Dmitry A. Fedosov • 7/2023 • Seite 40 • DPG-MitgliederDie Physik der Malaria
Im Lebenszyklus der Parasiten und bei der Verbreitung der Krankheit spielen physikalische Prozesse eine wichtige Rolle.
Wenn von der „Physik einer Krankheit“ die Rede ist, stellen sich die Fragen, welcher Teil der Krankheit etwas mit Physik zu tun hat und wie die Physik helfen kann, die Krankheit besser zu verstehen. Da es sich um einen pathologischen Zustand eines biologischen Systems handelt, bildet die Forschung dazu einen Teilbereich der Biophysik. Dieser beschäftigt sich mit zahlreichen Fragen zu verschiedenen physikalischen Prozessen und Veränderungen, die in biologischen Systemen bei Krankheiten auftreten. Traditionell liegt der Schwerpunkt auf der Mechanik, zum Beispiel auf Kräften und Wechselwirkungen zwischen biologischen Komponenten und der Entwicklung des Verhaltens auf den Ebenen von Molekülen, Zellen, Geweben und Organen. Das trägt zum Verständnis von Krankheiten wie der Malaria bei und geht in einigen Aspekten über Medizin und Biologie hinaus.
An welchen Stellen die Physik helfen kann, die Krankheit Malaria besser zu verstehen, lässt sich mithilfe der Pathogenese der Malaria erklären. Trotz des mittlerweile vorhandenen Wissens bleibt die Malaria eine ernste und verheerende Krankheit, vor allem in Teilen Afrikas und Südasiens. Noch immer treten mehrere Millionen Infektionen pro Jahr auf, die zu mehr als 400 000 Todesfällen führen [1]. Bitter ist es, dass vor allem Kleinkinder unter fünf Jahren sterben, da bei ihnen häufig eine angemessene Immunreaktion zu langsam auftritt. Physikalische Ansätze und Modelle können einen wichtigen Beitrag leisten, um Malaria zu bekämpfen.
Die Malaria ist eine Infektionskrankheit, die von einzelligen Parasiten der Gattung Plasmodium hervorgerufen wird. Sie durchlaufen einen Lebenszyklus (Abb. 1), für den sie zwei verschiedene Wirte nutzen: eine Anopheles-Mücke und ein Tier bzw. einen Menschen [2, 3]. Die Interaktion der beiden Wirte ermöglicht es, dass sich die Malaria verbreitet und fortbesteht. Der Lebenszyklus eines Parasiten beginnt, wenn eine infizierte Stechmücke während ihrer Blutmahlzeit ein Tier oder einen Menschen sticht. Innerhalb weniger Sekunden gelangen mehrere Parasiten, sogenannte Sporozoiten, aus den Speicheldrüsen der Mücke in die Haut des tierischen oder menschlichen Wirts. Sporozoiten sind sichelförmig mit etwa zehn Mikrometern Länge und einem Mikrometer Breite. Innerhalb des Hautgewebes bewegen sie sich auf der Suche nach nahe gelegenen Blutkapillaren. Sobald sie in den Blutkreislauf gelangen, wandern sie über den Blutstrom zur Leber und infizieren deren Zellen, die Hepatozyten. Etwa eine Woche danach hat sich jeder Sporozoit zu mehreren tausend Merozoiten vermehrt, die eiförmig und etwa ein bis zwei Mikrometer groß sind. Dann reißen die infizierten Leberzellen auf, und die Merozoiten erreichen den Blutkreislauf. (...)
weiterlesen Jens Frahm, Dirk Voit, Oleksandr Kalentev, Maaike van Zalk, Jakob Klosowski und Jost Kollmeier • 6/2021 • Seite 22 • DPG-MitgliederFilme aus dem Körperinneren
Mit Magnetresonanz-Tomografie lassen sich Körperbewegungen oder Organfunktionen in Echtzeit abbilden.
