06.01.2015

Woher kommt das Eis auf Grönland?

Vorgänge im tiefen Erdkörper schufen Voraussetzung für Vergletscherung.

Das Eis auf Grönland konnte sich nur aufgrund von Prozessen im tiefen Erdinneren bilden. Die großräumige Vergletscherung in der Arktis begann vor etwa 2,7 Millionen Jahren, vorher war die nördliche Hemisphäre über mehr als 500 Millionen Jahre weitgehend eisfrei. Wissenschaftler des Deutschen Geoforschungszentrums GFZ, der Universität von Utrecht, dem Geologischen Dienst von Dänemark und Grönland (GEUS) und der Universität Oslo konnten jetzt erklären, warum die Voraussetzungen für die Vergletscherung von Grönland erst vor geologisch kurzer Zeit geschaffen wurden.

Abb.: Die Watkins-Berge im südlichen Ostgrönland mit dem höchsten Gipfel Grönlands, Gunbjørn Fjeld (3,7 km über NN) im Hintergrund. (Bild: P. Japsen, GEUS)

Wie die Forscher herausfanden, ist das Zusammenwirken von drei tektonischen Vorgängen die Ursache dafür. Zum einen wurde Grönland angehoben, dadurch reichen die Gebirgsgipfel in entsprechend kalte Höhen der Atmosphäre. Zweitens wanderte Grönland nach Norden, was zu geringerer Sonneneinstrahlung im Winter führte. Und drittens führte die Verlagerung der Erdachse dazu, dass Grönland noch weiter nach Norden rutschte.

Die Vergletscherung begann im Osten Grönlands. Die Wissenschaftler fanden in Gesteinsproben Hinweise dafür, dass die hohen Berge im Osten von Grönland erst während der letzten zehn Millionen Jahre herausgehoben wurden, wobei dieser Prozess in den letzten fünf Millionen Jahren besonders rasch ablief. Zu diesem Zeitpunkt war Grönland noch weitgehend eisfrei. Seismologische Untersuchungen deuten darauf hin, dass heißes Gestein aus dem tiefen Erdmantel unter Island aufsteigt. Diese Beobachtungen flossen in Computer-Modellrechnungen von Bernhard Steinberger vom GFZ ein. „Dieser aufgestiegene heiße Gesteinsbrei fließt unter der Lithosphäre nach Norden, also Richtung Ostgrönland“, erklärt Steinberger. „Da die Gesteinsblase unter Island, der Island-Plume, manchmal stärker und manchmal schwächer wird, lassen sich Hebungen und Senkungen dort erklären.“

Die seismologischen Untersuchungen zeigen außerdem, dass die Lithosphäre im Osten von Grönland ungewöhnlich dünn ist, nämlich nur etwa 90 Kilometer. Steinberger rekonstruierte die Lage der tektonischen Platten vor 60 bis 30 Millionen Jahren und konnte feststellen, dass der Island-Plume sich damals genau unter diesem Teil von Grönland befunden hat. Das erklärt diese dünne Lithosphäre. Deshalb konnte auch der Ost-Teil von Grönland leichter angehoben werden: Plume-Material kann bis fast unter die Oberfläche strömen und die darüber liegende Lithosphäre vergleichsweise einfach anheben.

Während der Island-Plume aber annähernd an derselben Stelle im Erdmantel blieb, wanderte Grönland entsprechend der Plattentektonik und bewegte sich in den vergangenen 60 Millionen Jahren um sechs Breitengrade nordwärts in kühlere Regionen. Diese Nordwanderung wurde noch verstärkt durch die echte Polwanderung: „Unsere Berechnungen ergaben, dass sich während der letzten 60 Millionen Jahre die Erdachse um etwa 12 Grad auf Grönland zubewegte“, so Steinberger. Zusammen mit der tektonischen Wanderung kam Grönland also um 18 Grad nordwärts. Es befand sich nunmehr weit genug im Norden und seine Gebirgsgipfel im Osten waren hoch genug, um die Vergletscherung in Gang zu setzen.

GFZ / RK

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