Nobelpreise Frieden und Physik
Arbeitsmarkt
Zeitkristalle
Der Origami-Kranich gilt auch als Symbol gegen die Atombombe und Krieg im Allgemeinen. (Bildcollage: Adobe Stock / imaginando und djvstock, vgl. S. 30).
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Nobelpreise Frieden und Physik
Arbeitsmarkt
Zeitkristalle
Der Origami-Kranich gilt auch als Symbol gegen die Atombombe und Krieg im Allgemeinen. (Bildcollage: Adobe Stock / imaginando und djvstock, vgl. S. 30).
Zu: M. Bartelmann, Physik Journal, Oktober 2024, S. 3
Rastertunnelexperimente weisen räumlich modulierte chirale Supraleitung in Kagome-Metallen nach.
Den Physik-Nobelpreis teilen sich John Hopfield und Geoffrey Hinton für bahnbrechende
Entdeckungen, die maschinelles Lernen mit künstlichen neuronalen Netzen ermöglichen.
Der diesjährige Nobelpreis für Physik stellt eine Besonderheit dar. Anders als die meisten Nobelpreise, die sich eher auf klassische Forschungsthemen der Physik konzentrieren, zielte die Forschung der diesjährigen Preisträger darauf ab, das Gehirn zu verstehen, wofür die Methoden der Physik bisher nur begrenzt geeignet schienen. Dennoch ist es umso wichtiger, die Fortschritte der quantitativen Modellbildung des Gehirns auch als einen Durchbruch der Physik zu feiern. John Hopfield antwortete vor kurzem auf die Frage, ob seine Arbeit wirklich als „Physik“ zu bezeichnen sei: „Meine Definition von Physik ist, dass Physik nicht das ist, woran man arbeitet, sondern wie man daran arbeitet. Wenn man die Denkweise einer Person hat, die aus der Physik kommt, dann ist es ein physikalisches Problem“ (Abb. 1) [1].
Die Physik strebt danach, die Natur in Form grundlegender Komponenten zu beschreiben, die es erlauben, alle denkbaren Erfahrungen in einem Zustandsraum durch eine neue Kombination bereits bekannter Variablen zu erklären. Dieser Ansatz hat unser Verständnis des Universums entscheidend geprägt und uns in die Lage versetzt, selbst weit entfernte oder indirekt beobachtbare Phänomene wie die Entwicklung des Kosmos zu modellieren. Wenn wir jedoch versuchen, uns als Menschen selbst zu verstehen, oder wenn wir vom Verhalten lebloser Objekte zu lebenden Systemen – insbesondere mit intelligentem Verhalten – übergehen, schien eine physikalische Modellbildung lange außer Reichweite. So wie es auch beim Verständnis chemischer Prozesse gedauert hat, alchemistische Vorstellungen auf grundlegende physikalische Modelle zurückzuführen, kann man spekulieren, dass wir uns gerade an der Schwelle zu einem Durchbruch in der physikalischen Modellierung des Gehirns befinden. Die Statistische Physik hat bereits viele wichtige Erkenntnisse geliefert, um wichtige Grundlagen des Lebens zu erklären. Zum Beispiel konnte sie erklären, wie der biologische Stoffwechsel die freie Energie als Grundlage für autonomes Handeln erzeugen kann [2]. (...)
Die japanische Organisation Nihon Hidankyo erhält den Friedensnobelpreis „für ihre Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt“.
Der diesjährige Friedensnobelpreis zeichnet die japanische Organisation Nihon Hidankyo aus für ihre jahrzehntelangen „Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt und dafür, dass sie durch Zeugenaussagen gezeigt hat, dass Atomwaffen nie wieder eingesetzt werden dürfen“. Ihre Mitglieder haben dazu beigetragen, das „nukleare Tabu“ zu stärken, Atomwaffen niemals wieder einzusetzen. Im Wesentlichen ehrt das Norwegische Nobelkomitee damit die „Hibakusha“, also die Überlebenden der beiden Atombombenexplosionen in Hiroshima und in Nagasaki. Nihon Hidankyo bedeutet so viel wie japanische „Konföderation für die an den A- und H-Bomben Leidenden“; die Organisation wurde als politisch unabhängiger Zusammenschluss vieler lokaler Gruppen bereits 1956 von Senji Yamaguchi gegründet.
