01.10.2013

Drahtscheibe fokussiert Röntgenstrahl

In Schichten aufgebaute Fresnel-Linse steigert Detailschärfe von PETRA-III deutlich.

Der schärfste Röntgenstrahl der Welt leuchtet bei DESY in Hamburg. Die Arbeitsgruppen von Tim Salditt vom Institut für Röntgenphysik und von Hans-Ulrich Krebs vom Institut für Materialphysik der Georg-August-Universität Göttingen haben an der Röntgenlichtquelle PETRA-III einen Strahl mit nur knapp fünf Nanometern Durchmesser erzeugt – das ist zehntausendmal dünner als ein menschliches Haar. Der feine Strahl schärft den Blick der Forschungslichtquelle für kleinste Details.

Bild: Rekonstruktion des Nanometer-kleinen Röntgenfokus. Die Farben entsprechen der Intensität, ansteigend von Grün über Gelb nach Rot. (Bild: U. Göttingen)

Hartes Röntgenlicht lässt sich nicht einfach fokussieren wie sichtbares Licht. „Statt einer gewöhnlichen Linse verwenden wir daher eine Fresnel-Linse, die aus verschiedenen Schichten aufgebaut ist“, erläutert Teammitglied Markus Osterhoff. Als zentraler Träger dient dabei ein feiner, nur knapp einen tausendstel Millimeter dicker Wolframdraht. Rund um den Draht werden abwechselnd Nanometer-dünne Schichten aus Silizium und Wolfram aufgetragen. Aus dem beschichteten Draht schneiden die Physiker eine dünne Scheibe. „Über diese Scheibe ziehen sich fünfzig bis sechzig Silizium- und Wolframschichten ähnlich wie die Ringe einer Baumscheibe“, erläutert Florian Döring. „Und deren Dicken müssen hochpräzise sein“, fügt Christian Eberl hinzu, beide optimierten die einzelnen Produktionsschritte.

Diese nur etwa zwei tausendstel Millimeter große Drahtscheibe dient als Linse. Sie bricht das Licht jedoch nicht wie eine Glaslinse, sondern streut es wie ein optisches Gitter. Die Dicke der Schichten ist in diesem Fall so gewählt, dass die hellen Bereiche des Beugungsmusters auf einen Punkt fallen. Je genauer die Linse gearbeitet ist, desto schärfer wird dieser Röntgenfokus. Die Physiker erreichten auf diese Weise einen Röntgenstrahl von 4,3 nm Durchmesser in horizontaler Richtung und 4,7 nm in vertikaler Richtung. Bis vor kurzem waren Forscher noch uneinig darüber, ob nicht fundamentale Grenzen so kleine Fokusgrößen unmöglich machen. Unter anderem dank der herausragenden Brillanz von PETRA-III ließ sich nun ein nutzbarer Nanofokus erreichen.

Bild: Schichtstruktur der Fresnel-Linse unter dem Elektronenmikroskop: Die Silizium- und Wolframschichten ziehen sich wie Baumringe um den zentralen Draht. (Bild: Universität Göttingen)

Der feine Röntgenstrahl eröffnet neue Möglichkeiten für die Materialforschung, etwa zur Untersuchung von Nanodrähten, die in Solarzellen zum Einsatz kommen sollen. „Normalerweise kann man beispielsweise bei der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung einer Probe nur Strukturen auflösen, die größer sind als der Strahl selbst. Vor diesem Experiment lag die Grenze noch bei etwa zwanzig Nanometern“, erläutert Michael Sprung, der verantwortliche Wissenschaftler für die PETRA-Messstation P10, an der die Experimente stattfanden.

Als nächsten Schritt wollen die Forscher die Leistungsfähigkeit der Linse weiterentwickeln und die Schichten dazu auf einer ultradünnen und extrem gleichförmigen Glasfaser aufbringen. Zudem planen sie, erste Nanostrukturen mit ihrem neuen ultrafeinen Strahl zu untersuchen. In Zukunft soll eine solche Linse dabei helfen, Röntgenfoki mit höchster Leuchtkraft mit der Strahlung von Freie-Elektronen-Lasern (FELs) zu erzeugen.

DESY / CT

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen