24.06.2015

Wenig Staub in jungen Galaxien

ALMA bestätigt Vermutung einer schnellen chemische Evolution im frühen Kosmos.

Lediglich die Elemente Wasserstoff und Helium, sowie geringe Spuren von Lithium, sind unmittelbar nach dem Urknall entstanden. Alle anderen, schwereren Elemente haben sich erst durch Kernfusion in Sternen gebildet und sind durch Supernova-Explosionen in das interstellare Medium gelangt. Der Anteil an schweren Elementen und damit auch an Staub im interstellaren Medium muss demnach im Laufe der kosmischen Geschichte angewachsen sein. Bisherige Untersuchungen haben jedoch im Gegensatz zu diesen Erwartungen keinen signifikant geringeren Staubanteil in jungen Galaxien nachweisen können.

Abb.: Einige der mit ALMA beobachteten jungen Galaxien; sie enthalten noch wenig Staub, aber bereits viel Kohlenstoff. (Bild: NRAO/ESO/NAOJ/AUI/NSF/NASA/ESA)

Mit der Fertigstellung des aus insgesamt 66 Antennen mit sieben bis zwölf Metern Durchmesser bestehenden Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array ALMA auf dem 5000 Meter hohen Chajnantor-Plateau in der Atacamawüste in den nordchilenischen Anden steht den Astronomen nun eine Teleskopanlage mit erheblich größerer Empfindlichkeit und Auflösung für derartige Beobachtungen zur Verfügung. Peter Capak vom California Institute of Technology und seine Kollegen haben mit ALMA neun normale Galaxien mit Rotverschiebungen zwischen 5 und 6, entsprechend einer Lichtlaufzeit von 12,6 bis 12,9 Milliarden Jahren, untersucht. Die Forscher sehen diese Galaxien also gerade so, wie sie etwa eine Milliarde Jahre nach dem Urknall ausgesehen haben.

Die thermische Strahlung dieser Galaxien beträgt, so zeigen die ALMA-Messungen, nur ein Zwölftel der thermischen Strahlung vergleichbarer Sternsysteme zwei Milliarden Jahre später. Außerdem stießen Capak und seine Kollegen auf eine überraschend starke Emission durch ionisierten Kohlenstoff in den jungen Galaxien. Kohlenstoff bindet sich vergleichsweise schnell an andere chemische Elemente und bildet so einfache und komplexe organische Moleküle. Deshalb verbleibt Kohlenstoff nicht lange im ungebundenen ionisierten Zustand und ist typischerweise in signifikant geringeren Mengen vorhanden als andere schwere Elemente.

Zusammengenommen zeigen die ALMA-Beobachtungen also einen hohen Kohlenstoff-Anteil bei extrem wenig Staub im interstellaren Medium der jungen Galaxien – in starkem Kontrast zu den Befunden bei zwei Milliarden Jahre älteren Galaxien. Capak und seine Kollegen sehen darin eine deutliche Bestätigung für die erwartete Evolution des interstellaren Mediums im frühen Universum.

Das Team konnte mit ALMA auch die Geschwindigkeit der Gaswolken in den jungen Galaxien messen – bis zu 380 Kilometer pro Sekunde – und daraus die Massen der Sternsysteme bestimmen. Zur Überraschung der Forscher erwiesen sich die jungen Sternsysteme bereits als ebenso massereich wie heutige, entwickelte Galaxien. Bislang waren die Astronomen davon ausgegangen, dass die Sternsysteme in dieser frühen kosmischen Epoche noch geringere Massen besaßen.

Rainer Kayser

PH

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