Modern Physics from a to Z0

Von J. W. Rohlf.
Wiley, Chichester 1994. X + 653 S., Softcover,
ISBN 0-471-02126-1

Modern Physics ist im US-amerikanischen college-curriculum eine Standardpflichtvorlesung für Studenten der Physik und der Elektrotechnik (meist im zweiten Studienjahr abgehalten). Ganz grob entspricht sie der bei uns üblichen Experimentalphysikvorlesung im 4. Semester über Quantenphysik. Aber: der Standpunkt ist eben ein moderner. Anders als in den auch in den USA eher traditionellen Anfängerkursen versucht man im Kurs Modern Physics, die Phänomene von vornherein so darzustellen, wie es dem physikalischen Erkenntnisstand der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entspricht.

Dieses Prinzip, nämlich die Darstellung der inzwischen klassischen Themen, z. B. der Atom- und Festkörperphysik aus einem einheitlichen Blickwinkel heraus, hat Rohlf zum Leitgedanken seines neuen Lehrbuchs gemacht. Der Sache nach kann das nur der Blickwinkel der Teilchenphysik sein. Und darauf verweist schon der als Programm zu verstehende Titel: von der Rutherfordschen a-Streuung (Entdeckung der Atomkerne) über die tief-inelastische Elektron-Proton-Streuung (Entdeckung der Quarks) bis zur Quark-Antiquark-Streuung (Entdeckung der Vektorbosonen W± und Z0): das ist eine stetige und konsequente Entwicklung, deren Einheitlichkeit Rohlf auch dem Anfänger begreiflich machen will. In Ausarbeitung dieses Programms hat Rohlf vom ersten Kapitel an überall Aspekte der Teilchenphysik "gleich mitbehandelt" - z. B. findet sich schon in dem Abschnitt über das Periodensystem der chemischen Elemente in zwei Tabellen mit den schlichten Titeln "Periodic table of the quarks/leptons" die sechs Quarks und sechs Leptonen! So kann das Buch auch als eine in aufregender Weise integrierte Einführung in die Teilchenphysik gesehen werden.

Die Darstellung ist (wie eigentlich bei den meisten amerikanischen Lehrbüchern) klar und pädagogisch hervorragend durchgearbeitet: viele in den Text eingestreute "Beispiele", die vor allem das Denken in Größenordnungen trainieren helfen, am Ende jeden Kapitels eine hervorragende "Physics Summary", Angaben zu weiterführender Literatur, und schließlich hilft eine Riesenzahl von Übungsaufgaben dem Studenten, sich in der Fülle des Materials zurechtzufinden.

Bei aller Neuorientierung bleibt das Buch in seinem Kern ein Modern Physics-Text: die traditionellen Themen (z. B. Atom- und Kernaufbau, Laserphysik, Supraleitung) werden selbstverständlich in der auch sonst üblichen Breite und Tiefe dargestellt. Das wirkt sich auf den Umfang aus: mit fast 650 Seiten ist das Buch ein "Wälzer" - der aber dennoch auch für den Studenten bezahlbar bleibt. Diesem schönen, wirklich modernen Lehrbuch ist ein Erfolg auch in Deutschland zu wünschen. Vielleicht könnte es dazu beitragen, unser allzu starr organisiertes Physikstudium "von a bis Z" zu reformieren oder doch wenigstens etwas aufzulockern.

C. C. Noack, Bremen

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