07.10.2015

Bewegung im Sternenstaub

Ungewöhnliche Strukturen in der Staub­scheibe eines Sterns entdeckt.

Der Stern AU Microscopii im südlichen Stern­bild Mikroskop, etwa 33 Lichtjahre von der Erde entfernt, ist von einer großen Staub­scheibe umgeben, die irdische Beobachter fast genau von der Seite sehen. Jetzt ist es mithilfe von SPHERE, einem jüngst am Very Large Telescope der ESO installierten Instrument gelungen, die Trümmer­scheibe von AU Mic detail­scharf abzubilden. Außer den SPHERE-Daten wurden dabei noch frühere Beo­bach­tungen mit dem Welt­raum­teleskop Hubble genutzt. Erstmals gelang es dabei, nicht nur Unter­strukturen der Scheibe zu zeigen, sondern auch zuverlässig nachzuweisen, wie sich diese Strukturen mit der Zeit verändern. Die Scheibe um AU Mic weist offenbar schnell bewegte, wellen­artige Strukturen auf.

Abb.: Bilder der Trümmer­scheibe um den Stern AU Mic von 2010 (oben; Hubble-Weltraum­teleskop), 2011 (Mitte; Hubble) und 2014 (unten; SPHERE), die neu entdeckte, bewegte, wellen­artige Strukturen zeigen. Der schwarze Kreis in der Mitte zeigt an, wo das helle Licht des Zentral­sterns künstlich abgeschattet wurde, um die Beo­bachtung der deutlich leucht­schwächeren Scheibe zu ermöglichen. Das Symbol in der Kreismitte zeigt die Position des Sterns an. Die Ent­fernungs­skala ganz oben im Bild zeigt den Durch­messer der Umlauf­bahn des Planeten Neptun in unserem Sonnen­system (60 AU). Die Hellig­keit der äußeren Scheiben­regionen wurde künstlich überhöht, um dortige Strukturen sichtbar zu machen. (Bild: ESO, NASA & ESA)

Als das Instrumentierungsteam nach Ziel­objekten für ihre ersten Beo­bach­tungen suchte, war AU Mic ein naheliegender Kandidat. MPIA-Direktor Thomas Henning, der an der Forschungsarbeit beteiligt war, erklärt: „Gleich auf den ersten Blick haben wir detaillierte Strukturen in der Scheibe gese­hen – hätten Sie mir vor ein paar Jahren gesagt, dass solche Bilder 2015 möglich wären, hätte ich Ihnen das vermutlich nicht geglaubt. Wir haben diese Strukturen dann mit Bildern verglichen, die einige Kollegen und ich 2010 und 2011 mit dem Weltraumteleskop Hubble aufgenommen hatten.“

Henning fährt fort: „Uns erwartete eine Überraschung: In der Tat war es uns möglich, eine ganze Reihe von Strukturen eindeutig sowohl in den SPHERE- als auch in den Hubble-Bildern zu identifizieren. Aber innerhalb der wenigen Jahre, die zwischen den beiden Beobachtungen vergangen waren, hatten sich diese Strukturen deutlich weiter vom Stern entfernt. Zum ersten Mal beobachten wir nicht nur die Struktur oder die spektralen Eigenschaften einer solchen Trümmerscheibe – wir konnten zusehen, wie sich die Scheibe veränderte!"

Eine vorläufige Auswertung der Daten, die noch durch zukünftige Beobachtungen bestätigt werden muss, legt nahe, dass ein Teil der Materie, die dort beobachtet wurde, schnell genug fliegt, um aus der Scheibe und sogar aus dem gesamten betroffenen Sternensystem zu entkommen.

Bislang ist noch nicht vollständig geklärt, wie die dynamischen Eigenschaften, die der Vergleich der Bilder offenbart hat, zustandekommen. AU Mic ist ein roter Zwerg, Typ M1 Ve, der nur etwas mehr als halb so groß ist wie die Sonne – mit rund zwölf Millionen Jahren ein recht junger Stern im Vergleich zu den knapp fünf Milliarden Jahre unserer Sonne. Wie bei solchen jungen Sternen häufig, zeigt AU Mic starke Aktivität und produziert mit einiger Häufigkeit Eruptionen, bei denen stellares Plasma mit hohen Geschwindigkeiten nach außen geschleudert ist. Eine Möglichkeit ist, dass die bewegten Strukturen in der Staubscheibe auf diese Weise zustande gekommen sind.

Eine weitere durchaus reizvolle Möglich­keit ist, dass die Ver­ände­rungen in der Scheibe Hinweise auf das Vor­handen­sein eines oder mehrerer Riesen­planeten in der Staubscheibe sind. Die Veränderungen würden in diesem Falle durch die Gravitation der Planeten während ihres Wanderns durch die Scheibe her­vorge­rufen. Bislang sind allerdings noch keine Planeten um AU Mic nachgewiesen – was sich in Zukunft allerdings durchaus ändern könnte.

Insgesamt legt der überraschende Nachweis der Scheibendynamik von AU Mic ein ganzes Programm zusätzlicher Beobachtungen nahe. Haben die Forscher besonders großes Glück, könnte ihnen sogar der Nachweis von Proto­planeten in der Scheibe gelingen, also von kleineren Körpern, die eifrig weitere Masse ansammeln um später zu Planeten zu werden. Allgemeiner sollten detaillierte Beo­bachtungen der Dynamik solcher Scheiben direkte Vergleiche mit der Simulation solcher Objekte ermöglichen – und könnten auch Infor­mationen über Prozesse der Planeten­entstehung liefern, die in der Scheibe ihre Spuren hinter­lassen haben.

MPIA / SK

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