Auszeichnung für Quantenmathematiker
Moritz Weber erhält den Von-Kaven-Ehrenpreis 2021.
Moritz Weber erforscht an der Universität des Saarlandes die Unbekannten in der „Gleichung“ des Quantenkosmos. Sein Gebiet ist die Quantenmathematik. Für seine Erkenntnisse zu Quantengruppen und Quantensymmetrien zeichnet die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) den Heisenberg-Professor mit dem Von-Kaven-Ehrenpreis 2021 aus. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird am 6. Dezember im Rahmen der Gauß-Vorlesung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV) in Bremen verliehen.
„Die Quantenphysik ist derzeit noch nicht an dem Punkt angekommen, an dem sie das nutzen kann, was wir erforschen“, sagt Moritz Weber. Der Heisenberg-Professor, der an der Universität des Saarlandes lehrt und forscht, befasst sich mit der Mathematik von morgen. Für seine Erkenntnisse schlägt die Stunde erst in der Zukunft: Er bereitet den Boden für die künftige Quantenphysik. „Auf lange Sicht ist unser Ziel, der Quantenphysik zu helfen, Experimente zu modellieren und außerdem auch zu verstehen, warum ein Experiment erfolgreich ist oder nicht“, erklärt er.
Hierfür betreibt Weber Grundlagenforschung im Bereich der Quantengruppen an der Schnittstelle von Analysis, Algebra und Kombinatorik. Er erforscht Quantensymmetrien und begibt sich dabei auch auf die Spur der Quanteninformationstheorie und der freien Wahrscheinlichkeit. Für Weber wird es interessant „wo sich die Mathematik von ihrer Natur als Werkzeugkasten für die Naturwissenschaften trennt und zu einer eigenen Wissenschaft wird“, wie er es ausdrückt. Weber promovierte in Münster, kam bereits 2010 als Wissenschaftler an die Universität des Saarlandes. Seit 2015 lehrte und forschte er hier als Juniorprofessur. Nachdem die DFG ihn in das Heisenberg-Programm für exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchs aufnahm, trat der 40-Jährige im März 2021 seine Heisenberg-Professur an.
Ein Fokus seiner Forschung liegt auf Quantensymmetrien. „Die heutige Quantenphysik versteht die Symmetrien der Quantenwelt noch nicht ganz“, erklärt er. Symmetrien spielen aber eine große Rolle, um diese Welt verstehen zu lernen, was wiederum Voraussetzung dafür ist, um beispielsweise Quantencomputer, die Supercomputer der Zukunft, zu bauen. Mit Symmetrien lassen sich Dinge unterscheiden und charakterisieren. Und mit ihnen können Räume beschrieben werden. „Wir wollen den Übergang von Räumen zu Quantenräumen, von Gruppen zu Quantengruppen und von Symmetrie zu Quantensymmetrie erklären, indem wir einen analytischen Ansatz verfolgen“, erläutert der Mathematiker.
Mit seiner Forschung leistet Weber Vorarbeit für die Experimente der Zukunft. Mit seinen mathematischen Modellen versucht er dazu beizutragen, diese vorhersehbar, erklärbar und verständlich zu machen. Die Begeisterung für sein Fach will er auch bei seinen Studenten wecken: „Diese Art der Mathematik hat eine besondere Faszination und auch eine besondere Ästhetik. Ich will hierauf neugierig machen und aufzeigen, warum es sich lohnt, abstrakt zu werden“, sagt er.
Mit dem Von-Kaven-Ehrenpreis würdigt die DFG seine bisherigen Forschungsleistungen. „Weber machte sich insbesondere mit der vollständigen Klassifizierung der einfachen Quantengruppen einen Namen, die er durch die Beschreibung algebraischer, analytischer und darstellungstheoretischer Eigenschaften mithilfe von Kombinatorik erzielen konnte. Durch den Einsatz von Computeralgebra gelang ihm zudem ein neuer Impuls für das allgemeine Klassifikationsproblem für Quantengruppen. Anwendungen finden seine Ergebnisse in der Quanteninformationstheorie, aber auch in anderen mathematischen Bereichen“, so die DFG in einer Mitteilung.
Der Von-Kaven-Ehrenpreis wird am 6. Dezember im Rahmen der Gauß-Vorlesung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV) in Bremen verliehen. Die Laudatio hält die Informatikerin und DFG-Vizepräsidentin Kerstin Schill per Video. Die Veranstaltung wird auch per Livestream übertragen.
Moritz Weber studierte in Münster, wo er 2011 promovierte. Er wurde sowohl durch ein Graduiertenkolleg der DFG als auch im Rahmen zweier mathematischer Sonderforschungsbereiche (SFB) der DFG gefördert. 2010 wechselte er an die Universität des Saarlandes. Von hier führten ihn Auslandsaufenthalte als Postdoktorand an das Fields Institute nach Toronto, Kanada, an das Institute of Mathematical Sciences nach Chennai, Indien, sowie an die Universität Glasgow in Schottland. Im Jahr 2015 wurde er Juniorprofessor. Von 2017 bis 2020 leitete er ein Teilprojekt im Rahmen des SFB/Transregio „Symbolische Werkzeuge in der Mathematik und ihre Anwendung“, seitdem hat er weitere DFG-Projekte eingeworben. 2016 verlieh ihm die saarländische Landesregierung den Landespreis Hochschullehre für sein ehrenamtliches Engagement, Mathe-Kenntnisse von Flüchtlingen aufzufrischen, die studieren wollen. Hieraus ist auch ein arabisch-deutsches Mathe-Lehrbuch hervorgegangen.
Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in der Grundlagenforschung im Bereich der Quantengruppen an der Schnittstelle von Analysis, Algebra und Kombinatorik: Sein Ziel ist es, Quantensymmetrien in unterschiedlichen Kontexten zu untersuchen, etwa von Graphen. Dabei treten Querverbindungen unter anderem zur Quanteninformationstheorie sowie der freien Wahrscheinlichkeitstheorie auf. Weitere Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Funktionalanalysis, Operatoralgebren sowie der Einsatz von Methoden aus der Computeralgebra. Weber will an der Universität des Saarlandes zur Entwicklung einer Quantenmathematik beitragen, die mathematische Werkzeuge für die Theorien bereitstellt, die sich mit Phänomenen der Quantenphysik im weitesten Sinne beschäftigen.
Mit Werner Heisenberg ist Moritz Weber übrigens gleich dreifach verbunden: Inhaltlich über seine Forschung, über das DFG-Programm und auch über seinen akademischen Stammbaum: Sein Doktorvater-Stammbaum lässt sich auf Heisenberg zurückführen.
U. d. Saarlandes / DE