Am 6. und 9. August 1945 kamen nach offiziellen Angaben rund 140 000 Menschen in Hiroshima und 70 000 in Nagasaki ums Leben. Die beiden nuklearen Sprengkörper „Little Boy“ und „Fat Man“ waren das Ergebnis geheimer Forschung im Rahmen des Manhattan-Projekts während des Zweiten Weltkriegs. Die Zahl der Opfer ist aber weitaus größer: Circa 500 000 Namen von Toten finden sich auf dem symbolischen Grab im Friedenspark von Hiroshima. Am 1. März 1954 kontaminierte der radioaktive Niederschlag von „Castle Bravo“, dem stärksten amerikanischen H-Bombentest, die Besatzung des Fischkutters „Glücklicher Drache V“ in der Nähe des Bikini-Atolls. Viele Besatzungsmitglieder starben; der Vorfall initiierte die Anti-Nukleare Protestbewegung in Japan. Nihon Hidankyo sollte als landesweite Organisation alle Überlebenden unterstützen und repräsentieren. Sie tritt dafür ein, Atomwaffen abzuschaffen. (...)
Der Arbeitsmarkt für Physikerinnen und Physiker
Physikerinnen und Physiker haben weiterhin gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Dennoch zeigen die Stellenmarktdaten im laufenden Jahr erste Indizien, dass sich nach einem „Zwischenhoch“ im Anschluss an die Corona-Pandemie nun die schlechtere gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland und weltweit auswirkt. Die Zahl der offenen Stellen ist um knapp die Hälfte gesunken, die letzten beiden Monate verzeichnen einen schnellen Anstieg der Arbeitslosen. Allerdings bleiben beide Werte auf dem Niveau vor Corona.
Für den Arbeitsmarkt von Physiker:innen gibt es zwei Datenquellen – die Zahlen des Mikrozensus und die der Bundesagentur für Arbeit [1]. Erstere basieren auf einer umfangreichen Befragung und Modellbildung. Dadurch beleuchten sie einen um drei bis vier Jahre zurückliegenden Stand des Arbeitsmarktes – aktuell das Jahr 2021. Der Mikrozensus betrachtet alle erwerbstätigen Physiker:innen, die nach Selbstauskunft einen akademischen Physikabschluss besitzen. Das sind insgesamt 131 700 Personen [2], die in vielen Berufen arbeiten (Abb. 1). Den Anteil mit einer Tätigkeit in klassischen Physikberufen, also dem „Erwerbsberuf Physiker:in“, beziffert der Mikrozensus mit knapp 20 Prozent [3]. Die Daten der Bundesagentur erscheinen monatlich bzw. jährlich und beziehen sich lediglich auf die Gruppe „Erwerbsberuf Physiker:in“ aus dem Mikrozensus. Daten zu Arbeitslosen und offenen Stellen für „Physiker:innen“ erhält die DPG jährlich als Sonderauswertung basierend auf den September-Zahlen des jeweils betrachteten Jahres. Die im Folgenden von der Bundesagentur angegebenen Zahlen zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beziehen sich immer auf das Ende des Kalenderjahres [4]. (...)
Tritt Ordnung im Nichtgleichgewicht auf, können sogenannte Zeitkristalle entstehen.
Im thermodynamischen Gleichgewicht sind alle Observablen zeitunabhängig. Weit weg vom thermodynamischen Gleichgewicht können aber periodische Oszillationen auftreten – in solchen Zeitkristallen ist die Zeittranslationsinvarianz spontan gebrochen.
