18.11.2014

67P – ein harter Brocken!

Philaes erste Analysen von Tschurjumow-Gerasimenko: feste Eisschichten und organische Moleküle.

Als Philae am 15. November 2014 um 1.36 Uhr in den Ruhezustand ging, hatte er mit Hilfe seiner Primärbatterie etliches geleistet: Über 500 Millionen Kilometer entfernt von der Erde hatte das Mini-Labor mit zehn Instrumenten an Bord nach der Atmosphäre geschnüffelt, gebohrt, gehämmert und den Kometen durchleuchtet. Dabei hatte er nach einer dreifachen Landung und einem neuen, ungeplanten Standort nicht die günstigsten Voraussetzungen. Mehr als sechzig Stunden arbeitete Philae dennoch kontinuierlich und schickte bei jeder Funkverbindung Daten. Gesteuert und kommandiert wurde er dabei aus dem Lander Control Center LCC des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Nun beginnt die aufwendige Datenauswertung. Der wissenschaftliche Leiter des DLR-Projekts, Ekkehard Kührt, ist mit den bisherigen Ergebnissen sehr zufrieden. „Wir haben viele wertvolle Daten gesammelt, die man nur in direkter Berührung mit dem Kometen erhalten kann. Zusammen mit den Messungen der Rosetta-Sonde sind wir auf einem guten Weg, Kometen besser zu verstehen. Ihre Oberflächeneigenschaften scheinen ganz anders zu sein als bisher gedacht!“

Abb.: Freude beim ROMAP-Team der TU Braunschweig – Christoph Könders, Torsten Fichna, Charlotte Götz, Manuel Senfft, Björn Fiethe, Jürgen Hesselbach, Uwe Motschmann, Karl-Heinz Glaßmeier, Cordelia Koch und Horst Wohl. (Bild: TU BS)

Fest wie Eis ist Tschurjumow-Gerasimenko, schätzt das Team der Thermalsonde MUPUS, deren Sonde sich in den Kometen hämmern sollte: „Obwohl die Leistung des Hammers stufenweise erhöht wurde, konnten wir sie nicht tief in den Boden fahren“, erläutert Tilman Spohn vom DLR-Institut für Planetenforschung, der das Forscherteam des Multi-Purpose Sensors for Surface and Sub-Surface Science leitet. Kurz nach der dreifachen Landung konnten die Wissenschaftler nur hoffen, dass Lander Philae in einer Position aufsetzt, die das Hämmern erlaubt. Zum ersten Mal konnte mit MUPUS jedoch direkt auf einer Kometenoberfläche deren Festigkeit untersucht werden – und „Tschuri“ erwies sich überraschenderweise als harter Brocken. „Wir haben reiche Ernte eingefahren und müssen diese Daten jetzt noch alle analysieren“, betont Spohn. Lediglich die Thermalsensoren und Beschleunigungsmessern in den Ankern kamen nicht zum Einsatz, da diese bei der Landung nicht ausgelöst wurden, um Philae auf der Kometenoberfläche zu fixieren.

Auch das Team des Surface Electrical, Seismic and Acoustic Monitoring Experiments SESAME kann bereits jetzt bestätigen, dass 67P bei weitem nicht so weich und fluffig ist, wie man es angenommen hatte. „Die Festigkeit der Eisschicht unter einer Staubschicht am ersten Landeplatz ist überraschend hoch", sagt Klaus Seidensticker vom DLR-Institut für Planetenforschung. Das Instrument CASSE, das in den Füßen des Landers sitzt, wurde bereits beim ersten Abstieg eingeschaltet und registrierte deutlich den Erstkontakt mit dem Kometen. Aus den weiteren Daten sollen Tschuris mechanische Eigenschaften abgeleitet werden. Zwei weitere Instrumente von SESAME lassen auf eine derzeit noch geringe Aktivität des Kometen an dieser Landestelle sowie auf eine größere Menge Wassereis unter dem Lander schließen.

