Wohin entschwinden die Elektronen?
Neue Erklärung des Verbleibs hochenergetischer Elektronen in äußerer Erdatmosphäre erlaubt bessere Weltraumwetter-Prognose.
Ein geomagnetischer Sturm am 17. Januar 2013 hat sich als Glücksfall für die Wissenschaft erwiesen. Der Sonnensturm ermöglichte einzigartige Beobachtungen, die helfen, eine lang diskutierte Forschungsfrage zu lösen. Jahrzehnte rätselten Wissenschaftler, auf welche Weise hoch energetische Partikel, die auf die Magnetosphäre der Erde treffen, wieder verschwinden. Als aussichtsreiche Erklärung galt ein Prozess, bei dem elektromagnetische Wellen die Teilchen in die Erdatmosphäre ablenkten. Vor zehn Jahren wurde eine weitere Theorie vorgeschlagen, wonach die Partikel in den interplanetaren Raum verschwanden.
Abb.: Visualisierung der magnetischen Umgebung der Erde mit den magnetischen Feldlinien als Schutzschild, der vom starken Magnetfeld im Erdkern gebildet wird. (Bild: M. Rother, GFZ)
Jetzt hat Yuri Shprits vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ und der Universität Potsdam gemeinsam mit Kollegen aus Instituten weltweit herausgefunden, dass beide Erklärungen gelten – entscheidend für den Verlust an Teilchen ist, wie schnell die Partikel sind. Shprits sagt, dass damit einige grundlegende wissenschaftliche Fragen zu unserer nächsten Umgebung im Weltall gelöst sind. „Das hilft uns auch, Prozesse auf der Sonne, auf anderen Planeten und sogar in fernen Galaxien zu verstehen“, sagt der Forscher. Er fügt hinzu: „Die Studie wird uns überdies helfen, das Weltraumwetter besser vorherzusagen und damit wertvolle Satelliten zu schützen.“
Der Physiker James Van Allen wies vor beinahe sechzig Jahren nach, dass das Weltall radioaktiv ist. Er nutzte dazu Messungen eines Geigerzählers, der auf dem ersten US-amerikanischen Satelliten Explorer 1 angebracht war. Heute wissen wir, dass die Erde von zwei Ringen umgeben ist, die hoch energetische Teilchen aus dem Weltall im Van-Allen-
Die gefährlichsten Partikel für die Raumfahrt sind relativistische und ultra-
Das Problem dabei: Im Gegensatz zu den vergleichsweise trägen Veränderungen der Ozeane und der Atmosphäre auf der Erde kann sich der Strahlungsfluss in der Magnetosphäre innerhalb einer Stunde um den Faktor 1000 verändern. Am dramatischsten sind die „drop-outs“, die während geomagnetischer Stürme oder Sonneneruptionen vorkommen. Schon seit Ende der 1960er Jahre versucht die Forschung zu ergründen, wohin Elektronen aus dem Van-Allen-
Eine der Theorien, die „drop-outs“ erklären, beruhte auf bestimmten elektromagnetischen Wellen (EMIC für Electromagnetic Ion Cyclotron Waves). Diese werden durch eindringende Ionen aus dem Magnetosphärenschweif verursacht, die schwerer und energiereicher als Elektronen sind. EMIC-
Jetzt scheint die Frage gelöst zu sein, nachdem ein internationales Team um Yuri Shprits Daten aus dem Sonnensturm vom 17. Januar 2013 ausgewertet und darüber hinaus mit Ergebnissen aus seinen Modellrechnungen verglichen hat. „Der Sturm bot ideale Bedingungen“, erläutert Shprits, „weil erstens noch Teilchen aus einem vorhergehenden Sturm nachweisbar waren, zweitens die ultra-
Umfangreiche Messungen der Satellitenmission „Van Allen Probes”, die 2012 von der NASA zur Untersuchung der Strahlungsgürtel gestartet wurde, zeigten, dass EMIC-
GFZ / DE