21.02.2005

Einsteins Akte

Grundmann

Einsteins Akte

Einsteins Akte ist eine vom Preußischen Kultusministerium 1919 angelegte Mappe, die - der Aufschrift "Einsteins Relativitätstheorie" zum Trotz - nicht Einsteins Physik, sondern sein politisches Wirken zum Inhalt hat. Grundmann hat diese Akte und weiteres Archivmaterial 1964 zum Gegenstand einer Dissertation an der Universität Leipzig gemacht und 1998 in erster Auflage als Buch veröffentlicht. Die jetzt vorgelegte zweite Auflage enthält zusätzliches Material über die vom FBI in den 50er Jahren gesammelten "Erkenntnisse" über Einsteins angebliche Verbindungen zum Kommunismus. Grundmanns Auswertung dieser Akten liest sich bisweilen wie ein dokumentarischer Politthriller. Das ausgebreitete Quellenmaterial zeigt eindrucksvoll, in welchem Umfang Einstein Objekt politischer Interessen wurde.

Vieles von dem, was Einsteins Akte so detailreich darlegt und laut Verlagswerbung "erstmals in Tiefe" der Öffentlichkeit vorgestellt wird, ist jedoch nicht ganz neu: Über Einsteins FBI-Akte wurde schon 1983 berichtet. Einsteins Biografen haben uns auch den politischen Einstein schon in vielen Facetten nahegebracht. Was die frühen Berliner Jahre (1914 bis 1920) betrifft, gewähren vier der inzwischen auf neun Bände angewachsenen Collected Papers of Albert Einstein authentische Einblicke. Zwar erklärt Grundmann ausdrücklich, dass er nicht den Wissenschaftler und privaten Einstein behandelt, aber er verzichtet nicht vollständig darauf, Ausflüge in die Biografie Einsteins zu unternehmen (was auch kaum vermeidbar ist, da das Politische eben doch untrennbar zur Person Einsteins gehört). Es hätte der Originalität des Buches keinen Abbruch getan, die bestehende Einstein-Literatur in ein ausgewogenes Verhältnis zu den durchaus gewichtigen eigenen Beiträgen zu setzen.

Ein anderer Mangel betrifft den Umgang mit dem Quellenmaterial. Zum Teil werden Dokumente auszugsweise im fortlaufenden Text zitiert, zum Teil als freigestellte Dokumente, wobei aber auch dabei Textpassagen ohne Angabe von Gründen durch ... ausgespart werden. Dem Leser werden ferner an vielen Stellen Wiederholungen zugemutet, etwa wenn im Kommentar zitiert wird, was unmittelbar danach im Originalwortlaut abgedruckt wird. Häufiger Wechsel von Kleindruck und Schrifttypen (von Satz- und Druckfehlern ganz zu schweigen) erschweren den Lesegenuss zusätzlich. Mehr als bedauerlich ist, dass der Verlag auf ein Literaturverzeichnis und ein Sachregister verzichtet hat. Derlei editorische Mängel verhindern, dass Einsteins Akte zum Standardwerk über den politischen Einstein wird. Wer am Verhältnis von Wissenschaft und Politik interessiert ist, sollte sich dadurch aber nicht von der Lektüre abhalten lassen.


Dr. Michael Eckert, Deutsches Museum, München


Weitere Infos:

  • S. Grundmann: Einsteins Akte. Wissenschaft und Politik - Einsteins Berliner Zeit
    Springer, Berlin, Heidelberg 2004. 2. Auflage, 658 S., Geb.,
    ISBN 3-540-20699-X

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    Siegfried Grundmann
    Einsteins Akte
    Springer, Berlin

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