18.09.2003

Computer im Praktikum Moderne physikalische Versuche

Diemer, Baser, Jodl

Computer im Praktikum Moderne physikalische Versuche
Von U. Diemer, B. Baser u. H.-J. Jodl.
Springer, Heidelberg 1999. XVII + 312 S., 121 Abb., Gebunden,DM 149,-.
ISBN 3-540-60362-X

Das Buch "wendet sich an Praktikums leiter, Assistenten, Dozenten und Lehrer" und ist die Frucht einer 10-jährigen Anstrengung, die physikalischen Praktika in Kaiserslautern im Hinblick auf moderne Messtechnik umzugestalten. Dass dabei Computer eine große Rolle spielen müssen, ist offenkundig. Umso erfreulicher ist es, dass die Autoren nicht einer hemmungslosen Computerisierung das Wort reden, sondern mit Augenmaß vorgehen.
Nach einigen grundsätzlichen, sehr lesenswerten Überlegungen zur Didaktik eines modernen physikalischen Praktikums mit dem unvermeidlichen Lernzielkatalog ("der Student soll ...") beschreibt der mehr als 2/3 des Buches umfassende zweite Teil ein Dutzend konkrete, computerunterstützte Experimente. Alte Kameraden des Praktikums (wie "Drehpendel", "Oberflächenspannung") werden durch die Einführung von neuartigen Sensoren (wie Dehnungsmessstreifen, Lichtschranken, CCD-Kamera) und Anschluss an den Computer "modern" und damit interessanter und sogar aussagekräftiger.

Die zugehörigen Programme werden in ihrer Funktion beschrieben, aber nicht abgedruckt. Das ist vernünftig, denn wer das Buch als Anregung oder Anleitung nimmt, sollte sich am heutigen Stand des Hard- und Software-Angebots orientieren und nicht kopieren, was in vielen Jahren in Kaiserslautern entwickelt wurde. (Trotzdem wundert sich der Rezensent, dass auf die unter www.uni-kl.de/w_jodl/ zu findende Möglichkeit, die Programme zu kaufen, nicht hingewiesen wird.)

Hier liegt allerdings auch einer der Knack punkte des Ganzen. Während man die Anregungen zum Versuchsaufbau leicht übernehmen kann, ist die beschriebene Software im Grunde schon veraltet, nicht zuletzt weil sie Rücksicht auf veraltete Hardware nimmt. Mit Recht wird immer wieder betont, dass Praktikums-Versuche durchschaubar sein müssen. Konsequenterweise müsste dann aber auch die Software in lesbarer Form offen gelegt werden, damit wenigstens ein interessierter Praktikant nachsehen kann, was da eigentlich passiert. Unter Windows ist das schwierig, und Kompromisse zwischen Bedienbarkeit und Black-Box-Charakter der Programme sind unvermeidlich. Hier könnte das Buch etwas aktueller sein. Es gibt heute PC-Anschlusskarten mit zugehöriger Software, die erschwinglich sind. (Man muss sie nicht unbedingt beim Lehrmittel-Handel kaufen!) Und auch extremere Alternativen kommen in den Sinn: Linux als Betriebssystem mit Programmen in C, oder Mathematica als Bedien- und Auswertoberfläche.

Aber das sind Details. Trotz des hohen Preises sollte das Buch in keiner Physik- Bibliothek fehlen. Praktikumsleitern, Oberstufenlehrern und andern an modernen Versuchen Interessierten kann es wegen seiner Ausgewogenheit und der vielen Anregungen sehr empfohlen werden.
Prof. Dr. Christoph Schlier, Fakultät für Physik, Universität Freiburg

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