01.03.2004

Der entfesselte Schrecken

Vor 50 Jahren - am 1. März 1954 - fand der erste Test einer einsatzfähigen H-Bombe statt.

Vor 50 Jahren - am 1. März 1954 - fand der erste Test einer einsatzfähigen H-Bombe statt.

Washington (dpa) - Die Macht der Explosion überraschte selbst die amerikanischen Wissenschaftler: Die Bombe riss einen 1,5 Kilometer breiten Krater in das Atoll und entfesselte einen Feuerball, der binnen einer Minute 13 Kilometer hoch stieg und die pulverisierten Korallen des Atolls mit sich in die Atmosphäre riss. Es war bis heute die stärkste Bombenexplosion, und mit dem Test vor 50 Jahren, am 1. März 1954, auf dem Bikini-Atoll im Pazifik, hatten die USA eine neue Ära im nuklearen Wettlauf der Supermächte eingeläutet. Erstmals war eine einsatzfähige Wasserstoffbombe gezündet worden - tausend Mal stärker als die Atombombe von Hiroshima.

Im nüchternen Protokoll der US-Militärs heißt es dazu: «Um 6.45 Uhr wurde das Zündsignal gesendet, und der Apparat explodierte, wobei es das Äquivalent an Energie von 15 Millionen Tonnen TNT freisetzte. Dieser Ertrag war viel größer als erwartet.»

In dem radioaktiven Niederschlag, der sich auch viel weiter als erwartet verbreitete, wurden 23 japanische Fischer gefangen, die mit ihrem Schiff «Lucky Dragon» 160 Kilometer entfernt waren. Wie grauer Schnee fiel der Niederschlag auf sie herab. Als sie Wochen später wieder in ihrem Heimathafen eintrafen, hatten alle Fischer schwere radioaktive Verbrennungen, ein Besatzungsmitglied war tot.

Auf der Marshall-Insel Rongelap, 160 Kilometer entfernt, hörten die Inselbewohner einen lauten Knall, dann begann der Boden zu wackeln. Wenige Stunden später regnete der nukleare Niederschlag auf die Insel herab. Ahnungslos spielten die Kinder in dem bunten Aschenpulver. Als die Bewohner ein Tag später evakuiert wurden, begannen den ersten bereits, die Haare auszufallen.

Die Wasserstoffbombe mit ihrer ungeheuren Kraft war nach Informationen des Rundfunksenders PBS von Anfang an selbst bei den amerikanischen Atomwissenschaftlern umstritten. Sogar der «Vater der Atombombe», Robert Oppenheimer, warnte - aufgeschreckt von dem Grauen in Hiroschima und Nagasaki - vor der völlig neuen Dimension der Zerstörungsgewalt, die eine Vernichtung der gesamten Menschheit ermögliche.

Doch der Kalte Krieg hatte begonnen, und die ersten Atombombentests der Sowjetunion gaben den Falken in Washington und im geheimen Atomlabor Los Alamos Auftrieb. Entgegen den Warnungen der meisten Atomwissenschaftler vor der Zerstörungskraft der neuen Superbombe gab US-Präsident Truman am 31. Januar 1950 grünes Licht für den Bau der Wasserstoffbombe.

Unter Leitung von Edward Teller wurde die Bombe entwickelt, bei der Energie aus einer unkontrollierten Kernfusion freigesetzt wird. Dabei verschmelzen die schweren Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium zu Helium. Die Sprengkraft einer Wasserstoffbombe liegt deutlich über der einer gewöhnlichen Atombombe, in der eine unkontrollierte Kernspaltung abläuft.

Für die Bewohner der Marshall-Inseln war die Explosion der als «Bravo» bezeichneten H-Bombe auf dem Bikini-Atoll bereits der zweite Test. Schon am 1. November 1952 hatten die Amerikaner auf einem anderen Atoll der Marshall-Inseln einen Sprengsatz mit dem Code-Namen «Mike» zur Explosion gebracht - er war 700 Mal so stark wie die Atombombe von Hiroshima. Allerdings war «Mike» noch keine einsatzfähige Bombe sondern noch eine fast hausgroße 82 Tonnen schwere Maschine.

Weitere Test folgten, allein auf den Marshall-Inseln waren es über 60. Insgesamt unternahmen die USA bis 1992 über 1000 ober- und unterirdische Test. Inzwischen wird im Pentagon bereits wieder über neue Tests beraten. Diesmal haben die Militärs so genannte Mini-Nukes im Auge, mit denen sie unter anderem unterirdische Bunker zerstören wollen. Manche Kritiker befürchten, dass die USA damit 50 Jahre nach «Bravo» wieder eine neue Ära im Atomwettlauf einläuten.

Thomas Müller, dpa

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