Unterrichtskonzeptionen für den Physikunterricht
T. Wilhelm, H. Schecker und M. Hopf (Hrsg.), Unterrichtskonzeptionen für den Physikunterricht. Ein Lehrbuch für Studium, Referendariat und Unterrichtspraxis, Springer Spektrum, Berlin 2021, brosch., XVI + 546 S., 22,99 €, ISBN 9783662630525
T. Wilhelm, H. Schecker und M. Hopf (Hrsg.)
„Den“ traditionellen Physikunterricht gibt es eigentlich nicht. Doch im Laufe der Zeit hat sich eine Sachstruktur entwickelt, die stark verbreitet ist und daher durchaus als traditionell gelten kann. Dies betrifft etwa die Anordnung der Inhalte, die Wahl thematischer Schwerpunkte oder die verwendeten Experimente und Modellvorstellungen. Doch selbst wenn die Lernenden im traditionellen Unterricht nach einer Lerneinheit Routineaufgaben recht gut lösen können, zeigen empirische Studien, dass die Schülerinnen und Schüler selbst grundlegende Begriffe und Konzepte nur unzureichend verstanden haben. Eine wichtige Aufgabe der physikdidaktischen Forschung ist daher die Entwicklung neuer Sachstrukturen, mit denen sich Schülervorstellungen besser zu korrekten physikalischen Vorstellungen weiterentwickeln lassen. Hier setzt das Buch an und beschreibt viele der in den letzten rund 25 Jahren veröffentlichten Unterrichtskonzeptionen in kurzer und prägnanter Weise.
Der Fokus des Buchs liegt auf Unterrichtskonzeptionen zu fachinhaltlichen Themen. Diese reichen von der geometrischen Optik, Kinematik und Dynamik bis zu Radioaktivität, Elementarteilchenphysik oder nichtlinearer Dynamik. Besonders positiv ist, dass auch Konzeptionen zu fachmethodischen Zielen (Stichwort „Nature of Science“), zu fachübergreifenden Inhalten und zu prozessbezogenen Kompetenzen (z. B. zum Argumentieren und Erklären) berücksichtigt sind. Dies trägt den Bildungsstandards und den in dieser Hinsicht veränderten Lehrplänen im besonderen Maße Rechnung.
Sehr angenehm ist außerdem der stets gleiche Kapitelaufbau. Nach der fachlichen Einordnung und einer Darstellung des traditionellen Unterrichts schließt sich die Beschreibung von drei bis fünf alternativen Unterrichtskonzeptionen an. Dem folgen ein Fazit, Übungsaufgaben und Literaturhinweise. Am Ende der Abschnitte zu den Unterrichtskonzeptionen finden sich Ergebnisse etwaiger Wirksamkeitsstudien wie auch Hinweise zu Unterrichtsmaterialien. Ein umfassendes Materialpaket steht kostenfrei zum Download zur Verfügung. Hier ist ein großartiger Fundus entstanden, der Lesenden Recherchen und Kosten für das vertiefte Einlesen erspart. Das Buch ist gut konzipiert, geschrieben und lektoriert. Die ansprechenden Abbildungen unterstützen das Verständnis.
Kleinere Abstriche sind bei den empirischen Ergebnissen zu machen: Zwar sind alle vorgestellten Unterrichtskonzeptionen zumindest in der Praxis erprobt, jedoch liegen nur in den wenigsten Fällen aussagekräftige Wirksamkeitsstudien vor. Statistische Signifikanzen und Effektstärken werden kaum angeführt. Dieser Umstand ist jedoch nicht den Autoren anzulasten, sondern ist eher ein Problem der Primärliteratur. Zudem überzeugen nicht alle beschriebenen Unterrichtskonzepte gleichermaßen. Die Autoren nehmen eine solche Wertung nicht vor, sondern überlassen sie den Lesenden selbst.
Mit einer Lektüre des Buches erreicht man die im Vorwort formulierten Ziele vollumfänglich. Es lädt dazu ein, das eigene Vorgehen im Unterricht zu überdenken und kann so dazu beitragen, die Unterrichtsqualität im Fach Physik zu verbessern. Das Buch ist daher allen Lehramtsstudierenden, Referendarinnen und Referendaren und selbst erfahrenen Lehrkräften und Dozierenden der Physikdidaktik zu empfehlen.
Patrik Vogt
Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung, Mainz
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