05.09.2013

Doppelter Blick ins Gehirn

Kombination von Positronen-Emissions- und Magnetresonanz-Tomografie ermöglicht neue Einsicht.

Die Gehirnfunktionen von außen messen zu können, ohne in das Gehirn einzudringen, ist sowohl für medizinische Diagnosen als auch für die Forschung in Neurologie und Psychologie interessant. Bisher werden dafür hauptsächlich zwei bildgebende Verfahren eingesetzt: Mit der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) lassen sich Stoffwechselprozesse im Gehirn verfolgen, die Magnetresonanztomografie (MR) misst über den Sauerstoffverbrauch der Zellen die Aktivität der verschiedenen Hirnareale. Wissenschaftler vom Werner-Siemens-Imaging-Center an der Universität Tübingen unter der Leitung von Bernd Pichler haben in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Radiologische Diagnostik des Universitätsklinikums Tübingen sowie dem MPI für Intelligente Systeme in Tübingen nun beide Methoden erfolgreich kombiniert. Mit dem an der Uni entwickelten Messgerät, einem PET/MR-System, lassen sich funktionelle Prozesse im Gehirn besonders detailliert darstellen und in ihrem Ablauf genauer einordnen.

Abb.: Beide Bildgebungsverfahren PET und MR liefern kombiniert ergänzende Informationen. (B. Pichler / Nature)

Die bildgebende PET macht die Verteilung einer zuvor eingenommenen schwach radioaktiven Substanz in Schnittbildern des Körpers sichtbar. Je nach Substanz lassen sich über die PET viele verschiedene biochemische und physiologische Funktionen mit hoher Nachweisempfindlichkeit abbilden. Die für Messungen im Gehirn angewandte MR ist die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRI). Die Aktivierung bestimmter Hirnareale wird indirekt über die Sauerstoffsättigung des umgebenden Bluts gemessen. Man macht sich dabei zunutze, dass sauerstoffarmes und sauerstoffgesättigtes Blut unterschiedliche magnetische Eigenschaften haben. Die Vermessung von funktionellen Hirnarealen wie zum Beispiel des motorischen Zentrums ist auch für die Planung von Operationen am Gehirn von Bedeutung.

„Bisher war es kaum möglich, PET- und fMRI-Messungen miteinander zu vergleichen, da beide Aufnahmen in unterschiedlichen Geräten durchgeführt werden mussten“, erklärt Hans Wehrl. Die Forscher haben erstmals aufgezeigt, dass beide Bildgebungsverfahren sich ergänzende Informationen liefern. Hierfür wurden in dem eigens entwickelten Gerät zeitgleich PET- und MR-Aufnahmen gemacht. Die Forscher konnten Unterschiede zwischen dem mit PET erfassten Zuckerstoffwechsel und den mit fMRI gemessenen Sauerstoffsättigungsänderungen des Bluts im Gehirn nachweisen. Diese regionalen Unterschiede erlauben es, die Funktionsweise des Gehirns besser zu verstehen. Sie sind aber auch bei der Planung von operativen Eingriffen von Bedeutung. Darüber hinaus konnten funktionelle Verbindungen zwischen einzelnen Gehirnregionen im Ruhezustand mit fMRI und erstmals auch mit dynamischer PET dargestellt werden. Die Weiterentwicklung des Kombinationsverfahrens lässt sich sowohl für die wissenschaftliche Grundlagenforschung als auch für die medizinische Diagnostik nutzen.

U. Tübingen/ CT

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