Ein Quantensystem auf Basis von Ionenfallen für das Munich Quantum Valley
Quantencomputer mit zwanzig Qubits für die Forschung im Bereich Systemsoftware.
Gemeinsam mit dem Munich Quantum Valley schafft das Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften einen weiteren Quantencomputer für sein Quantum Integration Centre an. Dieser arbeitet mit zwanzig Qubits, implementiert in einer Ionenfalle, und stammt vom Innsbrucker Start-up Alpine Quantum Technologies. Er steht den sieben Mitgliedsorganisationen des MQV vorrangig für Forschungszwecke im Bereich Systemsoftware zur Verfügung. Das neue Ionenfallen-System von AQT finanzieren die Bayerischen Staatsministerien für Wissenschaft und Kunst sowie für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie im Rahmen der Hightech Agenda Bayern mit rund 9,8 Millionen Euro.
Der neue Quantencomputer bietet dem MQV und dem LRZ breite Einsatzmöglichkeiten und unterstützt die Software-Entwicklung. Ziel ist, Systemsoftware und Programmierumgebungen zu implementieren und diese mit Hilfe von praktischen Anwendungen und gemeinsam mit Partnerunternehmen aus dem MQV-Ökosystem zu evaluieren. Außerdem soll der Quantencomputer zur Beschleunigung in die Hoch- und Höchstleistungs-Computer des LRZ integriert und effiziente Workflows für das Supercomputing entwickelt werden. Durch die Kooperation von AQT und MQV werden weitere Entwicklungsaufgaben entstehen, etwa im Bereich Kontrollelektronik oder Lasertechnologien.
Auch wenn Forschungsteams weltweit schon Quantencomputer nutzen und dafür erste Applikationen programmieren, lässt die neue Technologie noch viel Raum für Entwicklungen. Offen ist etwa, welche Hardware sich hinsichtlich Skalierbarkeit, Wirtschaftlichkeit und insbesondere Zuverlässigkeit beim Rechnen durchsetzen wird. Ebenso unklar ist, welche Art von Quantencomputern sich am besten für welche Aufgaben eignet. Das LRZ experimentiert bereits heute mit Systemen, in denen Quantenbits mit supraleitenden Schaltkreisen realisiert werden. Diese lassen sich nur bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt betreiben und sind empfindlich gegenüber Störungen. Gesteuert von Mikrowellen können Systeme mit einer großen Anzahl von Qubits skaliert werden.
Das AQT-System arbeitet dagegen mit Qubits aus Ionen, die in Fallen eingefangen und mit Laserstrahlen manipuliert werden. Zwar sind die Operationen an diesen Qubits langsamer, aufgrund der besseren Abschirmung und Unempfindlichkeit sind die Fehlerraten jedoch geringer und das System kann bei Raumtemperatur betrieben werden. Das Quantensystem von AQT braucht deshalb keine spezielle Kühl-, Wasser- oder Energieinfrastruktur und benötigt im Betrieb nur etwa zwei Kilowatt elektrische Leistung – weniger als ein Wasserkocher. Sein Quantenregister aus zwanzig Ionen steuern zwei Laserstrahlen mit 729 Nanometern, für Rechenoperationen können die Qubits damit gezielt paarweise zur Verschränkung gebracht werden.
Das gesamte AQT-Quantensystem aus Ionenfalle, Laser- und Kameraeinheit plus Steuerelektronik passt in zwei 19-Zoll-Racks wie sie in Rechenzentren üblich sind. Das Start-up liefert seinen Quantencomputer, der in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck entwickelt und validiert wurde, mit Software-Bibliotheken aus, die mit gängigen Plattformen wie Qiskit, Cirq, Pennylane, Project Q oder Qoqo kompatibel sind und damit das Programmieren vereinfachen.
Seinen Platz bekommt das Ionenfallen-System im QIC des LRZ, dem Forschungslabor für die Integration von Quantensystemen in Supercomputer. Über eine Cloud-Anbindung können die Partner-Organisationen von MQV und LRZ auf den AQT-Quantencomputer zugreifen. Später wird das System in die High Performance Computing-Ressourcen des LRZ eingebunden, das klassische Supercomputing ergänzen sowie wissenschaftliche Simulationen beschleunigen. Zentrales Ziel: Schnittstellen zu klassischen Computern und zwischen den unterschiedlichen Quantentechnologien zu entwickeln.
MQV / RK