Lichtphänomene, Farbspiele am Himmel
Claudia Hinz, Wolfgang Hinz: Lichtphänomene, Farbspiele am Himmel, Oculum-Verlag, Erlangen 2015, 216 S., geb., 39,90 €, ISBN 9783938469767
Claudia Hinz, Wolfgang Hinz
Das aus Chemnitz stammende Ehepaar Claudia und Wolfgang Hinz beschäftigt sich schon seit vielen Jahrzehnten mit Meteorologie und Astronomie, nicht nur theoretisch, sondern auch mit praktischer Wetter- und Himmelsbeobachtung. Seine Passion für die vielfältigen Erscheinungen der atmosphärischen Optik teilte das Paar mit anderen Enthusiasten seit 1978 in einer Sektion des Kulturbundes der DDR. Aus dieser Gruppe von Amateur- und Profiwissenschaftlern gründete sich 1990 der bundesweite Arbeitskreis Meteore e.V.1)
Mit diesem Buch legen Claudia und Wolfgang Hinz ein Opus Magnum über die Gesamtheit der Licht- und Farbspiele am und unter dem Himmelszelt vor. Sie beginnen dabei mit Kapiteln über Himmelsfarben sowie Licht und Schatten. Dem folgt ein Abschnitt über die sich um den eigenen Schatten erstreckenden Brockengespenster und Glorien. In jahrelangem Einsatz auf mehreren Bergwetterwarten gelangen Claudia Hinz bemerkenswerte Fotos von symmetrischen und asymmetrischen Glorien, dem so genannten Glorisieren. Die jeweils vorangestellten allgemeinverständlichen, aber physikalisch bündigen Erläuterungen machen deutlich, dass es den Autoren darum geht, die Leser zu eigenen Beobachtungen anzuregen. Jeweils den Kapiteln nachgestellt finden sich deshalb auch ausführliche und praxisnahe Hinweise zur digitalen Aufnahmetechnik und Bildbearbeitung.
Nach dem Abschnitt über Luftspiegelungen darf natürlich ein dem Regenbogen gewidmetes Kapitel nicht fehlen, das selbst Kennern noch Neues bieten dürfte, darunter Fotos und Erklärungen von anomalen Bögen und Regenbögen höherer Ordnung. Im Weiteren geht das Buch auf Höfe, Kränze und Irisieren ein, um sich dann in einem 70-seitigen Kapitel den Eiskristallhalos zuzuwenden. Auf diesem Gebiet sind die Eheleute Hinz weltweit anerkannte Experten in Nachweis und Deutung häufiger und seltener Erscheinungen. In den letzten Jahren konnten sie an 1000 bis 1200 Meter hoch gelegenen Standorten in Bayern und Sachsen komplexe Halophänomene dokumentieren.
Das Buch schließt mit einem Überblick zu diffusen Leuchterscheinungen in der Hochatmosphäre, nämlich Stratosphären- und Mesosphärenwolken, dem Airglow und Polarlichtern. Dies waren einst Randthemen, bis man sie als Indikatoren für solarterrestrische und erdklimatische Veränderungen erkannte und zu erforschen begann.
Die Fotografien im Buch sind sämtlich in Farbe und gehen meist über eine volle Seite (Format 30 cm × 21 cm), manchmal sogar über zwei Seiten. Die Druckqualität entspricht etwa der von guten Fotozeitschriften und hätte sich wohl noch erhöhen lassen, allerdings nicht zu dem für einen solchen Bildband sehr günstigen Preis. Um die Anmutung der auch in natura meist weitwinkligen Erscheinungen zu erhalten, sind die Bildseiten randlos bedruckt. Daher finden sich die Legenden durchwegs vor und nach den Bildstrecken, was etwas lästig sein kann. Von den kleinen Mängeln abgesehen, ist das Buch ein Augenschmaus für Himmelsbeobachter und Naturliebhaber und einzigartig in seinem Anspruch, sowohl alltägliche als auch seltene Phänomene vorzustellen. Dabei stammen die meisten Fotos aus Mitteleuropa und widerlegen insofern die Vorstellung, dass viele Erscheinungen an polare oder andere ferne Standorte gebunden seien.
Fachwissenschaftler dürften beeindruckt sein von der opulenten Fülle der fast ausschließlich digitalen Fotos. Ein vermeintlich in altbackenen Diagrammen und verstaubten Fotos verhaftetes Gebiet der klassischen Physik erhält damit seit gut fünfzehn Jahren neuen Glanz.
Elmar Schmidt