Wolfgang Pauli: Wissenschaftlicher Briefwechsel, Band III
Karl von Meÿenn (Hrsg.), Wolfgang Pauli, Wissenschaftlicher Briefwechsel mit Bohr, Einstein, Heisenberg u. a. Band III: 1940-49, Springer, Heidelberg 1993, LXIV + 1070 S., geb., ISBN 3540549110
Meyenn
Der dritte Band von Wolfgang Paulis wissenschaftlichem Briefwechsel enthält in seinem Hauptteil 483 Briefe von bzw. an 83 Korrespondenten. Darüber hinaus sind nachträglich zugänglich gewordene Briefe aus den Jahren 1921 bis 1939 sowie Teile eines Manuskriptes zum Stand der Elementarteilchenphysik (1939) abgedruckt. Eine sachkundige Einleitung des Herausgebers informiert über die Situation der theoretischen Physik gegen Ende der dreißiger Jahre, über Paulis Aufenthalt in Princeton von 1940 bis 1946 und die anschließende Zeit nach seiner Rückkehr an die ETH Zürich.
Zentrale Problemkreise, an denen Pauli in den vierziger Jahren arbeitete, waren die Mesonentheorie der Kernkräfte und die Entwicklung der Quantenelektrodynamik und -feldtheorie. Eine kleine Auswahl brieflicher Leckerbissen hierzu sind seine Auseinandersetzung mit Diracs modifizierter Feldquantisierung (ab 1942), mit Heisenbergs S-Matrix-Theorie (ab 1946) und mit Schwin gers Renormierungsansatz (1949). Paulis Korrespondenz dokumentiert seine außergewöhnliche Kreativität ebenso wie seine Funktion als „Gewissen der Physik“, beides gepaart mit dem für ihn typischen sardonischen Humor.
Wolfgang Pauli war einer der ganz wenigen Physiker, die neben der Philosophie vor allem die Psychologie zu konsultieren vorschlugen, wenn es um die grundlegenden Verständnisfragen in der modernen Physik ging. Damit verbindet sich die Schwierigkeit, bei der Herausgabe des „wissenschaftlichen“ Briefwechsels eine angemessene Grenze zu ziehen. Insbesondere ist davon Paulis umfangreiche Korrespondenz mit C. G. Jung und dessen Mitarbeitern betroffen, die im vorliegenden Band nicht enthalten und z. T. anderweitig erschienen ist. Sehr erfreulich finde ich den Entschluß, den Briefwechsel mit Markus Fierz aufzunehmen, der für Paulis außerphysikalische Interessen von besonderer Bedeutung war (siehe z. B. die Korrespondenz zwischen Dezember 1947 und April 1948).
In den vier Teilbänden, die für die Jahre 1950 bis 1958 angekündigt sind, wird Paulis Beschäftigung mit dem „psycho-physischen Problem“ noch deutlicher werden. Sein Briefwechsel ist daher zusätzlich zu seiner Rolle in der Physik und ihrer Geschichte auch von allgemeinerem Interesse. Er enthält eine Fülle von Anregungen, die sowohl für die heutige Naturwissenschaft als auch für deren Grenzgebiete fruchtbar und inspirierend sein können. Die große Sorgfalt, die profunde Sachkenntnis, der unerschöpfliche Fundus an Details und das Fingerspitzengefühl, mit denen Karl von Meÿenns Edition dazu beiträgt, sind kaum hoch genug einzuschätzen. Fazit: ohne jede Einschränkung zur Lektüre zu empfehlen.
H. Atmanspacher, Garching