24.09.2008

Aufrecht im Sturm der Zeit. Der Physiker James Franck, 1882 - 1964

Lemmerich, J.

James Franck (1882 – 1964) ist den meisten Physikern und Chemikern aufgrund von Franck-Hertz-Versuch und Franck-Condon-Prinzip ein Begriff. Seine bewegende Lebensgeschichte ist vielen jedoch unbekannt. Mit „Aufrecht im Sturm der Zeit“ legt Jost Lemmerich nun erstmals eine umfassende, reich bebilderte Biografie des Physik-Nobelpreisträgers vor.
In Hamburg geboren und aufgewachsen, studiert Franck zunächst in Heidelberg und später in Berlin Physik. Dort gelingt ihm 1914 als Privatdozent zusammen mit Gustav Hertz der Nachweis der Quantisierung des Energietransfers bei der Elektronenstoßanregung von Quecksilberdampf – der berühmte Franck-Hertz-Versuch. Beide erhalten 1926 rückwirkend den Nobelpreis für 1925. Im Ersten Weltkrieg wird Franck nach kurzem Militäreinsatz und schwerer Erkrankung 1916 an die Berliner Universität berufen und dort zeitweise zur Giftgasforschung abkommandiert. 1921 geht er nach Göttingen, wo er mit Max Born den Keim zur Blüte der Quantenphysik im Göttingen der 1920er-Jahre bildet.
Obwohl Franck 1933 als „jüdischer Frontkämpfer“ zunächst weiterarbeiten darf, bittet er aus Solidarität mit Kollegen in deutli-chen Worten um seine Entlassung. Er geht erst zu Bohr nach Kopenhagen und emigriert schließlich 1935 in die USA. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitet er in Chicago im „Metallurgical Laboratory“, das Teil des „Manhattan Project“ zum Bau der Atombombe ist. Als sich abzeichnet, dass diese gegen Deutschland nicht mehr benötigt wird, erarbeitet er mit anderen Wissen-schaftlern den sogenannten „Franck-Report“, der vor den Folgen eines Einsatzes der Waffe warnt und eine internationale Kontrolle von Kernwaffen anmahnt. James Franck stirbt 1964 auf einer Reise in Göttingen.
Diesen Lebensweg schildert Jost Lemmerich in seiner Biografie fesselnd und lebhaft und entwirft dabei ein beeindruckendes Panorama der Geschichte der Physik im 20. Jahrhundert. Er stützt sich auf umfangreiche historische Quellen, unter anderem auf Gespräche mit Francks Tochter. Dies ermöglicht es ihm, Anekdoten aus Francks Privatleben in seine Biografie einzuflechten. Lei-der geschieht dies nicht immer mit kritischer Distanz. Oft ist es schwer auszumachen, welche Aussagen durch historische Quellen belegt und welche ein Produkt Lemmerichs erzählerischer Freiheit sind. Allzu simple historische Erklärungsmuster ignorieren den neueren Stand der historischen Forschung auf so zentralen Gebieten wie zum Beispiel der Ableitung des Planckschen Strahlungs-gesetzes und der Entwicklung der Quantenmechanik – eine vertane Chance. Einen erfrischenden Kontrast hierzu bilden die kenntnisreichen Diskussionen der Arbeiten Francks, die ein lebendiges Bild der Vielfalt und Inkrementalität der experimentellen Forschung liefern. Aus dem Mosaik der Einzelarbeiten entsteht so vor den Augen des Lesers ein differenziertes Abbild von Francks Forschungsstil.
Das vorliegende Werk ist ein reichhaltiges und unterhaltsames Lese- und Quellenbuch zu Leben und Werk James Francks. Auf die definitive wissenschaftliche Biografie muss die Fachwelt leider weiter warten. Ein Sachregister vermisst der Leser schmerzlich. Als Ausgangspunkt für weitere Forschungen zu James Franck ist das vorliegende Werk jedoch unbedingt zu empfehlen.
Dr. Christian Joas, Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin

J. Lemmerich: Aufrecht im Sturm der Zeit. Der Physiker James Franck, 1882 – 1964
GNT Verlag, Diepholz 2007, 362 S., broschiert, ISBN 9783928186834

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