Seit ihrer ersten klinischen Erprobung vor rund vierzig Jahren hat sich die Magnetresonanz-Tomografie zu einem der wichtigsten bildgebenden Verfahren in der medizinischen Diagnostik entwickelt. Allerdings war es lange nicht möglich, sehr schnelle Vorgänge direkt abzubilden. Zudem führten unvermeidbare Bewegungen häufig zu Bildfehlern. Eine neue Technik für die Aufnahme von MRT-Filmen in Echtzeit erlaubt es nun, beliebige Körperbewegungen und Organfunktionen mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung darzustellen.
Im Vergleich zu der früher eingeführten Röntgen-Computertomografie konnten die ersten medizinischen Aufnahmen mit der Magnetresonanz-Tomografie (MRT, Infokasten) [1] zu Beginn der 1980er-Jahre mehrere Vorteile verbuchen: einen völlig nichtinvasiven Einsatz, eine Weichgewebedarstellung ohne Kontrastmittel und eine hohe Empfindlichkeit gegenüber krankhaften Veränderungen. Auf der anderen Seite stellten sich Messzeiten von mehreren Minuten für ein Schnittbild als ein fundamentales Problem heraus und als erheblicher Nachteil für die klinische Praxis. Erst ein 1985 beschriebenes Schnellbildverfahren (Fast Low Angle Shot, FLASH) mit hundertfacher Beschleunigung [2, 3] verhalf der MRT zum grundsätzlichen Durchbruch, der bis heute zu steten Weiterentwicklungen vielfältiger Untersuchungsmodalitäten geführt hat.
Der physikalische Trick bestand darin, die langen Wartezeiten zu vermeiden, die damals zwischen den Hunderten von unterschiedlich ortskodierten Einzelmessungen einer MRT-Aufnahme einzuhalten waren. Diese Wartezeiten waren nötig für eine ausreichend starke Erholung des jeweils vollständig verbrauchten MRT-Signals durch die T1-Relaxation, bevor die nächste Einzelmessung beginnen konnte. Gleichzeitig erforderte ein räumlich gut aufgelöstes Bild sehr viele Einzelmessungen. Eine Fourier-Transformation des zeitlichen Signals jeder Einzelmessung entspricht einer eindimensionalen Projektion des Untersuchungsobjekts.
Bei Aufnahmen nach dem FLASH-Prinzip regt ein Radiofrequenzimpuls das MRT-Signal an, der nur eine kleine Leistung besitzt und nur einen kleinen Teil des verfügbaren Signals für die aktuelle Einzelmessung verbraucht. Da gleichzeitig der größte Anteil der Gleichgewichtsmagnetisierung für weitere Anregungen unmittelbar zur Verfügung steht und daher keine Wartezeit folgen muss, verringern sich die Wiederholzeiten der Einzelmessungen von Sekunden auf Millisekunden. Entsprechend beträgt die Gesamtmessdauer für ein Bild statt Minuten nur noch Sekunden. Erst dies erlaubt hochaufgelöste dreidimensionale MRT-Aufnahmen. (...)
weiterlesen Katia Parodi und Walter Assmann • 6/2019 • Seite 35Hadronen gegen Krebs
Das Potenzial der Strahlentherapie mit Hadronen ist längst noch nicht ausgeschöpft.
2018 wurden weltweit etwa 18 Millionen neue Krebspatienten und über 9 Millionen krebsbedingte Todesfälle registriert. Diese Zahlen dürften aufgrund der alternden Bevölkerung weiter steigen. Mittels onkologischer Behandlungsmöglichkeiten lässt sich derzeit etwa die Hälfte der Patienten heilen. In rund 50 Prozent aller Krebsfälle kommt die Strahlentherapie, meist mit hochenergetischen Photonen, zum Einsatz. Doch Protonen und Kohlenstoffionen bieten physikalische und biologische Vorteile bei der Bestrahlung.
Ziel der Strahlentherapie ist es, die Tumorzellen abzutöten – bei möglichst geringer Strahlenbelastung des gesunden Gewebes. Schwierig ist dies bei inoperablen, tiefsitzenden Tumoren, die in unmittelbarer Nähe strahlenempfindlicher Organe wachsen. In einem solchen Fall gilt es, die abgegebene Dosis sehr genau räumlich anzupassen, um den Primärtumor erfolgreich abzutöten, ohne die Funktion des Umgebungsgewebes und insbesondere benachbarter Risikoorgane zu beeinträchtigen. Dies verringert auch das Risiko, Sekundärtumore zu induzieren, was vor allem bei jungen Patienten wichtig ist.
