03.08.2005

Albtraum Columbia

Die Discovery-Mission wird zum Weltraum-Abenteuer. Eine bisher einmalige Reparatur ist offenbar notwendig.


 

Die Discovery-Mission wird zum Weltraum-Abenteuer. Eine bisher einmalige Reparatur ist offenbar notwendig.

Washington (dpa) - Alle zeigen sich ganz cool: NASA-Manager Wayne Hale spricht vor der bislang beispiellosen Reparatur der Raumfähre «Discovery» im All lächelnd von einem «ganz einfachen Plan». Und Shuttle-Kommandantin Eileen Collins meinte gelassen, das geplante Festmahl mit den Mannschaft der Internationalen Weltraumstation ISS werde halt auf die kommenden Tage verschoben, damit man den dritten Weltraum-Ausstieg der Astronauten vorbereiten könne.

Aber dieser Einsatz im All zur Notreparatur am Bauch der Raumfähre ist spektakulär, einmalig in der 25-jährigen Geschichte der Raumfähren. Die «New York Times» sprach von einem «Markstein für Weltraumausflüge». Denn noch nie wurde im Verlauf einer Mission eine solche Reparatur durchgeführt. Die Reise der sieben US-Astronauten zur Raumstation ISS, die wegen technischer Probleme mehrfach verschoben werden musste, wird immer mehr zu einem ungewollten Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Auch eine weitere Verschiebung der Rückkehr der «Discovery», die nach den jüngsten Plänen für Montag geplant ist, wird nunmehr diskutiert.

Hale, der rundliche, stets freundliche stellvertretende Manager des Shuttle-Programms, sprach es offen an: Auf allen lastet der Albtraum des Schicksals der «Columbia», die 2003 wegen beschädigter Hitzeschildkacheln beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühte. Alle sieben Astronauten starben. «Wir wollen ein gutes Gewissen haben», begründete Hale nun die geplante Aktion - denn auch nach tagelangem Studium der Schäden an der «Discovery»-Schutzhaut herrsche bei der NASA «große Unsicherheit», ob diese wirklich lebensgefährlich werden könnten.

Niemand könne die aerodynamischen Kräfte abschätzen, wenn die «Discovery» in 60 Kilometern Höhe mit 18facher Schallgeschwindigkeit in die Erdatmosphäre rase. Der Hitzeschild ist dann Temperaturen von mehr als 1200 Grad Celsius ausgesetzt. «Während des Wiedereintritts in die Atmosphäre könnte alles normal verlaufen, oder einige schlechte Dinge könnten passieren», formulierte Hale umständlich.

Um jedes Risiko auszuschließen, wird Astronaut Stephen Robinson am Mittwoch versuchen, an einem 33 Meter Kranarm hängend, die heraus stehenden Füllstreifen am Bauch der Fähre mit der Hand zu entfernen. Der 49-jährige Ingenieur aus Sacramento (Kalifornien) soll das abstehende Material schlicht abpflücken. Falls das nicht klappt, müsste er mit einer Art Säge ans Werk gehen. Scheitert auch das, hat er eine speziell für den Weltraum entwickelte Schere, mit der er die wenige Zentimeter heraus schauenden Füll-Stoffe abschneiden soll.

Die NASA weiß allerdings, dass bei der Reparatur zerbrechliche Schutzkacheln beschädigt werden könnten - was die Situation weiter verschlimmern würde. Die russischen Weltraum-Partner haben schon verkündet, dass sie kein geeignetes Fluggerät hätten, um die US- Astronauten sicher zur Erde zurückbringen zu können.

Heraus hängendes Füllmaterial hat es nach Auskunft der NASA schon immer gegeben - aber die Stücke wurden bis zum tragischen Ausgang der «Columbia»-Mission nicht als ernsthafte Gefahr betrachtet. «Die Geschichte der Fähren ist von einem unglaublichen Glück geprägt», meinte Weltraumexperte Rick Tumlinson in einem CNN-Interview. Auch Hale gab zu, dass «das Columbia-Unglück uns klar gemacht hat, dass wir mit den Shuttle-Crews russisches Roulette gespielt haben».

Tumlinson allerdings kritisierte die NASA scharf: Es sei für die NASA beschämend, dass sie 30 Monate nach dem «Columbia»-Unglück noch immer nicht «die wirklichen Probleme der Fähren hat lösen können». Es sei endlich Zeit, das ganze Programm mit der bisherigen Shuttle-Generation zu beenden. Allerdings plant die NASA noch bis zu 15 Flüge im Rahmen des Shuttle-Programms - ohnehin weniger als international vereinbart.

Laszlo Trankovits, dpa

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