Auger-Effekt in Quantenpunkten
Experimenteller Nachweis hilft beim Verständnis von Strukturen für die Quantenkommunikation.
Forscher aus Basel, Bochum und Kopenhagen haben neue Einblicke in die Energiezustände von Quantenpunkten gewonnen. Diese Halbleiter-Nanostrukturen sind vielversprechende Kandidaten für die grundlegenden Informationseinheiten für eine Quantenkommunikation. Die Wissenschaftler bestätigten mit ihren Experimenten gewisse Energieübergänge in Quantenpunkten, die zuvor nur theoretisch vorhergesagt waren: den strahlenden Auger-Prozess. Für die Untersuchungen verwendeten sie spezielle Proben, die das Team vom Lehrstuhl für Angewandte Festkörperphysik der Ruhr-Universität Bochum hergestellt hatte.
Um einen Quantenpunkt herzustellen, nutzen die Bochumer Forscher selbstorganisierende Vorgänge beim Kristallwachstum. Dabei erzeugen sie Milliarden von nanometergroßen Kristallen aus beispielsweise Indiumarsenid. In diesen können sie Ladungsträger, etwa ein einzelnes Elektron, einsperren. Interessant für die Quantenkommunikation ist dieses Konstrukt, weil sich mithilfe des Ladungsträger-Spins Informationen codieren lassen. Für diese Codierung ist es nötig, den Spin von außen manipulieren und auslesen zu können. Beim Auslesen kann eine Quanteninformation zum Beispiel in die Polarisation eines Photons eingeprägt werden. Dieses trägt die Information dann mit Lichtgeschwindigkeit weiter und kann zur Quanteninformationsübertragung genutzt werden. Daher interessieren sich Wissenschaftler beispielsweise dafür, was genau im Quantenpunkt passiert, wenn Energie von außen auf das künstliche Atom eingestrahlt wird.
Beim Auger-Prozess gibt ein hochenergetisches Elektron all seine Energie an die anderen Elektronen im Atom ab. Dieser Effekt wurde 1922 von Lise Meitner und Pierre Victor Auger entdeckt. Etwa ein Jahrzehnt später beschrieb der Physiker Felix Bloch den strahlenden Auger-Prozess. Dabei teilt das angeregte Elektron seine Energie auf ein anderes Elektron im Atom und ein Photon auf. Ein Halbleiter-Quantenpunkt ähnelt einem Atom in vielerlei Hinsicht. Allerdings war der strahlende Auger-Prozess bislang nur theoretisch für Quantenpunkte vorhergesagt worden. Den experimentellen Nachweis erbrachten nun Matthias Löbl und Richard Warburton aus Basel, zusammen mit Kollegen aus Bochum und Kopenhagen. Sie wiesen den strahlenden Auger-Prozess im kleinstmöglichen System von einem Elektron und einem Photon nach. Damit zeigten sie erstmals eine Verbindung zwischen diesem Prozess und der Quantenoptik. Sie belegten, dass quantenoptische Messungen mit dem strahlenden Auger-Prozess nützlich sein können, um die Dynamik einzelner Elektronen zu untersuchen.
Mithilfe des strahlenden Auger-Effekts können die Wissenschaftler die Struktur der quantenmechanischen Energieniveaus, die einem einzelnen Elektron im Quantenpunkt zur Verfügung stehen, außerdem präzise bestimmen. Bisher war das nur indirekt über Berechnungen in Kombination mit optischen Methoden möglich. Nun ist ein direkter Nachweis gelungen. Das hilft, das quantenmechanische System besser zu verstehen. Um ideale Quantenpunkte für verschiedene Anwendungen zu finden, müssen Fragen untersucht werden wie: Wie viel Zeit verharrt ein Elektron in dem energetisch angeregten Zustand? Welche Energieniveaus bildet ein Quantenpunkt? Und wie kann das mittels Herstellungsverfahren beeinflusst werden?
Den Effekt beobachtete die Gruppe nicht nur in Quantenpunkten in Indiumarsenid-Halbleitern. Dem Bochumer Team um Julian Ritzmann, Arne Ludwig und Andreas Wieck gelang es auch, einen Quantenpunkt aus dem Halbleiter Galliumarsenid herzustellen. Bei beiden Materialien konnten die Wissenschaftler Quantenpunkte mit sehr stabilen Umgebungen erzeugen, was entscheidend war, um den strahlenden Auger-Prozess nachzuweisen. Bereits seit vielen Jahren arbeitet die Gruppe an der Ruhr-Universität Bochum an den optimalen Bedingungen für stabile Quantenpunkte.
RUB / JOL