige Raumstation und Flüge zu einer festen Mondbasis gibt, steht ein rätselhafter Monolith gegenüber, der von einer außerirdischen Zivilisation auf dem Mond vergraben wurde. Das mit wissenschaftlicher Akribie inszenierte Weltraumabenteuer verwandelt sich am Schluss des Films in einen mystisch-psychedelischen Trip.
Zum 50. Jubiläum des Films im kommenden Jahr wird das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt ab 21. März eine Sonderausstellung zeigen. Anhand von originalen Entwürfen und Requisiten wird die Entstehung, Rezeption und Wirkung dieses Meilensteins der Science-Fiction-Geschichte beleuchtet.
Als Arthur C. Clarke 2008 im Alter von 90 Jahren starb, hinterließ er ein umfangreiches und vielseitiges Werk, darunter mit dem Band “Ascent to Orbit” (1984) auch eine wissenschaftliche Autobiographie, die seine technischen Arbeiten zur Radartechnik, Elektronik, Raumfahrt und Kommunikation versammelt. Auf die Frage, wie er in Erinnerung behalten werden möchte, antworte er aber: „Als Schriftsteller – jemand der Leser unterhalten und hoffentlich auch ihre Vorstellungskraft erweitert hat.“
Alexander Pawlak
Weitere Infos
- The Arthur C. Clarke Foundation
- Marconi-Preis 1982 für Arthur C. Clarke
- A. C. Clarke, Extraterrestrial Relays. Can Rocket Stations Give World-wide Radio Coverage?, Wireless World, October 1945, S. 305 (PDF)
- W. F. Hilton, Review of Arthur C. Clarke, Ascent to Orbit, A Scientific Autobiography, John Wiley, Chichester (1982), The Aeronautical Journal 88, 329 (1984)
- Interview mit Arthur C. Clarke bei der AT&T-MIT Conference 1976 (YouTube)
- Ausstellung „Kubricks 2001. 50 Jahre A Space Odyssey“ im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt (2018)
Weitere Beiträge
- M. Tolan, Physik mit Warp-10, Physik Journal, August/September 2017, S. 63
- A. Pawlak, Star Trek: 50 Jahre unendliche Weiten (Physik Journal Nachrichten, 8. September 2016)
- Rezension: K. Thorne,The Science of Interstellar, Princeton University Press (2015)
- E. Strub, Soddy, Wells und die Atombombe, Physik Journal, Juli 2005, S. 47