Die Spitze des Eisbergs
Lyman Alpha-Emitter in der Ära der Re-Ionisation: Studie zeigt Notwendigkeit von tiefen Beobachtungen der LAEs.
Lyman-α-Emitter (LAEs) sind eine Gruppe von Galaxien, die einen erheblichen Teil ihrer Strahlung bei Wellenlängen um 121,567 Nanometer emittieren, der Lyman-α-Linie des Wasserstoffs. Da diese Strahlung für weit entfernte Objekte leichter nachweisbar ist, wo die Linie von ihrer ursprünglichen UV-Wellenlänge in den Bereich des optischen Lichtes verschoben wurde, nutzen Astronomen diese Eigenschaft, um insbesondere LAEs bei hohen Rotverschiebungen (bis zu z = 8) nachzuweisen. Sie stammen aus einer Zeit als unser Universum weniger als eine Milliarde Jahre alt war.
Abb.: Eines der größten bekannten Einzelobjekte im Universum: Der „Lyman-alpha Klumpen“ LAB-1. Die intensive UV-Strahlung des Lyman-alpha-Emitters erscheint grün, nachdem sie durch die Expansion des Universums auf ihrer langen Reise zur Erde gestreckt wurde. (Bild: ESO/M. Hayes)
Allerdings ist das Leben für diese Lyman-α-Photonen bei sehr hoher Rotverschiebung (z > 6) nicht gerade einfach. Das Gas im intergalaktischen Medium (IGM) um diese Galaxien ist tendenziell immer neutraler und somit erhöht sich die Streuung. Genau wie Nebel das Scheinwerferlicht eines Autos streut und dimmt, sorgen die neutralen Wasserstoffatome dafür, dass der Schein der LAEs schwächer wird und schließlich zu schwach ist um ihn noch nachweisen zu können. Andererseits kann dieser Effekt genutzt werden, um die Änderungen im IGM von einem neutralen zu einem hoch ionisierten Zustand in der Reionisationsepoche von etwa 150 Millionen bis eine Milliarde Jahre nach dem Urknall zu verstehen.
Die Wahrscheinlichkeit der Streuung ist am höchsten, wenn die Wellenlänge der Photonen der ursprünglichen Wellenlänge der Lyman-α-Linie am nächsten ist. Auf seinem (ungestreuten) Weg zum Beobachter wird das Photon durch die kosmische Expansion zu längeren Wellenlängen hin rotverschoben. Daher hat das IGM in unmittelbarer Nähe der Galaxie den größten Einfluss auf die Streuung der Lyman-α-Photonen.
Abb.: Beispiel der inhomogenen Verteilung des intergalaktischen Mediums um einen Lyman-Alpha-Emitter. Die Farbcodierung gibt die Anzahldichte der Wasserstoffatome an. (Bild: MPA)
Die Einzelheiten dieser Streuung hängen von verschiedenen Eigenschaften des Wasserstoffes im Gas ab, insbesondere von Dichte, Geschwindigkeit und dem Grad der Ionisierung. Darüber hinaus könnten Inhomogenitäten im IGM den Strahlungstransfer der Lyman-α-Photonen erheblich beeinflussen.
Wissenschaftler am MPA führten eine neue Studie zu diesem Effekt durch, die detaillierte kosmologische Simulationen des IGM in der Nähe der Galaxie mit Berechnungen des Strahlungstransfers der Lyman-α-Strahlung kombiniert. Ihre Analyse zeigt, dass das Streuverhalten der Lyman-α-Photonen äußerst komplex ist und große Schwankungen in Abhängigkeit von den verschiedenen Blickrichtungen aufweist. Die LAEs erscheinen nicht als Punktquellen sondern als ausgedehnte Halos mit einer komplexen Struktur und der gesamte Lyman-α-Fluss kann für ein und dasselbe Objekt, abhängig von der Sichtlinie, um einen Faktor 3 variieren. Dies macht es schwierig, den Lyman-α-Fluss mit den Eigenschaften der Galaxie in Verbindung zu bringen.
Abb.: Flächenhelligkeitskarten für einen Lyman-Alpha-Emitter, wie dieser entlang von sechs verschiedenen Blickrichtungen beobachtet werden könnte. In den Simulationen wurden die unterschiedlichen Blickrichtungen durch eine Drehung des Simulationswürfels realisiert, wobei durch die sechs verschiedenen Seiten beobachtet wird. (Bild: MPA)
Eine weitere Komplikation ergibt sich aus der Nachweisgrenze von Messkampagnen. Abhängig von der Tiefe einer Beobachtung ist nur ein Teil der Pixel im Helligkeitsprofil oberhalb der Nachweisgrenze. Außerdem kann der Fluss bei einer LAE-Messkampagne in jedem Pixel aufgrund der Struktur des IGM und der Streuung der Lyman-α-Photonen um mehrere Größenordnungen variieren. Dies bedeutet, dass nur ein Bruchteil des gesamten Flusses entlang dieser Sichtlinie tatsächlich aufgezeichnet und dem jeweiligen LAE zugeordnet wird - nur die Spitze des Eisbergs ist sichtbar.
Bei höheren Rotverschiebungen wird es immer schwieriger, empfindliche Nachweisgrenzen zu erreichen, was effektiv zu einem Dimmen der LAEs in derartigen Beobachtungskampagnen führt. Dies würde wiederum Auswirkungen auf die Abschätzung des neutralen Anteils im IGM haben, die auf dem Nachweis von LAEs basiert.
Damit unterstreicht diese Studie die Notwendigkeit von tiefen Beobachtungen der LAEs sowie detaillierten 3D-Strahlungstransfer-Simulationen, um korrekte Modelle für diese Objekte zu erhalten. Nur dann können sie als präzise Sonden genutzt werden, um das ferne Universum und die Reionisationsepoche zu untersuchen.
MPA / PH