Dunkle Materie und Anti-Materie
Die Teilchenphysik tagt in Mainz
Mainz, 24. März 2004 - Materie ist mehr als „nur“ der Stoff, aus dem unsere Handys, das morgendliche Frühstücksei oder auch wir selbst gemacht sind. Um ihre dunklen, strahlend hellen und geheimnisvollen Seiten geht es bei der Tagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), die vom 29. März bis 1. April 2004 etwa 450 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Universität Mainz versammeln wird. Dunkle Materie, kosmische Strahlung und neueste Erkenntnisse über den jüngsten Spross der Teilchenfamilie, das „Pentaquark“, sind einige Schwerpunkte des Kongresses.
Gegen Regenschauer schützt der Regenschirm, gegen Schauer ganz anderer Art die Erdatmosphäre. Die Teilchen der kosmischen Strahlung, die ständig aus den Tiefen des Alls heranfluten, werden schon in den oberen Luftschichten fast vollständig herausgefiltert. Und so müssen die Forscher bei der Wahl ihrer Messstationen mehr als wählerisch sein. Das Ergebnis sind Observatorien, die an recht „exotischen“ Orten gelegen sind: z. B. in den Eiswüsten des Südpols, auf den Kanaren oder in der argentinischen Pampa. Doch so aufwändig die Beobachtung der kosmischen Strahlung ist, sie lohnt sich allemal. Trägt sie doch viele Informationen über ihre „Absender“ in sich. Und die reichen von den Schwarzen Löchern bis hin zu den rätselhaften „Gamma-Ray Bursts“. Strahlenblitze, die in einer Sekunde mehr Energie abstrahlen, als unsere Sonne während ihres Milliarden Jahre langen Lebens (s. http://www.weltderphysik.de/themen/universum/astroteilchen).
Im Rahmen der Tagung wird aber nicht nur in den Himmel gespäht, die Erforschung der kleinsten Bausteine der Materie findet nach wie vor auch im Labor statt. Eine der wichtigsten Forschungsstätten ist hier das europäische Teilchenlabor CERN, das in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert. Und noch lange nicht zum „alten Eisen“ zählt: vom neuen Teilchenbeschleuniger LHC, der 2007 den Betrieb aufnehmen soll, versprechen sich Fachleute aus aller Welt ganz neue Erkenntnisse – insbesondere über das mysteriöse Higgs-Teilchen. Gemäß der gängigen Theorie ist das Higgs-Teilchen ein eifriger Lieferant, der alle Komponenten der Materie mit Masse versorgt.
In Mainz geht es außerdem um so genannte Quarks, die sich im Herzen jedes Atomkerns tummeln. Diese Teilchen haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten und treten stets in Begleitung auf. Während bisher aber nur Quarkduos und -trios bekannt waren, mehren sich nun die Hinweise auf ein Teilchen, das gleich aus fünf dieser Winzlinge aufgebaut ist. Neueste Erkenntnisse über dieses „Pentaquark“ werden in Mainz vorgestellt. Was hat es mit diesen Teilchen auf sich? Forscherinnen und Forscher möchten an ihnen die „Starke Wechselwirkung“ studieren – jene Naturkraft, die Quarks aneinanderkettet und letztlich unsere Welt zusammenhält (s. http://physicsweb.org/article/news/7/7/1/1).
Science-Fiction-Fans ist sie bestens vertraut, sorgt sie doch auf der „Enterprise“ für den nötigen Schub: die Anti-Materie. Für die Physik allerdings hält sie noch viele Fragen parat. Denn bei der Geburt des Universums, dem so genannten Urknall, sollte nach heutiger Auffassung gleich viel Materie und Anti-Materie entstanden sein. Damit steht die Wissenschaft vor einem Rätsel: Weil sich Teilchen und Antiteilchen beim Aufeinandertreffen zu reiner Energie vernichten, hätte aus dem dichten Gedränge des Urfeuers eine Welt ohne Materie hervorgehen müssen. Durchflutet von Licht - und ohne Menschen. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Heutzutage ist die Materie in weit der Überzahl. Was steckt dahinter? Es wird vermutet, dass ein feiner Unterschied zwischen Materie und Antimaterie seine Finger im Spiel hat - im Fachjargon „CP-Verletzung“ genannt. In den vergangenen 20 Jahren haben europäische Forscher, darunter auch Mainzer Wissenschaftler, dieses Phänomen unter die Lupe genommen. In jüngster Zeit kamen nun Experimente in Japan und in den USA dazu. Auf der Mainzer Tagung wird vom Stand der Forschung berichtet (s. http://physicsweb.org/article/world/16/7/8/1).
Ähnlich geheimnisvoll wie die Anti-Materie und dazu vollkommen unsichtbar ist die Substanz, die als „Dunkle Materie“ das Weltall erfüllt - doch anders als Sterne und Galaxien leuchtet sie nicht, sie ist „dunkel“. Aber aus was besteht sie nun, die dunkle Seite der Materie? Sind es flüchtige Neutrinos, leichtgewichtige WIMPs oder massive MACHOs (s. http://www.weltderphysik.de/themen/universum/ astroteilchen/dunklematerie)?
Mehrere Fachbeiträge und ein öffentlicher Abendvortrag widmen sich genau diesen Fragen. Unter dem Titel „Das Geheimnis der Dunklen Materie – Woraus besteht das Universum“ sucht Georg Raffelt (Max-Planck-Institut für Physik, München) nach dem Stoff, der den Lauf des Sterne mehr beeinflusst als alles, was wir heute durch unsere Teleskope sehen können. Die Suche beginnt am 31. März, um 20:00 Uhr im Hörsaal RW1 des Fachbereichs der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Mainz (Welderweg 9). Der Eintritt ist frei.
Quelle: DPG Pressestelle
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