Gefährten der Atombombe
Peter Kirsten: Gefährten der Atombombe – Klaus Fuchs und Carl Friedrich von Weizsäcker, Dietz Verlag, Bonn 2025, geb., 216 S., 24 Euro, ISBN 9783801206963
Peter Kirsten

Die Idee, eine Doppelbiografie zweier Forscher zu schreiben, die sich weder begegnet sind noch miteinander kommuniziert haben, mag zunächst skurril erscheinen. Doch Klaus Fuchs und Carl Friedrich von Weizsäcker hatten – bei allen Unterschieden in Bezug auf Herkunft und soziale Prägung – zahlreiche Gemeinsamkeiten, die der Autor präzise herausarbeitet. Das beginnt schon damit, dass beide etwa gleich alt waren und bei Koryphäen der Quantenphysik studiert haben. Auch der prägende Einfluss ihrer Väter gehört dazu: bei Weizsäcker der Konservativismus und die Skepsis gegenüber der Weimarer Republik, bei Fuchs der Kommunismus und die soziale Verantwortung für die Armen.
Während des Krieges waren sie auf gegnerischen Seiten in Kernforschungsprogrammen eingebunden. Nach dem Krieg sahen sie sich in der Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Friedens in Zeiten des nuklearen Rüstungswettlaufs. Kirsten macht zu Recht darauf aufmerksam, dass die unverdrossenen Versuche in Deutschland, noch vor Kriegsende einen funktionierenden Kernreaktor zu bauen, für die beteiligten Wissenschaftler vor allem auch als „Optionsscheine auf die eigene Zukunft“ gedacht waren.
Einen Grund dafür, dass sich Fuchs zur Spionage entschloss, sieht der Autor in dessen Enttäuschung über die nicht erfüllten Versprechungen des britisch-sowjetischen Abkommens über gegenseitige Hilfeleistungen von 1941. Dieses sah ursprünglich auch einen Austausch wissenschaftlicher Informationen vor. Der Autor irrt indes, wenn er schreibt, dass die Geheiminformationen von Fuchs der Sowjetunion auch „den Weg zur Wasserstoffbombe gewiesen“ haben. Während seine Baupläne zur Plutoniumbombe der UdSSR etwa ein bis zwei Jahre Entwicklungszeit erspart hatten, erwiesen sich seine Informationen zur Wasserstoffbombe als weitgehend vernachlässigbar, wenn nicht sogar verzögernd, da sie auf einem frühen Design beruhten, das sich später als Sackgasse herausstellen sollte.
Vor allem in der zweiten Hälfte profitiert das Buch vom Lokalwissen des Autors. So erfährt man, dass es durchaus Widerstand dagegen gab, Fuchs in den Wissenschaftsbetrieb der DDR zu integrieren, und dass er 1964 auf einer Veranstaltung des Leipziger Kulturbundes über von Weizsäckers Schrift „Bedingungen des Friedens“ referierte.
Leider enthält das Buch eine Reihe kleiner Ungenauigkeiten bzw. Fehler: So hat Rutherford in Manchester und Cambridge gelehrt, aber nicht in Bristol (S. 31). Die Wasserstoffbombe „Ivy Mike“ zeigte beim Test 1952 eine Sprengkraft von über zehn Megatonnen und nicht „drei“ und war damit 26-mal stärker als die erste sowjetische Wasserstoffbombe (S. 147). Und schließlich starb Carl Friedrich von Weizsäcker 2007 im Alter von fast 95 und nicht „fast 97“ Jahren (S. 195).
Letztlich ist es dem Autor aber gelungen, auf 200 Seiten eine Doppelbiografie vorzulegen, die nicht nur in Form und Inhalt gelungen ist, sondern auch mit aufschlussreichen Details aufwarten kann.
Dr. Michael Schaaf,
Deutsche Internationale Schule Kapstadt
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