A Student’s Guide to Einstein’s Major Papers

Die Stärke dieses Buches liegt darin, dass es den Leser an die Hand nimmt, ihn mit dem nötigen Kontext versorgt und schnell und direkt an die Einsteinschen Schriften heranführt. Anschließend geht der Autor Robert Kennedy Schritt für Schritt die Originaltexte durch und schließt viele Lücken durch explizite Rechnungen und Erläuterungen. Bei der Auswahl der „major papers“ orientiert sich Kennedy ganz an dem traditionellen Verständnis. Es sind die berühmten fünf Arbeiten aus Einsteins „Wunderjahr“ 1905 zusammen mit einem Überblicksartikel von 1916, der die Allgemeine Relativitätstheorie erstmalig zusammenfasst. Dementsprechend sind die Hauptkapitel thematisch den Themen Strahlungstheorie und (frühe) Quantentheorie (Kap. 2), Atomismus und Brownsche Bewegung (Kap. 3) sowie der Speziellen und Allgemeinen Relativitätstheorie (Kap. 4 und 5) gewidmet.

Kennedys Buch kommentiert und erläutert Einsteins Arbeiten, für die Originaltexte selbst ist der Leser vor allem auf die Werkausgabe der „Collected Papers of Albert Einstein“ verwiesen. Aber jeder, der Einsteins Gedankenwelt verstehen und sich ernsthaft mit den Einsteinschen Originalarbeiten auseinandersetzen will, wird Kennedys ausführliche Kommentare begrüßen. Dabei ist jedes einzelne Kapitel mit Nebenrechnungen, Endnoten und Literaturangaben in sich selbstständig und abgeschlossen, sodass sich das Buch auch selektiv verwenden lässt.

Man spürt bei der Lektüre, dass es dem Autor ein inneres Anliegen ist, die Einsteinschen Arbeiten Schülern und Studierenden bis in die Details zugänglich zu machen, und es ist diese Ernsthaftigkeit, die das Buch auszeichnet. Von den rund hundert Seiten, die im 5. Kapitel der Allgemeinen Relativitätstheorie gewidmet sind, machen über 30 Seiten den „Anhang“ aus. Dieser führt alle mathematischen Detailrechnungen aus, von der äußeren Tensormultiplikation, über die Herleitung der Gleichung der geodätischen Linie und der expliziten Begründung einzelner Gleichungen in Einsteins Text bis hin zur detaillierten (bei Einstein nur angedeuteten) Berechnung der Perihelanomalie des Merkur.

In einem einleitenden Kapitel, in einem eher summarisch die späteren Arbeiten zur Quantenmechanik behandelnden Kapitel und in einem Epilog scheut sich Kennedy nicht, auch übergreifende historische, philosophische und methodologische Fragen anzusprechen. Im Vorwort entschuldigt sich der Autor bei professionellen Historikern und Philosophen für dieses Hinausgreifen über seine eigentliche Expertise. Aber gerade weil Kennedy hier auch ausdrücklich Position bezieht, dürfte er interessierte Leser bestimmt zu weiterer Lektüre und weiterem Nachdenken provozieren.

Priv.-Doz. Dr. Tilman Sauer, Einstein Papers Project, California Institute of Technology und Institut für Theoretische Physik, Universität Bern