20.12.2017

Grundriss Wissenschaftsphilosophie

S. Lohse und Th. Reydon (Hrsg.): Grundriss Wissenschaftsphilosophie, Felix Meiner Verlag, Hamburg 2017, 658 S., geb., 78 €, ISBN 9783787329861

S. Lohse und Th. Reydon (Hrsg.)

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Das Buch mit dem Untertitel „Die Philosophien der Einzelwissenschaften“ ermöglicht eine methodisch fundierte und faktenreiche Auseinandersetzung mit den aktuellen Entwicklungen in der Physik und den anderen Einzelwissenschaften.
Das sehr gut strukturierte Werk nimmt Rücksicht auf die nichtphilosophische Leserschaft und führt diese kompetent und behutsam an die Thematik heran: Der einführende Teil bietet eine Einleitung der Herausgeber zur Ausdifferenzierung der Wissenschaftsphilosophie und einen für Laien eminent wichtigen Beitrag des Physikers und Philosophen Meinard Kuhlmann über das Verhältnis der Wissenschaftsphilosophie zu den Philosophien der Einzelwissenschaften. Kuhlmann, derzeit Vorsitzender der AG Philosophie der DPG, schöpft aus einer vielfältigen Forschungstätigkeit; seine Ausführungen sind reich an Beispielen aus der Physik.

Fünf Hauptteile präsentieren die derzeit maßgeblichen Strömungen in der Wissensgewinnungslandschaft: die Philosophien der Formal- und Geisteswissenschaften, der Natur- und Bio­wissenschaften, der Ingenieur- und interdisziplinären Wissenschaften sowie der Sozial- und Verhaltenswissenschaften. Jeder Hauptteil gliedert sich in vier bis fünf den Einzelwissenschaften gewidmeten Kapitel, etwa zur Philosophie der Mathematik und der Philosophie selbst.

Der Ansatz ist aktuell und offen. Gemäß dem freien und pluralistischen Wesen der Philosophie werden hier Problemstellungen aus verschiedenen Perspektiven diskutiert; der Erkenntnisgewinn liegt nicht im Präsentieren von vermeintlichen Lösungen, sondern in der Vielfalt der Perspektiven, Methoden und Erklärungsstrategien.

Erfrischend abwechslungsreich und gehaltvoll sind Team und Themen: Autorinnen und Autoren mehrerer Generationen wagen sich nicht nur an etablierte Einzelwissenschaften mit langer Tradition der philosophischen Reflexion, sondern beschäftigen sich auch mit Zweigen, die so neu sind, dass man ihnen praktisch beim Entstehen zuschauen darf, beispielsweise die Philosophie der Klimawissenschaften bzw. der Geo- und Umweltwissenschaften. Diese Ausrichtungen kennenzulernen kann für Physikerinnen und Physiker von Vorteil sein, nicht nur weil es dabei um Themen von allgemeiner gesellschaftlicher Bedeutung geht, sondern auch im Hinblick auf die – inzwischen oft interdisziplinäre – berufliche Perspektive der Physikstudierenden. Dort kann methodische Klarheit als Merkmal der Wissenschaftlichkeit gar nicht genug gewürdigt werden.
Der Ansatz ist zukunftsorientiert: Das Buch schließt nicht nur eine oder mehrere Lücken in der Quellenlandschaft, wie Autoren- und Verlagsteam mit vornehmer Zurückhaltung anmerken, sondern eröffnet einen neuen Weg, eine verheißungsvolle Perspektive der Annäherung und gegenseitigen Stärkung von Wissenschaft und Wissenschaftstheorie.

Für wen kann das Buch nützlich sein? Für alle Wissenschaftsbegeisterten als Bildungs- und Nachschlagewerk, für Studierende als horizonterweiterndes und vertrauensstiftendes Seelenfutter und für Lehrende als reichhaltige Inspira­tionsquelle. „Der Grundriss der Wissenschaftsphilosophie“ ist auch ein sinnvolles Präsent für die jüngere Generation. Diese kann von einer solchen ersten Berührung mit den heutigen Einzelwissenschaften und deren philosophischer Reflexion nur profitieren, denn das verspricht Orientierung und Gespür für das Wesentliche.

Dr. Irena Doicescu, Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, Technische Universität Dresden

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