In den vergangenen Jahrzehnten gelang es, die Genauigkeit der Strahlentherapie durch technologische Entwicklungen deutlich zu verbessern. Computergestützte Diagnoseverfahren trugen dazu bei, den Tumor besser zu lokalisieren. Zudem hat die so genannte inverse Bestrahlungsplanung mit intensitätsmodulierter und bildgeführter Dosisapplikation die tägliche Praxis der Strahlentherapie erheblich verbessert [1]. (...)
weiterlesen Simon Jacobi, Peter Kohl und Callum Michael Zgierski-Johnston • 5/2018 • Seite 21Stille Wasser sind tief
Eine neue Methode macht die mechanischen Wellen unter der Herzoberfläche sichtbar.
Eva Oberacker, Lukas Winter und Thoralf Niendorf • 4/2018 • Seite 27Eine heiße Sache
Thermische Magnetresonanz-Tomographie an der Schnittstelle zwischen Physik, Medizin und Biologie
Eine erhöhte Temperatur deutet auf eine Abwehrreaktion des Körpers hin – sei es lokal bei Entzündungsherden oder systemisch bei Fieber. Und auch in der Therapie findet Wärme Anwendung: Beispielsweise lassen sich Schmerzen mittels Infrarotbestrahlung lindern oder Tumore lokal durch Erwärmung behandeln. Hier ist eine Methode erforderlich, mit der sich die Wärme gezielt in den Körper einbringen lässt. Die sog. thermische Magnetresonanz-Tomographie bietet die einmalige Möglichkeit, die Wirkung der Temperatur im menschlichen Körper genau zu charakterisieren und im nächsten Schritt gezielt zu nutzen.
Die Temperatur ist ein physikalischer Parameter, der weitreichende biologische Implikationen besitzt und als messbare Größe in der Physiologie, Biophysik, Biologie und Medizin große Bedeutung hat. In der modernen Medizin kommen Temperaturreize bereits zum Einsatz: So dient Infrarotbestrahlung dazu, chronische Schmerzen zu lindern, beispielsweise bei der Fibromyalgie. In der Krebstherapie werden Tumore lokal mittels Erwärmung durch Ultraschall, Laser- oder Radiowellen behandelt. Doch trotz intensiver Forschung ist die genaue Wirkung der Temperatur immer noch ein Mysterium. Daher haben wir beim Verständnis, der Diagnose und in der Therapie lediglich einen Bruchteil des Potenzials ausgeschöpft.
Zwar lassen sich temperaturabhängige Prozesse unter Laborbedingungen in einzelnen Molekülen oder Zellen untersuchen. Doch in ihrem komplexen Zusammenspiel im menschlichen Körper sind die Temperaturmessung sowie der Temperaturreiz alles andere als trivial. Um die Rolle der Temperatur in biologischen Systemen zu verstehen und dieses Wissen in die klinische Diagnostik und Therapie zu überführen, ist somit eine nicht-invasive Methode nötig, mit der sich die Temperatur im menschlichen Körper modulieren und ihr Effekt charakterisieren lässt...
weiterlesen Bernd Müller • 7/2017 • Seite 58Heilung unter Druck
Reiner Sauerstoff begünstigt die Heilung von Wunden, wenn er unter hohem Druck verabreicht wird. Doch Taucher wissen: Zuviel Sauerstoff kann auch gefährlich sein.
Britta Hagmeyer, Holger Becker, Simon Werner und Martin Stelzle • 10/2016 • Seite 31Auf Herz und Nieren prüfen
Mikrofluidische Zellkultursysteme helfen bei der Wirkstoffentwicklung und ermöglichenpersonalisierte Medizin.
Die Funktionsweise von Organen lässt sich im Labor mit mikrofluidischen Zellkultursystemen simulieren, um beispielsweise die Wirkung eines Medikaments zu untersuchen. Um solche Organ-on-Chip-Systeme herzustellen und zu verwenden, ist Interdisziplinarität gefragt: Physiker, Ingenieure, (Bio-)Chemiker und Mikrotechnologen arbeiten mit Biologen, Toxikologen und Pharmazeuten zusammen.
