Ob Supernova oder Molekulardynamik (Inset), Computersimulationen liefern auf allen Zeit- und Größenskalen neue Einblicke für die Physik. (vgl. S. 25 ff, Bilder: E. Müller; Inset: D. Marx)
Physik Journal 5 / 2004
Inhaltsverzeichnis
Aktuell
USA
· Institute für Nanotechnologie und Kosmologie gestiftet· Programm für neue Kernwaffen· Aus für Antimaterie-Experiment?· DOE mit strategischem Forschungsplan· ISS-Experimente in Schwierigkeiten· Bushs Weltraumpläne vorerst auf Eis
High-Tech
Im Brennpunkt
Schwerpunkt
Computersimulationen
Mit dem Fortschritt der Computertechnik und immer leistungsfähigeren Superrechnern ist in der Physik ein methodisch vielfältiger und innovativer Forschungszweig entstanden, der Theorie und Experiment gleichermaßen ergänzt und befruchtet: Computersimulationen liefern oft nicht nur das entscheidende Bindeglied zwischen analytischer Theorie und Experiment, sondern können auch Züge eines Experiments annehmen. Das gilt für physikalische Probleme der unterschiedlichsten Größen- und Zeitskalen, angefangen bei Quantenfluktuationen in der Hadronenphysik bis hin zur Simulation gewaltiger Sternexplosionen.
Wasser, Eis und Protonen
Wasser und Eis - wer glaubt nicht, diese Substanzen und ihre Eigenschaften gut zu kennen? Kurz nach dem Aufstehen waschen wir uns in der Regel, danach wird vielleicht ein Frühstücksei gekocht, gegen den Durst drinken wir wenn es sein muss Mineralwasser, und der Abend wird gelegentlich mit Whisky on the Rocks beschlossen. Auf atomarer Skala gibt uns diese Substanz allerdings eine Menge Rätsel auf, die zu einem beträchlichen Teil mit Wasserstoffbrücken zu tun haben. Seit Beginn der neunziger Jahre haben jedoch ab-initio-Simulationen signifikant dazu beigetragen, die physikalischen und auch chemischen Eigenschaften von Wasser und Eis besser zu verstehen. Dieser Fortschritt war möglich durch eine geschickte Kombination der klassischen Molekulardynamik mit Elektronenstrukturrechnungen durch Roberto Car und Michele Parrinello.
Werkstoffe nach Wunsch?
Ob ''High Tech'' oder ''Low Tech'', für jede Anwendung gilt es, das optimale Material zu finden. Die Vorhersage und Berechnung von Materialeigenschaften führt zu den Grundlagen unserer heutigen Kenntnisse der Physik und Chemie molekularer kondensierter Materie. Lässt sich ein geeignetes Material auch mittels Modellierung und Computersimulation identifizieren oder sogar gezielt entwickeln?
Supernovae im Superrechner
Seit es Computer gibt, sind sie für die Astrophysik und die Astronomie ein unverzichtbares Werkzeug. Ohne leistungsfähige Rechner wäre noch nicht einmal der Betrieb von modernen Observatorien möglich, sei es auf der Erde oder im Weltraum. Doch vor allem hat die Theorie, deren Modelle in der Astrophysik eine ganz besondere Rolle spielen, über Jahrzehnte von Computern und ihrer Entwicklung außergewöhnlich stark profitiert. So ist es heute beispielsweise möglich, die Eigenschaften von Supernovae oder extragalaktischen Jets mithilfe der Simulation von relativistischen Strömungen immer besser zu verstehen.
Starken Korrelationen auf der Spur
Die physikalischen Eigenschaften von Festkörpern oder anderen Quantensystemen, die aus vielen Teilchen bestehen, lassen sich im Rahmen der Quantenmechanik verstehen, indem man elementare Anregungen identifiziert, die sich als schwach wechselwirkende Bausteine des Ganzen betrachten lassen. In Systemen, die durch die starke Korrelation der elementaren Bausteine gekennzeichnet sind, wie Hochtemperatur-Supraleiter und verwandte Materialien oder ultrakalte Atome in optischen Gittern, versagen jedoch die bekannten theoretischen Methoden wie Mean-Field- oder Störungstheorien. Quanten-Monte-Carlo-Simulationen erlauben es dagegen, Modelle solcher Systeme ''numerisch exakt'' zu behandeln.
Quarks auf dem Gitter
Der Reduktionismus der Elementarteilchenphysik scheint für das reale Experiment auf dem Niveau der Quarks offenbar am Ende angelangt, denn Quarks lassen sich nicht als Einzelobjekte isolieren und im Labor manipulieren. Sie kommen vielmehr - in Folge der Struktur des Vakuums - nur als eingeschlossene Bestandteile von Hadronen vor. Nur durch Experimente im ¿Computerlabor¿, d. h. durch Simulationen auf Höchstleistungsrechnern, gelingt es, die Eigenschaften von Hadronen im Rahmen der Quantenchromodynamik als der fundamentalen Theorie der starken Wechselwirkung zu berechnen. Der Vergleich mit gemessenen Hadronendaten erlaubt es dann, die Massen und andere Parameter der Quarks zu extrahieren.