Bürger wissen über Nanotechnologie kaum Bescheid
Verbraucherstudie offenbart Hoffnungen und Unklarheiten. Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist es erforderlich, rechtliche Rahmenbedingungen für den sicheren Umgang mit Nanomaterialien zu schaffen.
Verbraucherstudie offenbart Hoffnungen und Unklarheiten. Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist es erforderlich, rechtliche Rahmenbedingungen für den sicheren Umgang mit Nanomaterialien zu schaffen.
Die Nanotechnologie weckt diffuse Hoffnungen. Ihr Nutzen wird vom überwiegenden Teil der Deutschen höher eingeschätzt als die möglichen Risiken. Gleichzeitig hat nur ein geringer Teil der Bevölkerung eine klare Vorstellung davon, was unter dem Begriff überhaupt zu verstehen ist. Das ist das Resümee einer Studie, die ein Forscher der Universität Bonn zusammen mit Wirtschaftspsychologen durchgeführt hat.
Die Forscher hatten eine psychologische Grundlagenstudie zur Wahrnehmung der Nanotechnologie durchgeführt und anschließend 1.000 Verbraucher telefonisch zu diesem Thema befragt. Dabei offenbarten die Teilnehmer Unkenntnis darüber, was unter dem Begriff überhaupt zu verstehen ist. "Er wird von den Befragten vor allem mit der Informationstechnologie und dem Lotuseffekt assoziiert", erklärt Johannes Simons von der Universität Bonn. Der Mitarbeiter der Abteilung Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft hat die Studie zusammen mit den Wirtschaftspsychologen Carl Vierboom und Ingo Härlen durchgeführt.
"Dennoch ist der Begriff insgesamt positiv besetzt", stellt Simons fest. "Nanotechnologie gilt als intelligente Nachahmung der Natur. Viele Verbraucher hoffen, dass sich durch ihre Anwendung wichtige Probleme in der Medizin oder im Umweltbereich lösen lassen. Abschreckende Bilder, wie sie zum Beispiel im Zusammenhang mit der Gen- oder der Atomtechnologie verbreitet sind, verbinden sie mit dem Begriff spontan nicht."
Ein wenig anders sah es aus, wenn die Teilnehmer speziell zu so genannten "Nanoteilchen" befragt wurden. In diesem Zusammenhang konnten die Forscher relativ einfach Negativassoziationen aktivieren. So stellten die Befragten Parallelen zu freien Radikalen, zu Asbest oder zu Feinstaub her. Kritisch sahen die Befragten zudem den Einsatz von Nanotechnologie in Kosmetika oder Lebensmitteln: "Wenn die entsprechenden Produkte am oder im Körper wirken, werden die Vorbehalte größer", betont Simons. Eine Ausnahme bilde die medizinische Nutzung der Technologie. Die Hoffnung auf Heilung übertreffe in diesem Fall die Angst vor den kleinen Teilchen.
Das Schlagwort Nanotechnologie bezeichnet die Entwicklung von Werkstoffen oder Bauteilen, die aufgrund der geringen Größe ihrer Komponenten besondere Eigenschaften aufweisen. Nanotechnologie hat längst in unseren Alltag Einzug gehalten: Nanopartikel schützen in Sonnencremes die Haut vor UV-Strahlung; in Fassadenfarben sorgen sie dafür, dass Graffiti leicht abgewaschen werden können. Auch in Zahnfüllungen kommen nanotechnologische Produkte zum Einsatz. "Dennoch werden Chancen und Risiken dieser Technologie öffentlich kaum diskutiert", bedauert Simons. Die Wissenschaftler raten dazu, Kommunikationsstrategien zu entwickeln, mit denen die Verbraucher trotz fehlenden Wissens im Falle von Risiken angemessen informiert werden können.
Das Umweltbundesamt (UBA) listet in einem Hintergrundpapier "Nanotechnik für Mensch und Umwelt - Chancen fördern und Risiken mindern" Wissenswertes über die Nanotechnik. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung warnt das UBA vor Gesundheitsgefahren, die aus dem industriellen Einsatz von Nanotechnologie in Nahrungsmitteln, Kleidungsstücken, Kosmetika und anderen Produkten resultieren können. Das Amt empfehle in der Studie, Produkte mit den kleinen Partikeln so lange zu vermeiden, wie ihre Wirkungen in der Umwelt und auf die menschliche Gesundheit noch weitgehend unbekannt sind. Zudem fordere das UBA eine Kennzeichnungspflicht und ein Melderegister für Produkte, die Nanopartikel enthalten. Davon wären mehr als 800 Unternehmen in Deutschland betroffen, die in der Nanotechnologie tätig sind.
Die Verwendung Millionstel Millimeter kleiner Partikel ist für viele Industriebranchen interessant, weil sie nützliche chemische und physikalische Eigenschaften besitzen. Ihre Winzigkeit birgt allerdings auch die Gefahr, dass sie viel eher die natürlichen Barrieren im Körper überwinden.
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn/dpa/KP
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