Als letzte der zehn Instrumente wurde der Bohrer SD2 aktiviert, der Bodenproben für die Instrumente COSAC und PTOLEMY zur Verfügung stellen sollte. Sicher ist, dass der Bohrer ausgefahren wurde und alle Arbeitsschritte abarbeitete, um eine Probe in den dafür vorgesehenen Ofen zu transportieren. Auch COSAC funktionierte wie geplant. Nun müssen die Wissenschaftler die gewonnen Daten analysieren, um herauszufinden, ob eine Bodenprobe tatsächlich in ihrem Gas-Chromatographen untersucht wurde. Geschehen soll dies in Zusammenarbeit mit mehreren Instrument-Teams: Hat CASSE das Bohren gehört? Auf welche Bodenfestigkeit ist MUPUS beim Hämmern gestoßen? Mit welcher Kraft kam Bohrer SD2 zum Einsatz? „Wir haben zurzeit noch keine Informationen über Menge und Gewicht der Bodenprobe", sagt Fred Goesmann vom MPI für Sonnensystemforschung. Allerdings konnte COSAC bereits nach der Landung die Atmosphäre „erschnüffeln“ und die ersten organischen Moleküle aufspüren. Die Analyse der Spektren und die Identifikation der Moleküle laufen zurzeit.

Einer der großen Gewinner der Philae-Landung ist Stefano Mottoloa der für die Kamera ROLIS verantwortlich ist. Das Instrument an der Unterseite der Kamera nahm bereits während des ersten Abstiegs Fotos auf, die den geplanten Landeplatz Agilkia zeigen. Aber auch nach der dritten Landung konnte ROLIS erneut aktiviert werden und Aufnahmen der Kometenoberfläche aus nächster Nähe anfertigen. Somit liegen dem Team nun Daten für gleich zwei verschiedene Standorte auf dem Kometen vor.

Abb.: So hätte Philae auf dem geplanten Landeplatz Agilkia stehen sollen, den genauen, endgültigen Standort gilt es noch, auf Rosetta-Aufnahmen zu finden. (Bild: ESA / ATG medialab)

Auch für das Comet Nucleus Sounding Experiment by Radio-wave Transmission CONSERT konnten reichlich Daten gewonnen werden: Dabei befanden sich Lander und Orbiter auf unterschiedlichen Seiten des Kometen und durchleuchteten gemeinsam den Kometenkern, um ein dreidimensionales Profil des Kerns zu erstellen. Mit den CONSERT-Messungen verabschiedete sich Philae auch in den Winterschlaf, nachdem die Energie seiner Primärbatterie wie berechnet erschöpft war. Diese Batterie war bereits in aufgeladenem Zustand mit durchs All geflogen, um die erste wissenschaftliche Arbeitsphase sicherzustellen.

„Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass Philae wieder Kontakt mit uns aufnimmt und wir erneut die Instrumente betreiben können“, sagt Lander-Projektleiter Stephan Ulamec vom DLR. Wenn sich die wiederaufladbare Sekundärbatterie des Landers durch die Sonneneinstrahlung wieder aufgewärmt hat, meldet sich Philae selbstständig und das LCC-Team nimmt seine Arbeit an den Steuerkonsolen erneut auf. „Auf dem ersten Landeplatz hätten wir dazu natürlich bessere Beleuchtungsbedingungen vorgefunden", sagt Ulamec. „Jetzt stehen wir etwas schattiger und werden für das Aufladen länger benötigen.“ Ein Vorteil des schattigeren Landeplatzes an einem Kraterrand: Philae wird bei der Annäherung an die Sonne nicht so schnell überhitzen, sondern von der stärkeren Sonneneinstrahlung profitieren. Dafür drehte das Lander-Kontrollteam Philae in der Nacht von Freitag auf Samstag, um das größte Solarpaneel in Richtung Sonne auszurichten.

Wahrscheinlich im Frühjahr 2015, so schätzt Ulamec, kann das LCC wieder mit Philae kommunizieren und eine kurze Rückmeldung erhalten, wie es dem Lander auf 67P geht. Im Sommer 2015 könnten dann auf dem Kometen Temperaturen herrschen, die es Philae erlauben, seine Batterie aufzuladen. „Rosetta wird bei seinen Überflügen auf Empfang sein und hören, sobald Philae wieder aus dem Winterschlaf aufwacht.“

DLR / OD

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