Kaum jemand macht sich viele Gedanken über die Nebenwirkungen von Medikamenten, wenn es darum geht, lästige Kopfschmerzen zu bekämpfen oder den Blutdruck auf Normalmaß zu senken. Wir haben uns daran gewöhnt, mit chemischen Stoffen Fehlfunktionen unseres Körpers zu korrigieren und Leiden zu lindern. Erst wenn ein Medikament in Verdacht gerät, schwere Schäden zu verursachen und es medienwirksam vom Markt genommen wird, fragen wir uns, ob Versäumnisse bei den Tests die Ursache dafür sind.
Die Entwicklung von Wirkstoffen ist aber genau reguliert, und kein Pharmaunternehmen kann es sich leisten, nachlässig zu handeln. Als Konsequenz aus dem Contergan-Skandal wurde ein Zulassungsprozess eingeführt, der genau reguliert ist. Als 1957 der fragliche Wirkstoff Thalidomid auf dem Markt kam, war lediglich vorgeschrieben, ein Medikament zu registrieren. Weil der Wirkstoff für Missbildungen bei Neugeborenen verantwortlich war, wurde das Medikament vier Jahre später vom Markt genommen...
weiterlesen Thomas Stieglitz, Linda Rudmann und Juan S. Ordoñez • 5/2016 • Seite 33Mikrosysteme ins Auge gefasst
Winzige elektronische Systeme verbessern Diagnose und Rehabilitation in der Augenheilkunde.
Die Möglichkeit, komplexe elektronische Systeme zu miniaturisieren, hat in der Augenheilkunde zu neuartigen Verfahren geführt. So ist es möglich, den Augeninnendruck kontinuierlich zu messen oder biochemische Daten wie den Blutzucker zu ermitteln. Die technische, elektrische Stimulation von Zellen der Netzhaut erlaubt es, eine Erblindung zu vermeiden oder ein beschränktes Maß an Sehvermögen wiederherzustellen. Allerdings sind die Herausforderungen an Materialien und Fertigungstechniken für Medizinprodukte am und im Auge sehr hoch.
Sehen, hören, begreifen – nicht nur im Alltag erleben wir immer wieder, wie wichtig unsere Sinne sind und wie unsicher wir werden, wenn wir beispielsweise nichts sehen können. Auch in Religion und Strafgeschichte, Literatur und Film gibt es unglaubliche Geschichten, die uns anrühren und zum Staunen bringen. Zwischen dem Historienroman „Der Medicus“ von Noah Gordon und der Science Fiction Saga „Star Trek“ liegen mehr als tausend Jahre – die Beschreibung des Starstechens im Mittelalter und die Sehprothese von Jordi LaForge faszinieren jedoch gleichermaßen. Technische Hilfsmittel kommen schon seit Jahrhunderten in der Augenheilkunde zum Einsatz – Miniaturisierung und Elektrisierung haben in jüngster Vergangenheit zu großen Fortschritten und neuen Möglichkeiten geführt. Die Mikrosystemtechnik ist eine Schlüsseltechnologie für komplexe Systeme mit kleinsten Abmessungen. Welche Möglichkeiten sich hieraus für die Diagnose, Therapie und Rehabilitation von Erkrankungen des Auges bzw. des kompletten Sehsystems ergeben, erklären die folgenden Beispiele, die entweder schon als Medizinprodukt auf dem Markt verfügbar sind oder sich momentan in klinischen Studien für eine Zulassung befinden.
