Der galaktische Super-Teilchenbeschleuniger
Ultrahochenergetische Gammastrahlung im Zentrum der Milchstraße nachgewiesen.
Wissenschaftler des H.E.S.S.-Observatoriums haben mit ihren Teleskopen einen Bereich rund um das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße lokalisiert, der intensive Gammastrahlung äußerst hoher Energie emittiert. Ursache dafür ist ein astrophysikalischer Beschleuniger, der Protonen auf Energien von bis zu einem Peta-Elektronenvolt beschleunigt. Die Forscher haben damit erstmals eine Quelle kosmischer Strahlung mit Peta-
Abb.: Die Spiegelteleskope des H.E.S.S.-Observatoriums in Namibia vor dem Sternenhimmel der Milchstraße (Bild: M. Lorentz)
Seit mehr als zehn Jahren kartographiert H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System), das von 150 Wissenschaftlern aus 12 Ländern betrieben wird, das Zentrum der Milchstraße in höchstenergetischer Gammastrahlung. Das Gammastrahlen-
Wenn Gammastrahlung auf die Erdatmosphäre trifft, produziert sie kurze bläuliche Lichtblitze, die nachts von großen Spiegelteleskopen mit schnellen Lichtsensoren erfasst werden können. Mit dieser Technik haben Astrophysiker in den letzten Jahrzehnten mehr als 100 Quellen hochenergetischer Gammastrahlung am Himmel entdeckt. H.E.S.S. ist das zurzeit empfindlichste Instrument für ihren Nachweis.
Bisher war bekannt, dass kosmische Strahlung mit Energien bis zu etwa 100 Tera-Elektronenvolt in der Milchstraße erzeugt wird. Jedoch legen theoretische Argumente und die direkte Vermessung der kosmischen Strahlung nahe, dass diese Teilchen in unserer Galaxie bis zu Energien von mindestens einem Peta-
Detaillierte Beobachtungen des Zentrums der Milchstraße, die mit den H.E.S.S.-Teleskopen während der letzten 10 Jahre durchgeführt wurden, liefern jetzt erste Antworten. „Wir haben einen astrophysikalischen Beschleuniger lokalisiert, der Protonen auf Energien von bis zu einem Peta-
Bereits während der ersten Beobachtungsjahre ab 2002 hatte H.E.S.S. eine starke kompakte Quelle sowie ein ausgedehntes Band diffuser höchstenergetischer Gammastrahlung im galaktischen Zentrum nachgewiesen. Der Nachweis dieser diffusen Strahlung, die sich über eine Region von etwa 500 Lichtjahren Durchmesser erstreckt, war bereits ein deutlicher Hinweis auf eine Quelle kosmischer Strahlung in dieser Region; der Nachweis der Quelle selbst blieb den Forschern damals versagt. Deutlich größere Menge an Beobachtungsdaten und Fortschritte in den Analysetechniken erlaubten es jetzt, erstmals sowohl die räumliche Verteilung als auch die Energie der kosmischen Strahlung zu vermessen.
Obwohl der Zentralbereich unserer Milchstraße viele Objekte beherbergt, die kosmische Strahlung großer Energie erzeugen können, unter anderem einen Supernovaüberrest, einen Pulsarwindnebel und einen kompakten Sternhaufen, liefert die Vermessung der Gammastrahlung aus dem Galaktischen Zentrum deutliche Hinweise darauf, dass das supermassive Schwarze Loch im Galaktischen Zentrum Protonen auf eine Energie von bis zu einem Peta-Elektronenvolt beschleunigt. „Unsere Daten zeigen, dass der beobachtete Schein aus Gammastrahlen symmetrisch um das Galaktische Zentrum liegt“, sagt H.E.S.S.-Forscher Stefan Klepser aus Zeuthen. „Die Gammastrahlen haben so hohe Energie und sind derart zum Zentrum hin konzentriert, dass es nahelegt, dass sie das Echo eines gewaltigen Teilchenbeschleunigers sein müssen, der sich im Zentrum dieses Scheins befindet. Vermutlich im Galaktischen Zentrum selbst.“ Stegmann ergänzt, dass „mehrere Beschleunigungsregionen vorstellbar sind, entweder in der unmittelbaren Umgebung des Schwarzen Lochs oder etwas weiter außerhalb, wo ein Teil des Materials, das in Richtung des Schwarzen Lochs fällt, wieder herausgeschleudert und möglicherweise in der Umgebung weiter beschleunigt wird.“
Die Analyse der Messungen zeigt aber auch, dass diese Quelle allein den auf der Erde gemessenen Fluss der kosmischen Strahlung nicht aufrechterhalten kann. „Wenn das Schwarze Loch aber in der Vergangenheit aktiver war”, so das Argument der Forscher, „dann könnte sie tatsächlich für die gesamte galaktische kosmische Strahlung verantwortlich sein.” Ist ihre Vermutung korrekt, so wäre die 100 Jahre alte Frage nach dem Ursprung der kosmischen Strahlung geklärt.
DESY / DE