Der Begriff „Zeitkristall“ ist eine geniale Wortschöpfung des Physik-Nobelpreisträgers Frank Wilczek [1]. Sie stachelt die Phantasie geradezu dazu an, den räumlichen Kristall, mit dem wir alle schon seit der Schulzeit vertraut sind, in die Zeitdomäne zu übersetzen. So sind zum Beispiel in einem Salzkristall nicht mehr alle Punkte im Raum äquivalent, sondern es gibt die ausgezeichneten Gitterplätze, an denen etwas besonders ist: Hier befinden sich, regelmäßig angeordnet, die Kerne der Natrium- und Chlorionen, im Raum dazwischen deren Elektronenwolken (Abb. 1). Analog dazu sollten in einem Zeitkristall also nicht mehr alle Zeiten gleich sein, sondern an ausgezeichneten Zeitpunkten sollte periodisch etwas Besonderes passieren.
So einfach es der Phantasie gelingt, diese Verallgemeinerung zu formulieren, so schwierig ist es nachzuweisen, dass solch eine Idee zu verwirklichen ist. Um dies zu erklären, müssen wir bei den Prinzipien von Thermodynamik und Statistischer Physik beginnen, da es hier um die grundlegenden Konzepte von Ordnung und Unordnung geht. Gleichzeitig werden wir bei den Zeitkristallexperimenten der letzten Jahre bis zu den neuesten Entwicklungen bei Quantencomputern vorstoßen. Unterwegs werden wir zahlreichen unerwarteten neuen Konzepten begegnen: In der Problemlösung in der Quantenvielteilchenphysik ist der Weg zumindest im Rückblick häufig ein Ziel. Insgesamt ist diese unmittelbare Nähe von Grundlagen und Technologie einer der attraktivsten Aspekte der modernen Quantenvielteilchenphysik.(...)
Alle kennen Carl Zeiss und Ernst Abbe, doch wer war der Physiker Rudolf Straubel?
Rudolf Straubel (1864 – 1943) galt in seiner Zeit als einer der weltweit besten theoretischen Optiker. Er entwickelte die Abbesche Theorie der Abbildung weiter und zählte zu den Pionieren der Röntgenphysik. Über drei Jahrzehnte war er einer der Geschäftsleiter von Carl Zeiss Jena und vom Glaswerk Schott & Gen. Vor hundert Jahren erhielt er die Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft für technische Physik. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten zur Aufgabe seiner Ämter genötigt, weil seine Ehefrau Marie Straubel jüdischer Herkunft war.
In einer Würdigung Straubels in Arnold Berliners „Naturwissenschaften“ heißt es lapidar zu seiner Tätigkeit als Mitglied der Zeiss-Geschäftsleitung, diese habe am 1. Oktober 1933 ihr Ende gefunden [1]. Die Lebenswege von Berliner (1862 – 1942) und Straubel weisen bemerkenswerte Parallelen auf; sie sind geprägt von Zäsuren: Berliner arbeitete 24 Jahre bei der AEG, um ab 1912 mit seinen „Naturwissenschaften“ 23 Jahre lang die Maßstäbe im deutschen Wissenschaftsbetrieb zu setzen. 1935 brachte ihn der NS-Staat um sein Lebenswerk und 1942 um sein Leben [2]. Ähnlich erging es Straubel [3], der in der Nachfolge Ernst Abbes dreißig Jahre lang das Zeisswerk Jena zum Weltzentrum der optischen Industrie entwickelte, sodass optischer Fortschritt und Zeiss fast synonym wurden. Doch mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten fand seine Karriere ein jähes Ende. (...)
Interview mit Wolfgang Dünnweber
WE-Heraeus Physics School and 60th Karpacz Winter School on Theoretical Physics
Bad Honnef Physics School
Französisch-deutsches WE-Heraeus-Seminar
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WE-Heraeus Workshop
Workshop der Heisenberg-Gesellschaft
DPG-Lehrerfortbildung