Zielsetzung der Medizin ist es, Krankheiten zu erkennen (Diagnostik), zu behandeln (Therapie) oder Funktionen zumindest teilweise zu ersetzen, wenn eine Heilung nicht möglich ist (Rehabilitation). Mediziner setzen in der Diagnose technische Hilfsmittel ein, um diejenigen physikalischen oder biochemischen Größen am oder im Körper zu messen, mit denen sich die jeweilige Organfunktion oder eine Abweichung vom Normalzustand am besten beschreiben lässt. Im Falle einer Therapie unterstützt die Technik beispielsweise eine Medikamentenabgabe oder stimuliert Nervenzellen elektrisch. Dabei bestimmen das biologische Zielorgan und die Erkrankung, welche Messgröße bekannt sein muss, an welcher Stelle das medizintechnische System anzuwenden ist und wie eine Wechselwirkung mit dem Zielorgan auszusehen hat. Gerade in der Augenheilkunde ist der Raum, den ein technisches System einnehmen darf, sehr begrenzt. Erst die Miniaturisierung ermöglicht daher Systeme, die klein genug sind, um sie am oder im Auge mit möglichst geringen Nebenwirkungen einzusetzen. ...
weiterlesen Kerstin Sonnabend • 12/2015 • Seite 10
Mit Kohlenstoff gegen Krebs
Maike Pfalz • 10/2015 • Seite 25Physik für Patienten
Die Medizintechnik ist eine Wachstumsbranche, in der auch viele Physikerinnen und Physiker arbeiten.
Alle Augen sind auf den Laufsteg gerichtet. Ein junger Mann schreitet ihn entlang – aufrecht und selbstbewusst, aber doch nicht ganz so elegant, wie man es vielleicht bei einer Modenschau erwarten könnte. Ein Bein bewegt sich ganz normal, beim anderen schwingt das Knie ruckartig von der Beugung zurück in die gestreckte Position. Trotz der fehlenden Eleganz sind alle Menschen rund um den Laufsteg zufrieden: Die Knieprothese funktioniert zuverlässig.
Rund 40 000 bis 60 000 Beinamputationen finden jährlich in Deutschland statt, dazu mehrere tausend Amputationen eines Arms. Jeder dieser Eingriffe bedeutet für den Betroffenen zunächst einen großen Schock und auch eine große Einschränkung. Und doch gibt es inzwischen Prothesen, die viele Körperfunktionen übernehmen, die mitdenken und den Anwendern speziell bei Amputationen der unteren Extremität ein fast normales Leben ermöglichen. Einer der größten Hersteller von Prothesen ist das Familienunternehmen Ottobock mit Sitz in Duderstadt, das der Orthopädiemechaniker Otto Bock 1919 gegründet hat, um Kriegsversehrte mit Prothesen zu versorgen. Heutzutage beschäftigt das gesamte Unternehmen weltweit mehr als 7000 Mitarbeiter. Den Geschäftsbereich „Prothetik untere Extremität Mechatronik“ leitet seit Juni 2014 der promovierte Physiker Andreas Eichler.
Zur Medizintechnik ist er eher durch Zufall gekommen: Just in dem Moment, in dem er eine neue berufliche Herausforderung gesucht hat, wurden im Zuge einer Umstrukturierung die Geschäftsbereiche „Prothetik für die obere und untere Extremität“ von Duderstadt von Wien verlagert. Eichler bewarb sich auf die Stelle des Bereichsleiters und passte als promovierter Physiker mit wirtschaftlichem Hintergrund perfekt in das Profil. „Wichtiger als mein Physikstudium waren vielleicht mein MBA und meine Produktmanagementfähigkeiten, die ich mir bei meinem letzten Arbeitgeber angeeignet habe“, verrät Andreas Eichler. Vorher war er in der Papierindustrie tätig und bei einem großen Konzern für Entwicklung, Produktmanagement und Prozesstechnologie zuständig. „Das war ein ganz anderes Produkt, aber die Abläufe und Herausforderungen waren doch sehr ähnlich“, ist Eichler überzeugt.
weiterlesen Stephan Reuter, Kai Masur, Thomas von Woedtke und Klaus-Dieter Weltmann • 10/2014 • Seite 39Kalte Plasmen in der Medizin
Der „Cocktail“ der aktiven Plasmabestandteile ist vielversprechend bei der Heilung von chronischen Wunden.
Seit den 1970er-Jahren dienen Plasmen dazu, Blutungen zu stoppen oder Medizinprodukte zu sterilisieren. Im Gegensatz zu diesen heißen Plasmen bieten kalte Plasmen, die sich an der Luft bei Umgebungsdruck betreiben lassen, neue Möglichkeiten in Therapie und medizinischer Forschung. Erste Quellen für diese Plasmen haben bereits den Status von Medizinprodukten erlangt. Großangelegte klinische Studien sollen nun den Nutzen der kalten Plasmen für die Medizin zeigen...
Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden erstmals Plasmen im medizinischen Bereich verwendet. So erzeugte Werner von Siemens in den 1850er-Jahren mithilfe eines Plasmas Ozon, um biologisch verunreinigtes Wasser aufzuarbeiten. Dieses von ihm patentierte Verfahren ist immer noch Gegenstand aktueller Forschung. Zur Jahrhundertwende und bis in die 1920er-Jahren kamen weitere medizinische Anwendungen hinzu: Kohlenstoff-Lichtbogenlampen dienten als Sonnenlichtersatz und zur „UV-Therapie“, und in den „Violett Ray Machines“ oder Hochfrequenz-Strahlapparaten erzeugten Gasentladungen in Glasröhren UV-Strahlung, elektromagnetische Wechselfelder und unter bestimmten Voraussetzungen auch kalte Plasmen auf der Haut. Diese als Allheilmittel vermarkteten Geräte waren zwar sehr eindrucksvoll, erreichten angesichts dieses Versprechens aber nicht den Status eines geprüften Medizinprodukts und verschwanden in den 1950er-Jahren.
Der bisher größte kommerzielle Erfolg von Plasmen beruht auf der Möglichkeit, biokompatible Oberflächen auf Implantaten sowie Medizinprodukten zu erzeugen oder zu funktionalisieren. Die Technologie der physikalischen Dampfabscheidung dünner Schichten wurde in den 1960er-Jahren auf breiter Basis kommerzialisiert. In der Medizin erlauben es plasmabehandelte Oberflächen z. B., die Abriebfestigkeit bei Gelenkimplantaten zu verbessern, die Anhaftung oder das Anwachsen von Zellen zu stimulieren oder eine antimikrobiell wirkende Oberfläche zu erzeugen [1]...
weiterlesen Michael Vogel • 5/2014 • Seite 44Tief ins Auge geschaut
Veränderungen an der Netzhaut weisen bereits in einem frühen Stadium auf Krankheiten hin. Mit der Optischen Kohärenztomografie lassen sie sich berührungslos und hochaufgelöst erfassen.
Kai Dierkes und Benjamin Lindner • 4/2014 • Seite 37Haariges Hören
Haarzellen im Innenohr lassen sich als aktives Nichtgleichgewichts-System auffassen.
Bis zu 15 Millionen Menschen in Deutschland klagen gelegentlich oder auch häufiger über Hörprobleme. Die möglichen Ursachen sind vielfältig, meist jedoch ist es Lärm, der die Sinneszellen im Innenohr irreversibel schädigt. Nicht nur Mediziner und Biologen erforschen das Gehör, sondern auch Physiker. Neben Forscherneugier eint sie die Hoffnung, dass unser wachsendes Verständnis für die biophysikalische Funktionsweise des Ohres auch zu neuen diagnostischen und therapeutischen Ansätzen führen kann.
Wir können außerordentlich leise Töne wahrnehmen, die sich von den lautesten (nicht hörschädigenden) Tönen um beeindruckende zwölf Größenordnungen in der Schallintensität unterscheiden. Außerdem sind wir in der Lage, Töne auseinanderzuhalten, die sich um weniger als ein Prozent in ihrer Frequenz unterscheiden (der Halbtonabstand zweier Klaviertasten entspricht etwa sechs Prozent). Bemerkenswert ist, dass sich diese Eigenschaften nicht nur in der Aktivität bestimmter Gehirnareale manifestieren, sondern schon auf rein mechanischer Ebene in der Hörschnecke, der Cochlea (Abb. 1). Die zugrundeliegenden Mechanismen sind bisher trotz vieler Fortschritte noch nicht verstanden [1, 2].
