14.05.2012

Astronomische Scheidungsraten

Bonner Astrophysiker berechnen, wie Doppelsterne ihre Partner verlieren und als Einzelsterne weiterziehen.

Nicht alle Sterne sind Einzelgänger - viele sind in Sternhaufen durch die Anziehungskraft aneinander gebunden. Ein Großteil der Sterne führt einen Partner mit sich. Aber warum reisen einige lieber allein durch diese Gruppen von Sternen, während andere als „Doppelsterne“ dort ihre Bahnen ziehen? Astronomen vom Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn haben eine Antwort auf diese Frage gefunden und erhalten mit einer geschickten Methode interessante Einblicke in die Entstehung von Sternhaufen.

Abb.: Der junge Sternhaufen NGC 3603 in einem der Spiralarme der Milchstraße ist rund 20.000 Lichtjahre entfernt. In dem dichten Kern des Haufens trennen sich Doppelsterne in ihre Komponenten. (Bild: NASA / STScI)

„Sterne entstehen im Allgemeinen nicht isoliert im Weltraum, sondern werden zeitgleich in Sternhaufen zusammen mit anderen Sternen geboren“, erklärt Pavel Kroupa vom Argelander-Institut für Astronomie (AIfA) der Universität Bonn. „Diese Sternen-Kreißsäle produzieren Doppelsterne - das heißt so gut wie jeder neu entstehende Stern hat einen Partner zum Zeitpunkt seiner Geburt.“ Wenn sich Doppelsterne durch diese Kreißsäle bewegen, interagieren sie durch die Massenanziehung mit anderen Sternen. „Dadurch kann ein Doppelstern aufgespalten werden, dann bleiben zwei Einzelsterne zurück – ganz ähnlich wie ein Tanzpaar getrennt werden kann, nachdem es mit anderen Tänzern in einem überfüllten Ballsaal zusammengestoßen ist“, veranschaulicht Kroupas Mitarbeiter Michael Marks. Aus diesem Grund verringert sich der Anteil der Doppelsterne in einem Sternhaufen mit der Zeit.

Die Stern-Geburtsstätten sind unterschiedlich dicht gefüllt. Wenn mehr Doppelsterne in einer bestimmten Region entstehen, begegnen sich Sternpaare öfter als sie es in einer weniger dicht besiedelten Region tun. Dies führt zu mehr Wechselwirkung zwischen den Doppelsternen in dicht gepackten Sternentstehungsgebieten und Doppelsterne können in Einzelsterne aufgebrochen werden, falls die Begegnung stark genug ist. „Wie die resultierende Einzel- und Doppelsternbevölkerung in einem Sternhaufen aussieht, ist also durch die anfängliche Dichte eindeutig vorgeschrieben“, weiß Kroupa.

Astronomen haben die Doppelsternbevölkerung in verschiedenen Umgebungen genauestens mit ihren Teleskopen kartiert. Die Bonner Forscher haben Berechnungen mit modernsten Computerprogrammen durchgeführt, die die Zusammensetzung von Einzel- und Doppelsternen in unterschiedlich dichten Gebieten berechnen, und die Ergebnisse mit Beobachtungsdaten verglichen. Damit war es möglich, Rückschlüsse auf die Eigenschaften der beobachteten Regionen zum Zeitpunkt ihrer Entstehung zu ziehen.

„Obwohl Sternhaufen unterschiedlich schwer sind, zeigen die Ergebnisse, dass sie alle in etwa die gleiche Ausdehnung bei ihrer Geburt hatten“, beschreibt Kroupa die überraschenden Ergebnisse. Dies deutet darauf hin, dass alle Sternhaufen unabhängig von ihrer Masse auf eine sehr ähnliche Art und Weise entstanden sind und sich erst danach unterschiedlich weiterentwickelten. Nach den Ergebnissen der Bonner Astrophysiker sind die Geburtsstätten der Sternhaufen sehr klein, mit einer Ausdehnung von nur ungefähr einem Lichtjahr, etwa das 800-fache des Durchmessers unseres Sonnensystems. „Zum ersten Mal konnten wir berechnen, dass in einem Raum von nur einem Kubik-Lichtjahr zwischen eine Million und zehn Millionen Sterne entstehen können“, sagt Marks. Die Ergebnisse der Wissenschaftler decken sich erstaunlich gut mit den Beobachtungen dichter Gaswolken, in denen die Entstehung von vielen Sternen vermutet wird.

U. Bonn / OD

Weitere Infos

Video: Dynamische Auflösung von Doppelsternen (zur Illustration der Veröffentlichung von Marks & Kroupa, 2012, A&A, in press. Sterne entstehen in Sternhaufen in der Regel in Doppelsternen. Wäre ein Doppelstern völlig isoliert, bleibt er auf Dauer gebunden. In einem kompakten Sternhaufen jedoch kommt es sehr häufig zu engen Begegnungen. Der Film zeigt den typischen Verlauf einer solchen Begegnung von zwei Doppelsternen (rot-grün und blau-lila). Infolge der Schwerkraftwechselwirkungen schrumpft ein Doppelstern (rot-grün). Die frei werdende Bindungsenergie führt zum Aufbruch des anderen Doppelsterns. Zwei schnelle Einzelsterne (blau und lila) werden frei gesetzt. Dieser Prozess sorgt dafür, dass die Menge an Doppelsternen in einem jungen Sternhaufen rasch abnimmt.

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