14.07.2005

Auslaufmodell ISS?

Ist die Raumstation schon vor ihrer Vollendung ein Auslaufmodell? Die Amerikaner schauen weit voraus.


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Ist die Raumstation schon vor ihrer Vollendung ein Auslaufmodell? Die Amerikaner schauen weit voraus.

Cape Canaveral/Washington (dpa) - Am Ende waren die Wettergötter gnädig, doch der Teufel steckte im elektronischen Detail. Dass unter dem Blick eines gespannt wartenden Weltpublikums ein kleiner Sensor den großen Shuttle-Start verhindern würde, war ungeplant. Wenn den NASA-Ingenieuren das peinlich war, ließen sie es sich nicht anmerken. «Wir werden uns die Zeit nehmen, die Ursache zu finden», versicherte der stellvertretende Manager des Shuttle-Programms, Wayne Hale, der sich wie seine Kollegen vor der Presse betont gelassen gab. «Wir fliegen nicht, bis es ganz sicher ist», sagte er.

Der anfällige Sensor, der kurz zuvor beim Betanken ausgefallene Lüfter, eine Fensterverkleidung, die einem Tag vorm Start vom Cockpit fiel und das Heck beschädigte - gute Omen für die Rückkehr der NASA zur bemannten Raumfahrt sind das nicht. «Das Space Shuttle kommt im Augenblick wegen grundlegender Konstruktionsnachteile an seine Grenzen», sagte Ulrich Walter, Professor für Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München, der «Netzeitung». Die ganze internationale Raumstation steht auf dem Prüfstand.

«Verschrottet die Station», fordert das libertäre Cato-Institut in Washington. Es sei kein Nutzen für den Steuerzahler zu erwarten. Sollten die Russen ab April 2006 auf die längst vereinbarten Gebühren für die Bereitstellung der Sojus-Rettungskapseln bestehen, sieht auch NASA-Direktor Michael Griffin schwarz. «Wenn keine Lösung gefunden wird, können amerikanische Astronauten nicht mehr für längere Einsätze in der Station bleiben», sagte er im Juni vor dem Wissenschaftsausschuss im Repräsentantenhaus.

Die Raumstation schon vor der Vollendung als Auslaufmodell? Seit Präsident George W. Bush Anfang 2004 seine Vision mit Flügen zu Mond und Mars verkündete, fragen sich viele, wie sehr die USA sich dem Gemeinschaftsprojekt ISS noch verpflichtet fühlen. Noch steht die NASA im Wort, zum Ausbau der Station beizutragen. 28 Flüge sind geplant, und nur die Shuttles sind dafür ausgestattet, die großen Bauteile ins All zu fliegen. Griffin will das Programm auf 16 bis 24 Flüge reduzieren. «Ich arbeite hart an einem Programm, um die Shuttles durch neue Weltraumfähren zu ersetzen», sagte er diese Woche - solche, die eben bis zum Mond und Mars fliegen können.

Griffin garantiert nicht einmal, dass alle Bauteile wie geplant ins All gebracht werden: «Wir arbeiten an einem Plan. Der ist noch nicht fertig», sagte er in einem Zeitungsinterview. Das ließe die Europäer in die Röhre schauen, zum Beispiel EADS Space in Bremen. Das dort gebaute Weltraumlabor «Columbus» hat es zwar schon auf einer 10-Euro-Silbermünze zu Ehren gebracht, dümpelt ansonsten aber in Bremen vor sich hin. Es sollte schon im Oktober 2004 zur ISS gebracht werden.

Gleichzeitig könnte das neue Raumgefährt für Deutschland ungeahnte Raumfahrer-Ehren bringen: die Bremer tüfteln im Verbund mit Lockheed Martin entscheidend am Design mit. Wer den Auftrag bekommt, entscheidet sich im April 2006.

Das Modell internationaler Weltraumkooperation, konzipiert im Kalten Krieg, könnte bald ausgedient haben. Längst haben die Chinesen Weltraumambitionen angemeldet, Indien und Japan erforschen Mond und Mars-Expeditionen, und die Europäer haben dafür ihr Aurora-Programm aufgelegt. Keiner ist mehr völlig auf die NASA angewiesen. Das ist auch den Amerikanern bewusst. Wenn die Shuttles 2010 ins Museum wandern und die Ersatzflieger erst vier Jahre später zur Verfügung stehen, entsteht eine gefährliche Lücke. «Das muss verhindert werden, wenn die USA die führende Nation der Weltraumforschung bleiben wollen», forderte bereits die Vorsitzende des Senatsausschusses für Wissenschaft, Kay Bailey Hutchison.

Christiane Oelrich, dpa

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