Zu den wichtigsten neueren Erkenntnissen zählt, dass sich das Ohr nicht als passiver Detektor verstehen lässt. Vielmehr zeigen Messungen mit modernsten Methoden, dass es sich bei der Gehörschnecke um einen aktiven Verstärker handelt, d. h. um ein Organ, das Energie benötigt, um seine Empfindlichkeit und Frequenzauflösung aufrecht zu erhalten [4]. Eine erstaunliche Begleiterscheinung der Aktivität ist die mechanische Erzeugung von Tönen im Ohr selbst ohne äußere Schallsignale. Diese otoakustischen Emissionen unterhalb der Hörschwelle lassen sich mit empfindlichen Mikrophonen aufzeichnen und zur medizinischen Diagnostik verwenden. Noch herrscht keine Einigkeit darüber, wie genau der aktive Verstärker im Innenohr implementiert ist. Als erwiesen gilt jedoch, dass ein spezieller Zellentyp einen seiner zentralen Elemente bildet: die Haarzellen, die erstaunliche dynamische Merkmale aufweisen. ...
weiterlesen Michael Vogel • 1/2014 • Seite 40Der Fingerhut
Um den Allgemeinzustand von Patienten zu überwachen, liefert die Sauerstoffsättigung des Blutes einen wichtigen Kennwert. Dank Pulsoxymetern geht das ohne Nadelstich.
Wolfgang Petrich • 12/2011 • Seite 35Unsichtbare Spuren im Blut
Mithilfe der Infrarot- und Raman-Spektroskopie lassen sich Marker für verschiedene Krankheiten im Blut bestimmen.
Chemische Methoden erlauben es, die Inhaltsstoffe des Blutes sehr genau zu bestimmen, und bilden daher eine unverzichtbare Säule der medizinischen Diagnostik. Da diese Methoden zum Teil recht aufwändig sind, versuchen Wissenschaftler nun, diagnoserelevante Informationen direkt aus dem Infrarot- oder Raman-Spektrum des Blutes abzuleiten. Erste Erfolge dieser reagensfreien Diagnostik bedürfen zwar noch der weiteren Überprüfung und Entwicklung, sie sind jedoch auf dem Weg zur Anwendung einen großen Schritt vorangekommen.
Blut ist ein ganz besonderer Saft – dies stand auch schon lange vor Goethes Faust außer Zweifel. Medizinisch gesehen besteht Blut aus zellulären Bestandteilen (Erythrozyten, Thrombozyten, Leukozyten) und einer Flüssigkeit, dem Plasma. Lässt man Blut stehen und zentrifugiert es anschließend, trennt es sich in einen Blutkuchen (Zellen, Fibrinogen, etc.) und eine gelblich-klare Flüssigkeit, das Serum. Wasser ist wiederum Hauptbestandteil des Serums, gefolgt von Eiweiß (Proteinen), Fett (Lipiden) und niedermolekularen Stoffen mit geringerer Konzentration. Zu letzteren gehört mit einer Konzentration von typischerweise 100 mg/dl die Glucose, der Blutzucker.
Die Konzentration der Blutbestandteile spielt häufig eine entscheidende Rolle für die Diagnostik. Beispielsweise diagnostiziert ein Arzt beim Auftreten einer Glucosekonzentration von mehr als 126 mg/dl (nach mindestens achtstündigem Fasten) Diabetes mellitus. Erhöhte Werte von Amylase und Lipase deuten auf eine entzündete Bauchspeicheldrüse hin, zu hohe Konzentrationen von Harnsäure im Blut geben einen Hinweis auf eine Nierenstörung ebenso wie erhöhte Werte für Kreatinin. Gerinnungsparameter, Hormonstatus oder Tumormarker sind ebenfalls von hoher medizinischer Relevanz. Diese Liste lässt sich lange fortsetzen. ...
weiterlesen Michael Vogel • 6/2011 • Seite 54Vorsorge gegen Grünen Star
Der Augeninnendruck dient als wichtiger Indikator, um krankhafte Veränderungen am Auge frühzeitig zu erkennen. Gemessen wird er meist auf überraschend primitive Weise.
Maike Pfalz • 9/2009 • Seite 9
Technetium: Upgrade gegen Engpass
Katja Bammel • 2/2009 • Seite 38Strahlend durchleuchtet
Mit Radionukliden lassen sich Krankheiten frühzeitig diagnostizieren und therapieren. Technetium mit seiner kurzen Halbwertszeit ermöglicht dabei eine geringe Strahlenbelastung.
