24.06.2003

Helium Three

Dobbs


Von E. R. Dobbs. International Series of Monographs on Physics, 108, Oxford University Press, Oxford 2001. XXIV + 1058 S., Hardback, ISBN 0-19-850640-6

Helium-3 ist ein stabiles, aber extrem seltenes Helium-Isotop und chemisch inert - daher wissenschaftlich wenig aufregend? Ganz im Gegenteil, es gibt kein anderes Element, das in seiner kondensierten Form als Quanten-Flüssigkeit und auch als Quanten-Festkörper soviel Faszination auslöste wie das fermionische Vielteilchensystem Helium-3. Die Entdeckung der suprafluiden Phasen, die 1996 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, ermöglichte es erstmals, Kondensation von Cooper-Paaren mit "innerer Struktur" zu erforschen; die Cooper-Paare kondensieren in einem p-Wellen-Spin-Singulett-Zustand. Dementsprechend können verschiedene gebrochene Symmetrien, die sonst unabhängig voneinander in Supraflüssigkeiten, Ferromagneten und nematischen Flüssigkristallen auftreten, in diesem Quantensystem auch als "relativ gebrochene" Symmetrien aus einer völlig neuen Perspektive untersucht werden.

Die Monographie über "Helium Three" von E. R. Dobbs ist ein bemerkenswert breit angelegtes Werk und darum ein einmaliges Hilfsmittel für Wissenschaftler, die sich auf Forschungsergebnisse zur Thematik dieses stark korrelierten Fermi-Systems beziehen wollen. Es gibt kaum ein Gebiet in der Physik quantenmechanischer Vielteilchensysteme, das derart umfassend untersucht und erklärt wurde wie Helium-3, weshalb es als Testfeld für fermionische Quantensysteme immer wieder aufgegriffen wird. Dobbs stellt nicht nur die bis in die achtziger Jahre reichende "klassische Periode" der Helium-3-Physik liebevoll im Detail dar, sondern er greift auch die neueren
Forschungsrichtungen auf, wie die Analogie der Vortex-Erzeugung bei schnellem Übergang in die supra fluide Phase zur Bildung kosmischer Strings im frühen Universum oder 3He- 4He-Mischungen in Aerogelen.

Das Buch ist sehr gut strukturiert, und darüber hinaus hat der Autor außergewöhnlich sorgfältig recherchiert: Auf über 1000 Seiten werden in vier Abschnitten die Arbeiten und Ergebnisse von gut 40 Jahren Forschung über "Liquid Helium 3", "Mixtures of 3He and 4He", "Superfluid Helium 3" und "Solid Helium 3" aufbereitet. Knapp 1600 Referenzen werden diskutiert und eingeordnet, und umfangreiche Autoren- und Themenindizes komplettieren dieses von Olli Lounasmaa im Vorwort zu Recht als monumental charakterisierte Werk.

Dobbs Darstellung bleibt im Allgemeinen nahe am Experiment, aber die theoretische Aufarbeitung kommt nicht zu kurz, und der an weiteren Details interessierte Leser wird durch die vollständigen Literaturangaben immer Zugriff auf die gesamte Wissensbasis zu diesem Themenkreis haben. Im größten Abschnitt, "Superfluid Helium 3", ist diese Monographie keine Konkurrenz zu dem theoretisch orientierten Standardwerk von Vollhardt und Wölfle, sondern komplementär. Die Abschnitte über 3He- 4He-Mischungen und festes Helium sind in diesem Umfang wohl bei spiellos. Die Monographie wird durch die verlässliche Genauigkeit nicht nur für Physiker, die mit Helium-3 arbeiten, zu einem wichtigen Referenzwerk werden - und sollte in keiner naturwissenschaftlich ausgerichteten Universitäts-Bibliothek fehlen.

Prof. Dr. Thilo Kopp, Institut für Experimentalphysik IV, Universität Augsburg

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