Alfred Nobel
Ingrid Carlberg: Alfred Nobel – Die Biografie, btb Verlag, München 2023, brosch., 736 S., 20 Euro, ISBN 9783442773657
Ingrid Carlberg
Jedes Jahr fiebert die Welt der Wissenschaft dem Oktoberanfang entgegen. Dann verkünden das Karolinska-Institut, die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften, die Schwedische Akademie und das Norwegische Nobelkomitee, wer die Nobelpreise für Physiologie oder Medizin, für Physik, Chemie, Literatur und Frieden erhält. Wie es zu dieser ungewöhnlichen Auswahl an Fachdisziplinen und den Preisen an sich kam, lässt sich bestens anhand der Biografie ihres Stifters Alfred Nobel nachvollziehen. Die schwedische Autorin und Journalistin Ingrid Carlberg hat 2019 ein umfangreiches Werk zur Geschichte des Mannes hinter den begehrtesten Preisen der Welt veröffentlicht, das nun auch in deutscher Übersetzung von Susanne Dahmann zu erschwinglichem Preis vorliegt.
Den vierteiligen Text umrahmen ein kurzer Prolog und Epilog. Carlberg erzählt die Lebensgeschichte Nobels von seiner Jugend an äußerst detailreich in den ersten drei Teilen. Der vierte ist der Zeit nach seinem Tod und der Vollstreckung des Testaments gewidmet, die zur Einrichtung der nach ihm benannten Preise führte. Dabei sorgt Carlbergs flüssiger Schreibstil dafür, einige Längen der ausführlichen Schilderung zu übergehen, beispielsweise wenn sie den Weg von der Erfindung des Dynamits bis zu seiner erfolgreichen Vermarktung mit allen Rückschlägen beschreibt.
Häufig beruft sie sich auf die Korrespondenz innerhalb Nobels Familie – auch sein Vater Immanuel und die beiden älteren Brüder Robert und Ludvig waren als Unternehmer tätig und kämpften mit ähnlichen Widrigkeiten wie Alfred – sowie zahlreiche weitere Quellen. Mehr als 800 Endnoten verweisen im Text auf die Einträge des fast 50-seitigen Verzeichnisses; genaue Angaben zu den Quellen bieten die 15 Seiten der Bibliografie. Wie Carlberg auf die zahlreichen Schriftstücke gestoßen ist, erzählt sie in Einschüben in loser Folge verstreut im Text, die das Layout durch eine andere Schrifttype von Nobels Biografie trennt. So macht sie die jahrelange Recherche lebendig und baut einen zweiten Erzählstrang auf.
Zahlreiche Fotografien sind hochwertig gedruckt auf 24 Seiten mit Bildtafeln gesammelt. Sie vermitteln eindrücklich, wie rasant sich die Welt zu Lebzeiten Alfred Nobels gewandelt hat. Ein Personen- und ein Sachregister erleichtern das Auffinden bestimmter Begriffe im umfangreichen Text. Als „literarische Biografie“ hält Ingrid Carlbergs Buch über Alfred Nobel vermutlich einer strengen wissenschaftshistorischen Betrachtung nicht stand. Um den Mann, den Kriege reich machten, während er von Frieden für die Welt träumte, einem interessierten Publikum nahezubringen, taugt es aber allemal.
Kerstin Sonnabend