18.11.2015

Die Geburt von Monstergalaxien

VISTA-Teleskop lokalisiert die frühesten Riesen­stern­systeme.

Eine Möglich­keit für Astronomen, ihre Theorien über Galaxien­entstehung und -entwicklung zu über­prüfen, bietet sich, indem sie einfach die Anzahl an Galaxien in einem Teil­bereich des Himmels zählen. Diese scheinbar leichte Aufgabe wird allerdings zunehmend schwerer, wenn sie versuchen, die weiter entfernteren und licht­schwächeren Galaxien zu sammeln. Probleme bereitet dabei insbesondere die Tatsache, dass die hellsten und am einfachsten zu beobachtenden Galaxien – die masse­reichsten Galaxien im Universum – umso seltener vorkommen, je tiefer Astronomen in die Vergangen­heit des Universums spähen, während die häufiger vorkommenden, weniger hellen Galaxien erst recht schwierig zu finden sind.

Massereiche Galaxien im frühen Universum entdeckt (Bild: ESO)

Ein Astronomenteam unter der Führung von Karina Caputi vom Kapteyn Instituut an der Uni Groningen hat nun viele weit entfernte Galaxien zutage gefördert, die bei früheren Unter­suchungen unentdeckt blieben. Sie nutzten Bilder von der UltraVISTA-Durch­musterung, einem von sechs Projekten, die VISTA nutzen, um den Himmel in infra­roten Wellen­längen zu vermessen, und zählten die licht­schwachen Galaxien zu der Zeit, als das Universum gerade einmal zwischen 0,75 und 2,1 Milliarde Jahre alt war.

UltraVISTA hat seit Dezember 2009 immer denselben Ausschnitt des Himmels aufgenommen, der fast vier Mal der Größe des Vollmondes entspricht. Dies stellt den größten Teil­bereich des Himmels dar, der je in dieser Tiefe im infra­roten Wellen­längen­bereich abgebildet wurde. Das Team kombinierte diese Beobachtungen von UltraVISTA mit jenen vom Spitzer-Weltraum­teleskop der NASA, das den Kosmos bei noch längeren Wellen­längen im mittleren Infrarot­bereich unter­sucht.

„Wir machten 574 neue massereiche Galaxien sichtbar – das entspricht der größten Sammlung solch verborgener Galaxien im frühen Universum, die je zusammen­getragen wurde“, erklärt Karina Caputi. „Sie zu untersuchen ermöglicht uns eine einfache aber wichtige Frage zu beantworten: Wann kamen die ersten masse­reichen Galaxien vor?“

Indem die Astronomen den Kosmos im infra­roten Wellen­längen­bereich abbildeten, kamen Objekte zum Vorschein, die sowohl von Staub verdeckt als auch sehr weit entfernt sind und in den frühesten Anfängen des Universums entstanden sind. Das Team beobachtete innerhalb kürzester Zeit einen explosions­artigen Anstieg in der Zahl solcher Galaxien. Ein großer Teil der masse­reichen Galaxien, die wir heut­zutage im näheren Universum beobachten können, entstand bereits gerade einmal 3 Milliarden Jahre nach dem Urknall. „Wir konnten keinerlei Beweise für solch masse­reiche Galaxien in dem Zeit­raum vor einer Milliarde Jahre nach dem Urknall finden, insofern sind wir davon überzeugt, dass dies der Zeit entspricht, in der sich die ersten masse­reichen Galaxien gebildet haben“, folgert Henry Joy McCracken.

Außerdem fanden die Astronomen heraus, dass masse­reiche Galaxien in einer deutlich größeren Zahl vorhanden waren, als bisher gedacht. Galaxien, die vorher unsichtbar waren, machen die Hälfte aller masse­reichen Galaxien aus, die schon existierten, als das Universum zwischen 1,1 und 1,5 Milliarden Jahre alt war. Diese neuen Erkenntnisse wider­sprechen aller­dings der­zeitigen Modellen, wie sich Galaxien im frühen Universum entwickelt haben, da es nach diesen Theorien zu dieser frühen Zeit noch keine Monster­galaxien hätte geben dürfen.

Wenn masse­reiche Galaxien im frühen Universum unerwartet staub­haltiger sind als erwartet, wäre selbst UltraVISTA nicht in der Lage, sie zu entdecken, was die Sache noch komplizierter macht. Sollte das tatsächlich der Fall sein, bedürfte das heutige Bild von Galaxien­entstehung im frühen Universum ebenfalls einer kompletten Überholung.

Das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array ALMA wird auch nach diesen alles ändernden staubhaltigen Galaxien suchen. Sollten sie gefunden werden, werden sie auch als Zielobjekt für das European Extremely Large Telescope E-ELT mit seinen 39 Metern Durch­messer dienen, das detaillierte Beobachtungen von einigen der aller­ersten Galaxien ermöglicht.

ESO / SK

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