Martin Hacker und Michael Kempe • 2/2009 • Seite 31Tief in die Augen geschaut
Neue Technologien stärken die Kurzkohärenzinterferometrie als wichtiges Diagnosewerkzeug.
Obwohl es nahe liegt, das Auge mit optischen Methoden zu untersuchen, war es in der Vergangenheit nicht möglich, im Augeninneren und insbesondere bei der Netzhaut medizinisch relevante tiefenaufgelöste Strukturinformation zu gewinnen. In den letzten Jahren hat sich diese Situation dank neuer Diagnoseverfahren, die auf der Interferometrie mit spektral breitbandigem bzw. zeitlich kurzkohärentem Licht beruhen, jedoch geändert. Aktuell geht die technologische Entwicklung u. a. hin zu einer Tomographie, die innerhalb von ein bis zwei Sekunden dreidimensionale Aufnahmen des Auges liefert.
Manfred Mürtz und Peter Hering • 10/2008 • Seite 37Auf Spurensuche im Atem
Höchstempfindliche Infrarot-Laserspektroskopie findet Biomarker in der Atemluft.
Atemanalysen gewähren – ähnlich wie Bluttests – Einblicke in den menschlichen Stoffwechsel. Der Mensch atmet hunderte von Substanzen aus, die meisten allerdings nur in äußerst geringen Spuren. Einige erlauben Aussagen über den Stoffwechsel oder geben Aufschluss über Krankheiten. Die Infrarot-Laserspektroskopie spürt Spurengase im Atem auf und eröffnet zahlreiche Möglichkeiten der Anwendung im Klinikalltag oder in der biomedizinschen Forschung.
Ulrich Kilian • 9/2008 • Seite 120Lasern statt bohren
In der Zahnmedizin versprechen Laser nicht nur eine schnelle Diagnostik, sondern auch die schmerzfreie Therapie.
Carsten Degenhardt und Andreas Thon • 7/2007 • Seite 23Blitzschnelle Einblicke
Funktionale Bildgebung mit der Positronen-Emissions-Tomographie entlarvt Krebs im Frühstadium.
Bildgebende Verfahren haben die Möglichkeiten von Diagnostik und Therapie revolutioniert. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) macht Körperfunktionen auf molekularer Ebene sichtbar und erlaubt es, Tumore anhand ihrer Stoffwechselaktivität schon im Frühstadium zu erkennen. Die Berücksichtigung der Flugzeit steigert die Empfindlichkeit des Detektors und liefert somit qualitativ bessere Bilder bzw. ermöglicht eine geringere Strahlenbelastung des Patienten oder eine verkürzte Untersuchungsdauer.
Katja Bammel • 5/2007 • Seite 42
Mit Druck und Laser gegen Tunnelblick
Gerhard Kraft • 2/2007 • Seite 29Schwere Geschütze gegen Krebs
Der Weg der Schwerionentherapie von den physikalischen Einsichten zur klinischen Anwendung
Krebs ist nach Kreislauferkrankungen die häufigste Todesursache. Grund genug, neue Erfolg versprechende Therapien zu entwickeln. Dazu zählt die Schwerionentherapie, insbesondere mit Kohlen-stoffionen. Jahrzehntelange Grundlagenforschung, erfolgreiche klinische Tests und das Interesse der Industrie haben nun endlich den Weg dafür geebnet, die Krebstherapie mit schweren Ionen im Klinikalltag zu etablieren.
Tobias Schaeffter • 4/2005 • Seite 29Molekulare Bildgebung in der Medizin
Die moderne Medizin zielt mehr und mehr darauf ab, Krankheiten auf der Ebene molekularer Prozesse zu verstehen. Mit spezifischen Kontrastmitteln und entsprechenden bildgebenden Verfahren ist es mittlerweile möglich, biologische Prozesse auf zellulärer und molekularer Ebene darzustellen. Das Ziel der molekularen Bildgebung ist es, krankhafte molekulare Veränderungen zu erkennen, um Krankheiten frühzeitiger diagnostizieren und Therapien besser kontrollieren zu können.