Auf zum Mond!

50 Jahre nach Apollo 11 forcieren mehrere Staaten Pläne für eine Rückkehr zum Mond.

Der Mond gilt als der am besten erforschte Himmelskörper – warum also die ganze Aufregung um neue astronautische Missionen dorthin?  Und: Was wird das alles kosten? Diese Fragen treiben derzeit die Weltraumagenturen, Interesseverbände, Wissenschaftler und Industrie um. Die Mondforscher sind sehr nahe daran, eine kohärente Antwort zu liefern und sollten dies auch bald tun, um das Engagement des Hauptinvestors nicht zu verlieren: das der Bürger.

Buzz Aldrin nach dem Aufstellen des Mond-Seismometers (Foto: NASA).
Buzz Aldrin nach dem Aufstellen des Mond-Seismometers (Foto: NASA).

Die Mondforschung hat ein hohes Nutzungspotenzial. Es geht zwar hauptsächlich um Grundlagenforschung, aber auch um neue Technologien und Inspiration der nächsten Generation von Ingenieuren, Wissenschaftlern, Managern und Lehrern beiderlei Geschlechts. Die heutige Weltraumforschung besteht im astronautischen Teil aus den Aktivitäten auf der Internationalen Raumstation ISS  und im robotischen Teil aus Forschung mit Sonden und Weltraumteleskopen. Die neue Welle der Mondforschung wird deutlich breiter aufgestellt sein: Geologie, Astronomie, Technologieforschung, Humanphysiologie, Teilchenphysik und viele weitere Disziplinen werden von ihr profitieren.

Die Ankündigung der US-Regierung im März 2019, der nächste Mann und die erste Frau auf dem Mond werden Amerikaner sein, sind zwar hauptsächlich politisch motiviert, das wissenschaftliche Interesse am Erdtrabanten ist jedoch ebenso ungebrochen. Die Konkurrenz zu China treibt die amerikanischen Bestrebungen an, wie damals die Konkurrenz zur Sowjetunion die Apollo-Missionen. Aber schon diese waren wegen der reichlichen wissenschaftlichen Ausbeute der Mondproben keine rein politische Initiative.

Europa ist im Vergleich zur NASA trotz eines deutlich geringeren Budgets gut aufgestellt, eine signifikante Rolle zu spielen. Während in den vergangenen Jahren der Fokus des US-Programms auf Marsmissionen lag, hat die Europäische Weltraumorganisation ESA konsequent mit Japan und Kanada als Partnern an Missionskonzepten gearbeitet, die neue Möglichkeiten bieten: entweder eine multilaterale Beteiligung an den von den USA geführten astronautischen Missionen oder eine von Europa geführte und von Japan und Kanada mitgetragene robotische Mission namens Heracles. Der Vorschlag für Heracles wurde von allen Partnern als machbar begutachtet und liegt zur Entscheidung für die Umsetzung vor.

In den letzten Jahren wurde das Konzept einer Station in der Mondumlaufbahn, das Lunar Gateway, entwickelt. Es stellt verschiedene Funktionen zur Verfügung, wie die Montage mehrerer Module einer Mondfähre, deren Betankung, den Transfer von Astronauten und Proben von der Mondfähre zu einem Raumschiff und das Kommunikationsrelais zur erdabgewandten Seite des Mondes, ohne das Mondmissionen in der Mitte der 2020er nicht machbar sind. Die Heracles-Mission würde den Lunar Gateway als Kommunikationsrelais und für den Transfer von Gestein in das Raumfahrzeug zur Rückführung zur Erde nutzen.

Einige Fachleute halten den Lunar Gateway angesichts des knappen Zeitplans für einen überflüssigen Zwischenschritt. Allerdings übersieht dieses Argument, dass alle existierenden oder kurzfristig verfügbaren Elemente, wie die neue Schwerlastrakete Space Launch System, Raketen der privaten Anbieter wie SpaceX und Blue Origin und vor allem das neue Raumfahrzeug der NASA Orion, nur für eine Mission mit einer Zwischenstation in der Mondumlaufbahn konzipiert sind. Vorsichtige Kostenschätzungen zeigen, dass die Umsetzung eines astronautischen Mondprogramms global gesehen etwa ein Fünftel der Kosten des Apollo-Programms ausmachen würde.

Die Mondforschung muss sich nun hinter einem realistischen, zeitnahen und nachhaltigen Konzept versammeln. Die augenblickliche geopolitische Lage bietet ein einzigartiges – jedoch kurzes – Fenster, um faszinierende, inspirierende und nutzbringende Missionen umzusetzen. Sicher würde eine Astronautin oder ein Astronaut aus Europa auf dem Mond eine solche Mission populär machen. Dies könnte durch das robotische Heracles-Programm vorbereitet werden, das an sich schon signifikante wissenschaftliche Ergebnisse verspricht. Die Zeit für Folien und Papierstudien ist vorbei – es ist Zeit, die Aluminiumfräsen anzuwerfen.

Markus Landgraf, ESA und TU Darmstadt

Dieser Essay kommentiert einen Artikel über die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die aus den Analysen der Mondproben gezogen werden konnten. Er ist in der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit erschienen.  

 

Originalveröffentlichnungen

M. Landgraf, Auf zum Mond, Phys. Unserer Zeit 50(4), 159 (2019); https://doi.org/10.1002/piuz.201970402

H. Hiesinger, Mondgestein – Archiv des Sonnensystems, Phys. Unserer Zeit 50(4), 170 (2019); https://doi.org/10.1002/piuz.201901544

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