Züngelnde Flammen in Superzeitlupe
Das Entzünden eines Feuerzeugs ist alltäglich. Hochgeschwindigkeits-Videos zeigen interessante Details.
Zwei Zündmechanismen sind bei Feuerzeugen gebräuchlich. Zum einen reißt ein Reibrad aus einem Zündstein Materialbruchstücke unter Funkenbildung heraus. Es handelt sich dabei meist um pyrophore Cer-Eisen-Legierungen. Diese haben die Eigenschaft, dass abgespante Teile (die beispielsweise durch Kontakt mit einem geriffelten Rad entstehen) sich schon bei geringer Temperatur an Luft entzünden und als Funken wegfliegen. Treffen diese auf ein strömendes Gas, kann sich eine Flamme entzünden.
Zum zweiten wird der piezoelektrische Effekt genutzt: Ein gespannter Schlagbolzen prallt auf einen Piezokristall. Dessen Verformung erzeugt einen Spannungsstoß in der Größenordnung einiger Kilovolt, der ebenfalls einen Funken erzeugt und ein Gas entzündet.
Bei beiden Zündmechanismen wird parallel zum Zündfunken ein Ventil geöffnet, sodass das Gas ausströmen kann. Üblich wird beim Reibrad nach Drehen mit dem Daumen die Ventiltaste gedrückt. Die Funken fliegen, und kurz darauf beginnt das Gas zu strömen. Beim Piezofeuerzeug führt das Drücken der Taste zunächst zur Öffnung des Ventils mit einer leicht zeitverzögerten Funkenbildung.
Zünden eines Reibradfeuerzeugs (1000 Bilder pro Sekunde (fps), Belichtungszeit 1/2000s). Während die Funken sprühen strömt Gas aus, das sich entzündet und eine Flamme bildet.
Das erst Video zeigt ein Reibradfeuerzeug nach Betätigen des Rades und Öffnen des Ventils. Die Funken sprühen für einige 10 ms, man sieht Dutzende kleiner Funken, die – individuell 1 bis 2 ms leuchtend – von links kommend mit Geschwindigkeiten von einigen Meter pro Sekunde über die Gasauslassdüse spritzen und das Feuerzeug verlassen. Die Gasflamme entzündet sich üblich innerhalb von etwa 30 ms.
Da das Entzünden des Gases etwas dauert, ist bereits brennbares Gas über dem Feuerzeug vorhanden. Daher schlägt die Flamme höher, und der obere Teil trennt sich ab, bevor eine stabile Flamme entsteht.
Das Entzünden der Gasflamme bei einem Piezofeuerzeug ist unspektakulärer, da nur wenige Funken entstehen, die zudem vom Gehäuse abgeschirmt und daher von außen nicht sichtbar sind. Die Flamme entzündet sich etwa 10 ms nach Betätigen der Taste und erreicht eine ruhige Brennphase nach etwa 100 ms. Beim Piezofeuerzeug kann das Ventil durch nur teilweises Drücken der Taste betätigt werden. In diesem Fall lässt sich auch ein Entzünden aufgrund des Durchschlags einer zweiten Flamme, wie hier eines Streichholzes, von mehr als 10 cm Höhe von oberhalb des Feuerzeugs beobachten. Die Flamme springt mit Geschwindigkeiten zwischen 1 m/s und 2 m/s nach unten, wie man im zweiten Video sieht.
Durchschlagen einer Streichholzflamme von oben zu einem Gasfeuerzeug mit geöffnetem Ventil.
Dies ähnelt einem anderen bekannten Phänomen. Nach Auspusten einer Kerze steigt kurzzeitig noch eine Rauchwolke der brennbaren Kohlenwasserstoffe auf. Wie beim Feuerzeug sind auch hier brennbare Gase in der Höhe verfügbar. Hält man eine Flamme einige Zentimeter über der Kerze in diese Wolke, so springt die Flamme ebenfalls wieder nach unten durch und entzündet den Docht.
Michael Vollmer, Klaus-Peter Möllmann, TH Brandenburg
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