Wie Licht und Materie wechselwirken
Sonderforschungsbereich zum Wechselspiel von Licht und Materie an der Universität Rostock gestartet.
Wie wirkt Licht auf Materie? Wie beeinflusst Materie im Gegenzug das Licht? Und wie kann das komplexe Wechselspiel dieser beiden so unterschiedlichen Grundbestandteile des Universums auf mikroskopischer Ebene gesteuert und in neuartigen Technologien zur Anwendung gebracht werden? Einen holistischen Ansatz zur Klärung dieser spannenden Fragen verfolgen Forscher am Institut für Physik der Universität Rostock mit modernsten wissenschaftlichen Methoden im Rahmen eines Verbundprojekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Mit rund 11 Millionen Euro wird die Erforschung der Licht-Materie-Wechselwirkung an Grenzflächen im neuen DFG-Sonderforschungsbereich (SFB) “ LiMatI” gefördert.
Seit der Entstehung des Universums bildet die Wechselwirkung von Licht und Materie die Basis verschiedenster fundamentaler Naturphänomene. So liefert Photosynthese, die von Pflanzen betriebene Umwandlung von Sonnenlicht in chemische Energie, die Nährstoffe, aus denen sich das planetare Ökosystem der Erde speist. Ob Materialbearbeitung mit Lasern, hochleistungsfähige Optoelektronik, Solarzellen zur nachhaltigen Energiegewinnung oder leistungsfähige Sensoren zur Umweltanalyse – ohne ein tiefgreifendes Verständnis der Interaktionsformen von Licht und Materie wäre an die meisten Technologien, die unsere moderne Gesellschaft voranbringen, kaum zu denken.
Die Jahrzehnte seit der Erfindung des Lasers im Jahre 1960 waren geprägt von einem rasanten Fortschritt photonischer Technologien, mit immer intensiveren Lichtquellen und immer feinerer zeitlicher Auflösung durch ultrakurze Lichtpulse, mit denen selbst die Bewegung von Elektronen in Kristallgittern auf der Attosekundenskala aufgelöst werden kann. „Das entspräche einer Bildwiederholrate von Exahertz – eine Eins gefolgt von 18 Nullen,“ wie Thomas Fennel, ein Kurzpulsexperte des Forschungsverbunds, zu berichten weiß. Diese mächtigen Werkzeuge gewähren Zugang zu ganz neuen Klassen von Materialien und erschließen ungeahnte Möglichkeiten, die Licht-Materie-Wechselwirkung an Grenzflächen für bildgebende Verfahren, Sensorik und die Kontrolle der Quantendynamik in kondensierter Materie zu nutzen. „In unserem Sonderforschungsbereich werden diese Techniken kombiniert mit neuartigen, nanoskaligen Materialien und mit einzigartigen Methoden, um Licht an Oberflächen zu führen”, ergänzt Franziska Fennel, jüngstes Mitglied des SFB-Vorstands. Diese neuen Möglichkeiten auszuloten und zu erkunden hat sich das LiMatI-Team zur Aufgabe gemacht.
Der Sonderforschungsbereich LiMatI ist am Institut für Physik der Universität Rostock angesiedelt und bindet darüber hinaus Spitzenforscher vom Berliner Max-Born-Institut ein. Dieter Bauer, Sprecher des Forschungsverbunds, sieht das Konsortium gut aufgestellt: „Insgesamt 22 Projektleiterinnen und Projektleiter werden während des ersten Bewilligungszeitraumes von vier Jahren die ambitionierte Forschung in den 13 Teilprojekten des Verbundes angehen, unterstützt von 26 jungen Doktorandinnen und Doktoranden.“ Alexander Szameit, der Beauftragte für Chancengleichheit des Forschungsverbundes, merkt an: „Besonders am Herzen liegt uns die Förderung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie eine bessere Vereinbarkeit von Forschung und Familie. Gefördert von durchdachten Gleichstellungsmaßnahmen werden bei uns viele neue wissenschaftliche Karrieren starten.“
Dank LiMatI stehen ihnen dabei umfangreiche Mittel für die experimentelle Ausstattung zur Verfügung. Professor Bauer fügt hinzu: „Im Rahmen der Graduiertenschule sind darüber hinaus Netzwerkaktivitäten wie Konferenzen und der Austausch mit hochkarätigen internationalen Gästen vorgesehen.“ Mit klarem Kurs auf die bis zu zwölfjährige Gesamtlaufzeit des Vorhabens möchte das Team mit dem SFB LiMatI dem Wissenschafts- und Technologiestandort Rostock eine noch höhere Strahlkraft verleihen.
U. Rostock / DE