06.02.2017

Dunkel, aber bunt

Elektrochrome Scheiben mit organischen Monomeren schalten schneller und ermöglichen größere Farbenvielfalt.

Wenn sich die Dunkelheit bereits nachmittags übers Land senkt, ist man im Winter froh über jeden Sonnen­strahl. An heißen Sommertagen dagegen könnte man auf den Wärme­eintrag verzichten, den die Sonne ins Büro bringt. Elektrochrome Scheiben schaffen Abhilfe: Ist es draußen eher dunkel, sind sie transparent und lassen Licht und Wärme durch. Knallt dagegen die Sonne vom Himmel, lassen sich die Fenster abdunkeln, wodurch ein Großteil der Hitze draußen bleibt. Diese Scheiben schimmern in schönem Blau. In anderen Farben sind sie bislang nicht erhältlich.

Abb.: Organische Monomere, in ein spezielles Gießharz gemischt, verdunkeln das Fensterglas. (Bild: Fh.-IAP)

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymer­forschung IAP in Potsdam-Golm haben eine neue Herstellungs­methode für solche elektro­chromen Glas­scheiben entwickelt – gemeinsam mit der TILSE FORMGLAS GmbH. Gefördert wird das Projekt vom Bundes­ministerium für Wirtschaft BMWi. „Wir können zum einen Glas­scheiben mit einer großen Farb­vielfalt herstellen, zum anderen erreichen wir deutlich schnellere Schalt­zeiten als bei bisherigen Modellen”, sagt Volker Eberhardt, Wissenschaftler am IAP.

Das Prinzip der elektrochromen Scheiben: Üblicher­weise verwenden Hersteller Glas, das mit licht­durchlässigen Indium-Zinn-Oxid oder dem kosten­günstigeren Fluor-Zinn-Oxid beschichtet ist. Durch diese Beschichtung wird das Glas elektrisch leitfähig. Für eine intelligente Fenster­scheibe sind zwei solcher Glas­scheiben erforderlich. Auf eine der beiden wird noch eine weitere Schicht aufgedampft, das elektro­chrome Wolfram­oxid. Die Gläser werden mit den beschichteten Seiten aufeinander gelegt, ein gelartiger Elektrolyt verbindet sie. Legt man eine Spannung an das Glas an, verdunkelt sich die Wolfram­oxid­beschichtung. Durch Umkehrung der Polung hellt sie sich auf. Dies dauert jedoch lange – vor allem bei großen Scheiben von zwei bis drei Quadratmetern können 15 bis 20 Minuten vergehen, eh sie vollständig abgedunkelt sind.

Die Forscher am IAP setzen auf eine andere Technologie, um die Scheiben abzu­dunkeln. „Wir nutzen organische Monomere, die wir in ein speziell entwickeltes Gießharz mischen”, sagt Eberhardt. Wie beim bisherigen Verfahren nutzen die Forscher als Ausgangs­substrat zinnoxid­beschichtete Glas­scheiben. Sie verzichten allerdings auf eine weitere Beschichtung. Stattdessen legen sie die Scheiben mit der Zinnoxid­beschichtung aufeinander, füllen das Gießharz samt den elektro­chromen Molekülen in den entstehenden Hohlraum und härten das Harz über Hitze oder UV-Strahlung aus. Nun legen die Wissenschaftler eine Gleich­spannung an: Dies führt dazu, dass sich die Monomere auf einer der Elektroden zu einem elektro­chromen Polymer verbinden. Bei einer deutlich geringeren Spannung lässt sich die Scheibe dann schalten. Der organische Farbgeber hat verschiedene Vorteile. Zum einen lassen sich durch die Wahl anderer Monomere künftig auch rote oder lila Scheiben verbauen. Zum anderen reagieren diese deutlich schneller. „Eine 1,2 Quadratmeter große Scheibe abzudunkeln, dauert nur etwa 20 bis 30 Sekunden. Klassische Wolframoxid-basierende elektrochrome Systeme würden dafür sicherlich zehn Minuten brauchen”, konkretisiert Eberhardt.

Auch die Stabilität der Scheiben spricht für das neue Verfahren. „Wir haben die Stabilität unserer elektro­chromen Scheiben entsprechend geltender DIN-Normen testen lassen: Bereits ein Verbund aus zwei Scheiben reicht aus, um eine Überkopf-Verglasung oder begehbare Scheiben zu realisieren. Bisher brauchte man dazu einen Vielfach-Glasverbund”, so Eberhardt. Das heißt: Mit dem speziellen Gießharz lassen sich zum einen Material­kosten sparen, da man statt drei oder vier Scheiben nur zwei braucht, zum anderen kann man diese erstmalig auch elektrochrom schalten. Auch für den Schiffsbau sind die Gläser stabil genug. Einen Prototyp der elektrochromen Gießharz-Verglasung gibt es bereits, er schaltet momentan in der Farbe Blau. Im nächsten Schritt realisieren die Forscher andere Farben, etwa Rot.

FhG / DE

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