Crash mit Folgen
Seltener Zusammenstoß in einem Doppelsternsystem erstmals mit Hochgeschwindigkeitskamera beobachtet.
Was geschieht, wenn zwei Sterne zusammenstoßen, die einander zuvor umkreisten? Wie kommt es, dass eine so gewaltige Explosion mehr als Gas und Strahlung hinterlässt, dass sogar ein oder beide Partner, wenn auch in neuer Gestalt, bestehen bleiben? Ein in unserer Galaxie sehr seltenes schwingendes Exemplar soll einem Astronomenteam aus Großbritannien, Deutschland und Spanien nun verraten, was bei einer Sternenkollision wirklich abläuft. „Es gibt eine Fülle an Daten, aus der wir sehr viel über das Doppelsternsystem gelernt haben“, sagte Ulrich Heber von der Uni Erlangen-Nürnberg, der an der Analyse beteiligt war.
Abb.: Das Doppelsternsystem J0247-25 (Quelle: U. Keele)
Eigentlich waren die Forscher auf der Suche nach extrasolaren Planeten, als ihnen der neue exotische Stern ins Netz ging. Daraufhin entschieden sich der Projektleiter Pierre Maxted und seine Kollegen, eine Hochgeschwindigkeitskamera der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile einzusetzen. Dabei wurde entdeckt, dass die Helligkeit auf einzigartige Art und Weise schwankt, was auf Schwingungen des Sterns zurückzuführen ist. Bei einem derartigen Himmelskörper ist dies zum ersten Mal nachgewiesen worden.
Das erhärtet die Kollisionshypothese, die besagt, es könne in einem Doppelsternsystem zu einem folgenreichen Zusammenstoß kommen, wenn einer der beiden Partner sich zu einem Roten Riesen aufbläht. Das ist allerdings nicht mit dem Zusammenprall von zwei Steinen zu vergleichen: Die Umlaufbahn des Begleitssterns, nun von der aufgeblähte Hülle umgeben und abgebremst, wird immer enger, bis ein gewaltiger Energieausbruch bis zu neunzig Prozent der Masse des Roten Riesen absprengt. Computersimulationen zufolge ist der Reststern nicht nur sehr leicht, sondern weist auch äußerst ungewöhnliche Eigenschaften auf.
Leider sind solche Sterne sehr selten, weshalb das Astronomenteam begeistert war, den Außenseiter zu entdecken. Die Aufnahmen der Hochgeschwindigkeitskamera ULTRACAM ergaben winzige Helligkeitsschwankungen, die von Schallwellen stammen, die sich durch das Sterninnere ausbreiten. Solche Pulsationen, die unsere Sonne ebenso wie viele Sterne aufweist, durchlaufen regelmäßige Zyklen. Bei der Sonne wie bei dem neuen veränderlichen Stern dauert ein solcher Zyklus etwa fünf Minuten. Die Schallwellen gelangen bis tief ins Sterninnere, fast bis zum Sternzentrum. Ähnlich wie Erdbebenwellen zu nutzen sind, um das Erdinnere zu erforschen, lässt sich mit geeigneten physikalisch-numerischen Computermodellen die innere Struktur des Sterns sondieren. Dazu sind noch genauere Messungen nötig, die das Team an der Europäischen Südsternwarte durchführen will.
„Wir haben die beiden Sterne sogar wiegen können“, berichtete Heber. „Dabei kam heraus, dass einer der beiden viel zu leicht ist – ein eindeutiges Zeichen, dass sein Begleiter den größten Teil seiner Masse in einer Kollision fortgerissen hat. Nun können wir herauszufinden, warum Sterne solche Zusammenstöße überhaupt überleben.“
FAU / CT