Das Rätselkabinett des Doktor Krätz
Krätz
Das Rätselkabinett des Doktor Krätz
Von O. Krätz.
VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim 1996. XV + 195 S., Broschur,
ISBN 3-527-29391-4
Eigentlich sollte man sich jeden Abend ein Rätsel aus dem Buch zu Gemüte führen und den folgenden Tag (wenn schon nicht einen ganzen Monat) lang darüber nachdenken, ob man die gesuchte Person vielleicht doch noch herausbekommt. Der Rezensent hätte von der Redaktion durchaus genug Zeit dafür bekommen, aber aus irgendeinem Grund hat er das ganze Buch an zwei Tagen verschlungen...
Rätsel sind bekanntlich (zumindest als solche und abgesehen von anderen Qualitäten) dann gut, wenn die relative Häufigkeit der richtigen Lösungen nicht zu nahe bei 0, aber auch nicht zu nahe bei l ist. Insofern hat die Redaktion gut daran getan, jemanden um die Rezension zu bitten, der sich mit der Chemie nur im Nebenfach befaßt hat. Das hat er dann auch mit vielen der zu ratenden Personen gemeinsam, und er kann zugeben, daß er 10 von den 43 Chemikern vorher überhaupt nicht (oder mal gerade dem Namen nach) gekannt hatte.
Spannender war es mit den 10, die er zwar kannte, aber anhand der Erzählungen nicht erkannte, und mit den 7, an die er beim Lesen dachte, aber als Lösungen nicht für möglich hielt. Und immerhin bei 16 Personen gab es relative Klarheit. In zwei Fällen stellte sich die Frage, ob die Überschriften auf die richtige oder eine falsche Fährte setzen: Sind mit ,,dem Wohltäter mit der brisanten Vergangenheit" und mit "einer in jeder Hinsicht strahlenden Familie" wirklich die Leute gemeint, an die man sofort denkt?
Die richtigen und berühmten Chemiker sind eher in der Minderzahl, und dann erzeugen sie haupt-sächlich Stoffe, die bunt aussehen oder schön explodieren (wie könnte es bei Herrn Krätz anders sein!). Stattdessen wimmelt es von Personen, die uns aus der jüngeren Geschichte und aus der Literaturgeschichte vertraut sind und die als Kinder mit Schwefelsäure gespielt haben und später Schwarzbrot aus Mais erfunden oder ihre toxikologischen Kenntnisse in Krimis verwertet haben ("hübsche Beispiele dafür, daß ein Chemiestudium nicht immer etwas nützt, aber auch wieder nicht gerade schadet"). Es kommt aber auch ein Chemieprofessor vor, der als Komponist einer Oper und ganz besonders der hinreißenden Tänze darin berühmt ist.
Man kann dem Autor kaum vorwerfen, daß er die Antworten zu sehr durch die Preisgabe wichtiger Fakten erleichtert hätte. Wir erfahren stattdessen viel Skurriles oder absichtlich Irreführendes und eher beiläufig etwas über die Chemie. Ein Prüfungsquiz über Chemiegeschichte ist es daher (zum Glück) nicht geworden, sondern ein Buch über Menschen, die mit Chemie mehr oder weniger intensiv zu tun hatten, sozusagen über die menschliche Dimension eines Faches, das in der Öffentlichkeit viel zu sehr entfernt davon gesehen wird.
N. Treitz, Duisburg
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