03.06.2014

Weg von der Insel

Erstmals Desorption von Sauerstoff auf einer Silberoberfläche mikroskopisch sichtbar gemacht.

Bei heterogen katalysierten Reaktionen, die an der Grenzfläche zwischen einem Festkörper und der Gasphase ablaufen, müssen die gebildeten Produkte am Ende von der Oberfläche des Festkörpers desorbieren. Dies ist zum Beispiel beim Abgaskatalysator eines Autos der Fall. Einer Gruppe von Wissenschaftlern um Joost Wintterlin von der Ludwig-Maximilians-Universität, Sebastian Günther von der TU München und Andrea Locatelli vom Syncrotron Elettra in Triest ist es erstmals gelungen, einen solchen Desorptionsvorgang mikroskopisch sichtbar zu machen. Ihre Ergebnisse erklären, warum bisherige Berechnungen von Desorptionsraten häufig fehlerhaft sind.

Bei der heterogenen Katalyse entstehen Moleküle durch eine chemische Reaktion auf der Oberfläche eines Metalls, eines Oxids oder eines anderen Festkörpers und verlassen dann die Oberfläche. Bisher galt dieser letzte Schritt, im Gegensatz zu den komplizierten anderen Oberflächenprozessen, als relativ einfach. Die Moleküle nehmen demnach thermische Energie vom Festkörper auf und desorbieren, sobald diese Energie die Bindungsenergie an die Oberfläche übersteigt, in einem rein statistischen Prozess, der nur von der Anzahl der Moleküle abhängt. „In einer Vielzahl von Fällen stimmen die nach diesem Modell berechneten Desorptionsraten aber nicht mit den gemessenen überein“, sagt Wintterlin.

Wie Günther, Wintterlin und ihre Kollegen mit ihren Untersuchungen nun zeigen konnten, ist die räumliche Verteilung der Moleküle bei der Desorption wichtig. Für ihre Experimente nutzte das Forscherteam die „low energy electron microscopy“ (LEEM), die Oberflächen mit einer Auflösung im Nanometerbereich abbilden kann. Die LEEM funktioniert ähnlich wie bei einem normalen Elektronenmikroskop, nur werden die energiereichen Elektronen, kurz bevor sie auf die Probenoberfläche treffen, auf niedrige Energien abgebremst. Mit dieser Mikroskopietechnik gelang es den Forschern, die Desorption von Sauerstoff von einer Silberoberfläche zu verfolgen.

„Es zeigte sich, dass die Sauerstoffschicht bei der Desorption in viele kleine Inseln zerfällt“, sagt Sebastian Günther. Die Atome desorbieren ausschließlich von den Rändern dieser Inseln, deren Größenverteilung von der Vorbehandlung des Silberkristalls abhängt. „Solche Effekte erklären die scheinbar unverständliche Desorptionsrate. Sie spielen vermutlich auch bei vielen anderen Desorptionsprozessen von Oberflächen eine Rolle und könnten unsere Vorstellungen von den Vorgängen auf Katalysatoroberflächen verändern“, sagt Günther.

LMU / CT

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