29.06.2020

Auger-Effekt in Quantenpunkten

Experimenteller Nachweis hilft beim Verständnis von Strukturen für die Quantenkommunikation.

Forscher aus Basel, Bochum und Kopenhagen haben neue Einblicke in die Energie­zustände von Quantenpunkten gewonnen. Diese Halbleiter-Nano­strukturen sind vielver­sprechende Kandidaten für die grundlegenden Informations­einheiten für eine Quantenkommunikation. Die Wissenschaftler bestätigten mit ihren Experimenten gewisse Energie­übergänge in Quantenpunkten, die zuvor nur theoretisch vorhergesagt waren: den strahlenden Auger-Prozess. Für die Unter­suchungen verwendeten sie spezielle Proben, die das Team vom Lehrstuhl für Angewandte Festkörper­physik der Ruhr-Univer­sität Bochum hergestellt hatte.

Abb.: Schematische Dar­stellung eines geladenen Exzitons, einem angeregten...
Abb.: Schematische Dar­stellung eines geladenen Exzitons, einem angeregten Zustand aus zwei Elektronen und einem Loch in einem Quanten­punkt. (Bild: A. Ludwig, RUB)

Um einen Quantenpunkt herzustellen, nutzen die Bochumer Forscher selbst­organisierende Vorgänge beim Kristall­wachstum. Dabei erzeugen sie Milliarden von nanometer­großen Kristallen aus beispielsweise Indium­arsenid. In diesen können sie Ladungsträger, etwa ein einzelnes Elektron, einsperren. Interessant für die Quanten­kommunikation ist dieses Konstrukt, weil sich mithilfe des Ladungs­träger-Spins Informationen codieren lassen. Für diese Codierung ist es nötig, den Spin von außen manipulieren und auslesen zu können. Beim Auslesen kann eine Quanten­information zum Beispiel in die Polarisation eines Photons eingeprägt werden. Dieses trägt die Information dann mit Licht­geschwindigkeit weiter und kann zur Quanten­informations­übertragung genutzt werden. Daher interessieren sich Wissen­schaftler beispiels­weise dafür, was genau im Quantenpunkt passiert, wenn Energie von außen auf das künstliche Atom eingestrahlt wird.

Beim Auger-Prozess gibt ein hoch­energetisches Elektron all seine Energie an die anderen Elektronen im Atom ab. Dieser Effekt wurde 1922 von Lise Meitner und Pierre Victor Auger entdeckt. Etwa ein Jahrzehnt später beschrieb der Physiker Felix Bloch den strahlenden Auger-Prozess. Dabei teilt das angeregte Elektron seine Energie auf ein anderes Elektron im Atom und ein Photon auf. Ein Halbleiter-Quantenpunkt ähnelt einem Atom in vielerlei Hinsicht. Allerdings war der strahlende Auger-Prozess bislang nur theoretisch für Quanten­punkte vorhergesagt worden. Den experi­mentellen Nachweis erbrachten nun Matthias Löbl und Richard Warburton aus Basel, zusammen mit Kollegen aus Bochum und Kopenhagen. Sie wiesen den strahlenden Auger-Prozess im kleinst­möglichen System von einem Elektron und einem Photon nach. Damit zeigten sie erstmals eine Verbindung zwischen diesem Prozess und der Quanten­optik. Sie belegten, dass quantenoptische Messungen mit dem strahlenden Auger-Prozess nützlich sein können, um die Dynamik einzelner Elektronen zu untersuchen.

Mithilfe des strahlenden Auger-Effekts können die Wissenschaftler die Struktur der quanten­mechanischen Energie­niveaus, die einem einzelnen Elektron im Quantenpunkt zur Verfügung stehen, außerdem präzise bestimmen. Bisher war das nur indirekt über Berechnungen in Kombination mit optischen Methoden möglich. Nun ist ein direkter Nachweis gelungen. Das hilft, das quanten­mechanische System besser zu verstehen. Um ideale Quantenpunkte für verschiedene Anwendungen zu finden, müssen Fragen untersucht werden wie: Wie viel Zeit verharrt ein Elektron in dem energetisch angeregten Zustand? Welche Energie­niveaus bildet ein Quantenpunkt? Und wie kann das mittels Herstellungs­verfahren beeinflusst werden?

Den Effekt beobachtete die Gruppe nicht nur in Quanten­punkten in Indium­arsenid-Halbleitern. Dem Bochumer Team um Julian Ritzmann, Arne Ludwig und Andreas Wieck gelang es auch, einen Quantenpunkt aus dem Halbleiter Gallium­arsenid herzustellen. Bei beiden Materialien konnten die Wissen­schaftler Quantenpunkte mit sehr stabilen Umgebungen erzeugen, was entscheidend war, um den strahlenden Auger-Prozess nachzuweisen. Bereits seit vielen Jahren arbeitet die Gruppe an der Ruhr-Universität Bochum an den optimalen Bedingungen für stabile Quanten­punkte.

RUB / JOL

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