Quantum Optics in Phase Space

Quantum Optics in Phase Space
Von W. P. Schleich. Wiley-VCH, Weinheim 2001. XX + 695 S., Hardcover, ISBN 3-527-29435-X  (bestellen)

Quantenoptik ist ein weites Feld. Lasertheorie, Atomoptik und Quantenkryptographie sind hier ebenso zu finden wie die Bose-Einstein-Kondensation, der Ein-Atom-Maser und Atomuhren. Jedes Buch über Quantenoptik muss daher zunächst eine Auswahl treffen, sei es was die Methoden betrifft, sei es was die Effekte betrifft. An dieser Auswahl wird es gemessen, sie dient als Richtschnur für seine Bewertung.
"Quantum Optics in Phase Space" hat seine Wahl getroffen. Ausgehend von der Quantenphysik des harmonischen Oszillators, die hier einen breiten Raum einnimmt, werden von den einfachen Modellen der Atom-Laser-Wechselwirkung, der Paul-Falle und dem Ein-Atom-Maser bis hin zu den Methoden der optischen Interferometrie und Zustandsrekonstruktion alle Themen abgehandelt, die für die Grundausbildung in theoretischer Quantenoptik von Interesse sind.
Eine zentrale Rolle spielt die Moyaldarstellung der Quantenmechanik, also die in den Kursvorlesungen weniger gebräuchliche Darstellung im Phasenraum, und hier insbesondere die "Interferenz im Phasenraum" - ein Konzept, das vom Autor selber entwickelt und an zahlreichen Effekten der Quantenoptik illustriert wurde. Die merkwürdigen Oszillationen in der Zählstatistik des gequetschten Vakuums etwa - es können nur gerade Photonenzahlen gemessen werden - finden mit diesem Konzept eine schöne Erklärung. Desgleichen der Talbot-Effekt der klassischen Optik, Kollaps und Wiederkehr in der Jaynes-Cummings-Dynamik - all diese auf den ersten Blick nicht verwandten Effekte werden mit der Interferenz im Phasenraum unter einen Hut gebracht.
Aber auch wer sich die Phasenraummethoden nicht unbedingt auf die Fahne schreiben möchte, profitiert von diesem Buch. Der theoretische Hintergrund der quantenoptischen Schlüsselexperimente wird in gut verständlicher Sprache präsentiert. Und die Quantisierung der Wechselwirkung von Licht mit beweglicher Materie wird hier mit einer Sorgfalt vollzogen, die in Lehrbüchern ihres Gleichen sucht.
Der Autor ist ein Analytiker alter Schule. Numerik wird nur dort eingestzt, wo eine Funktion - die Airy-Funktion etwa - geplottet werden muss. Ansonsten ist "Quantum Optics in Phase Space" ein "Papier und Bleistift"-Buch. Stark betont werden asymptotische Methoden, wie etwa die WKB-Methode. Wer dieses Buch mit seinen stolzen 700 Seiten durchgearbeitet hat, hat was fürs Leben.
"Quantum Optics in Phase Space" hebt sich in mehrfacher Hinsicht wohltuend von Monographien mit vergleichbarem Anspruch ab. Die zitierten Originalarbeiten werden nicht einfach enzyklopädisch abgelistet, sondern erscheinen sorgfältig zusammengestellt und kommentiert - auch wenn hie und da die "Freunde im Geiste" ein wenig dominieren. Die Übungsaufgaben sind gut auf den Text abgestimmt. Die Anhänge, die sich über fast einhundert Seiten erstrecken, sind hier kein Formelgrab, sondern eine Fundgrube von nützlichen Tricks und originellen Ergänzungen. Und last but not least - die Illustrationen sind nicht, wie bei zu vielen in jüngs ter Zeit erschienenen Büchern, ein massiver Anschlag auf das Auge, sondern akzeptabel: auf matschige Grautöne wird weitgehend verzichtet, und auch die Fontgröße der Beschriftung und Punktstärke der graphischen Elemente ist - bis auf wenige Ausnahmen - den Sehgewohnheiten angepasst. Alles in allem - "Quantum Optics in Phase Space" ist ein durchaus gelungenes Buch.
PS: Wer erlöst uns endlich von dem käsigen Pop-Appeal dercmr-Font-Überschriften in den LaTeX-Büchern?
Prof. Dr. Martin Wilkens, Institut für Physik, Universität Potsdam