Mindful Universe
Stapp, H. P.
Henry P. Stapp gehört zur wachsenden Zahl von Wissenschaftlern, die verstanden haben, dass eine naturwissenschaftliche Behandlung des Zusammenhangs zwischen Körper und Geist unmöglich bleibt, solange man den fundamentalen Bereich jeder Naturbeschreibung, die Quantentheorie, aus den Überlegungen ausschließt.
Der Autor verweist gleich zu Anfang darauf, dass das eigene Bewusstsein unser Handeln beeinflusst. Dem stehen wissenschaftliche Behauptungen aus der Zeit nach Newton bis noch ins 20. Jahrhundert entgegen, die unsere körperlichen Aktionen vollständig durch Prozesse determiniert sehen, die allein in den bisherigen physikalischen Termen erfasst werden können. Der Einfluss des Bewusstseins sei daher eine Illusion. In erfrischender Klarheit stellt Stapp dazu fest, dass diese frühen Formen der Wissenschaft auf eine grundlegende Weise inkorrekt sind.
Nach zwei einführenden Kapiteln, in denen der Autor sich mit den Fragen des menschlichen Bewusstseins befasst, wendet er sich den Nerven zu und zeigt, dass sich dort ohne Quantentheorie keine Erklärung erreichen lässt. Nach einer Untersuchung von bewusstem Willen und Quanten-Zenon-Effekt setzt sich Stapp kritisch mit Roger Penroses Ansatz sowie mit einigen nicht-orthodoxen Interpretationen der Quantentheorie auseinander.
Das zentrale und zugleich problematischste Kapitel des Buches ist das zwölfte über den ,,verachteten Dualismus”. Einerseits wirft Stapp z. B. Philosophen wie David Chalmers vor, dass sie erwägen, die Substanz des Universums könnte Information sein und gleichzeitig ablehnen, die klassische Physik durch die Quantentheorie abzulösen. Diese beruht auf einer Informationsstruktur, welche die erfahrenen Veränderungen im Wissen mit physikalischen Prozessen verbindet (S. 3). Andererseits schreibt Stapp: ,,Contemporary physics is essentially psychophysical, hence dualistic.“ (S. 79) Hierzu ist festzustellen, dass ein wie auch immer gearteter Dualismus nicht zu einer Lösung des Leib-Seele-Problems führen kann. Naturwissenschaft lässt sich nicht mit einem dualistischen Konzept verbinden. Denn entweder gibt es keine Interaktion zwischen den beiden Substanzen, dann haben wir keine Erklärung ihrer Wechselwirkung – oder aber, sie wirken aufeinander ein, dann werden sie eine gemeinsame Basis besitzen.
Diesen entscheidenden Schritt, nämlich über die Quanteninformation ein neues Konzept für Materie zu sehen, geht Stapp noch nicht. Solange die Einsteinsche Äquivalenz von Materie und Bewegung nicht auf Quanteninformation erweitert wird, müssen alle Versuche einer naturwissenschaftlichen Lösung des Leib-Seele-Problems noch Stückwerk bleiben.
Prof. Dr. Thomas Görnitz, Institut für Didaktik der Physik, J. W. Goethe-Universität Frankfurt/Main
H. P. Stapp: Mindful Universe
Springer, Berlin, Heidelberg, 2007, 210 S., geb.,
ISBN 9783540724131