Eine Quantenverbindung zwischen Licht und Mechanik
Ein Mikroresonator wandelt Licht in mechanische Schwingung und umgekehrt und beeinflusst damit die Bewegung des Oszillators auf quantenmechanischer Ebene.
Bei den Dingen, die uns im Alltag umgeben, lässt sich ein quantenmechanisches Verhalten niemals beobachten. Denn ein Quanteneffekt ist nur bei sehr gut isolierten Systemen sichtbar, wenn die Koppelung mit dem Umfeld äußerst schwach ist. Bei makroskopischen Gegenständen kommen die Quanteneigenschaften wegen Dekohärenz erst gar nicht zum Tragen. Bis vor Kurzem konnten Forscher daher quantenmechanische Merkmale lediglich bei der Bewegung winziger Systeme wie einzelner Atome oder Moleküle beobachten. Nun zeigt ein Team von Physikern unter der Leitung von Tobias Kippenberg an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) nach, wie die Bewegung eines mit bloßem Auge erkennbaren Objekts auf der vorwiegend von der Quantenmechanik gesteuerten Ebene steuern lässt – durch die Beleuchtung des Gegenstands mit Laserlicht.
Abb.: Elektronenmikroskop-Bild des gläsernen Mikroresonators. Er ist über vier Speichen mit dem Trägerchip verbunden. So kann die Struktur über einen langen Zeitraum wie eine Stimmgabel vibrieren. Licht kann bis zu einer Million Mal innerhalb der Ringröhre zirkulieren. Da es gegen die Wände der Struktur prallt, übt es auf das Glas Strahlungsdruck aus, der die Vibrationen der Struktur beeinflusst. (Bild: EPFL)
Bei dem fraglichen Objekt handelt es sich um einen Mikroresonator, eine sorgfältig gefertigte gläserne Ringröhre, die auf einem Mikrochip mit einem Durchmesser von 30 Mikrometern – etwa halb so dick wie ein Haar – mit einer klar definierten Frequenz vibrieren kann. Gleichzeitig dient der Mikroresonator aus Glas als Laufspur für Licht, das darin zirkulieren kann . Beim Durchlaufen der Krümmung übt das Licht eine geringe Kraft auf die Glasoberfläche aus. Obwohl dieser Strahlungsdruck sehr schwach ist, wächst die Kraft in der Ringröhre beträchtlich an: Das Licht zirkuliert bis zu einer Million Mal in der Struktur, bevor es sich verliert (optical whispering gallery mode). So kann der Strahlungsdruck dazu führen, dass der Mikroresonator vibriert. Das Laserlicht kann die Vibrationen aber auch abschwächen und den Mikroresonator abkühlen.
Diese durch Laserlicht induzierte Kühlung des Mikroresonators ist entscheidend, um den quantenmechanischen Grundzustand zu erreichen: Normalerweise wird dieser Zustand nämlich durch zufällige Temperaturschwankungen überlagert. Der Mikroresonator ist auf eine Temperatur von weniger als einem Grad über dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlt. Diese Temperatur reicht nicht aus, um in das Quantenregime vorzudringen. Zusätzlich schwächt daher der Strahlungsdruck des Laserlichts die mechanische Bewegung des Mikroresonators um einen weiteren Faktor 100 ab. Dadurch wird der Oszillator seinen Quantengrundzustand bekühlt.
Was jedoch noch wichtiger ist: Die Interaktion zwischen Licht und Bewegung des Oszillators lässt sich darüber hinaus so verstärken, bis beide Energieformen eine enge Verbindung eingehen: Eine kleine Anregung in Form eines Lichtimpulses kann gänzlich in eine geringe Vibration übergehen und umgekehrt. Zum ersten Mal erfolgt die Umwandlung von Licht und Bewegung innerhalb eines Zeitraums, der so kurz ist, dass die Quanteneigenschaften des ursprünglichen Lichtimpulses während des Vorgangs nicht durch Dekohärenz verlorengehen. Dies bietet eine hervorragende Möglichkeit, die Quanteneigenschaften der Oszillatorbewegung zu steuern und die seltsamen Gesetze der Quantenphysik in makroskopischen Objekten zu beobachten.
EPFL / OD