Berlin feilt an einer Super-Uni
Ein Masterplan mit dem Titel «Wissen schafft Berlins Zukunft» kündigt eine Trendwende für die Hochschulen und Forschungsstätten Berlins an.
Berlin (dpa/bb) - Berlin ist arm, aber schlau. Das könnte ein neues Credo der hoch verschuldeten Hauptstadt werden, seit der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) Anfang dieser Woche millionenschwere Zuschüsse für Wissenschaft und Forschung angekündigt hat. Ein Masterplan mit dem Titel «Wissen schafft Berlins Zukunft» kündigt eine Trendwende für die Hochschulen und Forschungsstätten der Hauptstadt an. In Zahlen bedeutet das: 300 Millionen Euro mehr bis zum Jahr 2011. Der erhoffte Effekt mag Erinnerungen an Zeiten wecken, in denen Nobelpreisträger wie Albert Einstein und Max Planck in Berlin forschten oder Wilhelm von Humboldt hier im 19. Jahrhundert die moderne Universität gründete.
An der neuen Struktur für die Spitzenwissenschaft wird noch gefeilt und Begriffe wie «Superuniversität» geistern schon herum. Doch selbst wenn die Planung noch nicht im Detail steht: Die Hauptstadt setzt mit ihrem Ziel einer blühenden Wissenschaftslandschaft auf ein chancenreiches Pferd.
Die Berliner Wissenschaft und Forschung ist in den vergangenen Jahren vom Land alles andere als verwöhnt worden. Vom strikten Sparkurs seit dem Jahr 2002 blieben auch die drei großen Universitäten nicht verschont. In den Hochschulverträgen kürzte das Land ihnen 75 Millionen Euro. Die Uni-Medizin, verbunden mit dem Namen Charité, musste noch mehr bluten. Studenten gingen auf die Straße, doch ihre Studienplätze wurden um Tausende reduziert.
Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass der Präsident der Humboldt-Universität, Christoph Markschies, nach der Ankündigung des Masterplans glaubte, es sei Weihnachten. Jährlich 1000 neue Erstsemester-Plätze, Junior-Professoren, mehr Tutoren, Berufung von Spitzenwissenschaftlern und Förderung von Exzellenzanträgen - das muss Musik in seinen Ohren sein. Auch Dieter Lenzen, Präsident der Freien Universität, hofft, dass es nun «bergauf» geht. Doch vor allzu lautem Jubel will er wissen, wie denn nun genau es gehen soll.
Völlig überraschend kommt die Trendwende nicht. Mit Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) hat Wowereit 2006 einen ausgewiesenen Kenner der Wissenschafts- und Hochschulszene gewonnen. Der harte Sparkurs und die gute Konjunktur haben Berlin ein wenig mehr finanzielle Bewegungsfreiheit verschafft. An den Unis hat der Spar-Schock auch Früchte getragen. Sie haben zum Beispiel Doppel- Studiengänge abgeschafft, mit Langzeit-Studenten ernste Worte geredet und verstärkt Drittmittel eingeworden. Selbst die teure Charité steht durch eine neue Struktur finanziell heute besser da.
Überdies zeigen die Berliner Unis in der Exzellenzinitiative des Bundes, was in ihnen steckt: Sowohl die Freie als auch die Humboldt-Universität behaupten sich noch in der zweiten Runde um die Millionenzuschüsse für Elite-Unis. Exzellenz, ein Begriff, der im roten Berlin lange nur leise ausgesprochen wurde, ist heute im «Polit-Sprech» etabliert. Von «Elite» mag Wowereit nicht reden.
Als Manko gilt, dass Berlins gute Leistungen im Bereich Wissenschaft und Forschung nicht genug nach außen strahlen. Was an den Unis, bei den Fraunhofer- und Max-Planck-Instituten, Helmholtz-Zentren oder in den Wissenschafts-Stadtteilen Adlershof und Buch erforscht und entwickelt wird, erreicht oft nur ein Experten-Publikum. Vom Silicon Valley ist Berlin weit entfernt. Ein Vergleich mit München aber wäre möglich.
Erste Details zur Ausgestaltung des Plans sollen noch in dieser Woche bekannt gegeben werden. Erste Unkenrufe sind auch schon zu hören. Die umgarnte Spitzenwissenschaft dürfe den Rest der Unis nicht zur «zweiten Klasse» degradieren, heißt es.
Ulrike von Leszczynski, dpa