18.03.2016

Elektronen wie Fische im Wasser

Elektronenfluss in Material mit hoher Leitfähigkeit zeigt hydrodynamisches Verhalten.

Üblicherweise ist die Bewegung von Elektronen in einem realen Material ziemlich verschieden vom Wasserstrom in einem Fluss. Doch in außergewöhnlichen Materialien, wie dem Metall­oxid PdCoO2, können solche „Elektronenflüsse” existieren, wie theoretisch vor mehr als fünfzig Jahren vorher­gesagt und jetzt von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe (MPI CPfS) demonstriert.

Abb.: Einer der erzeugten „Elektronenflüsse": Die Strömung erfolgt entlang des lila-Kanals und wird mit Instrumenten untersucht, die mit den farbigen Teilen der Vorrichtung verbunden sind. (Bild: MPI CPfS)

Schon als die Elektrizität entdeckt wurde, hatten die Wissenschaftler ein Bild aus dem Alltag vor Augen, dass Elektronen in einem Metall wie Wasser in einem Rohr fließen. Obwohl wir dieses Bild noch immer in der Sprache verwenden (ein elektrischer Strom „fließt“), wissen wir mittlerweile, dass diese Vorstellung eigentlich nicht zutrifft: Die Bewegung der Elektronen wird ständig dadurch gestört, dass sie mit den Atomen zusammen­prallen, aus denen das Metall besteht. Der Ablauf dieser elektronischen Fließ­prozesse ist deshalb nicht annähernd so aufregend wie die von Flüssigkeiten, die wir als Wellen, Wirbel und Turbulenzen beobachten können, wenn wir an einem Fluss sitzen.

Damit „Elektronenflüsse" existieren können, muss man außer­gewöhnliche Materialien finden, in denen die Kollisionen der Elektronen mit den Atomen tausend­fach schwächer als üblich sind. Obwohl diese Möglichkeit – bekannt unter dem Begriff „elektronische Hydro­dynamik" – vor mehr als fünfzig Jahren theoretisch vorhergesagt wurde, ließ sich dieses ungewöhnliche Verhalten erst jetzt in einem Material beobachten. In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift Science berichten gleich drei Artikel von experimentellen Erfolgen: Die Gruppen von Philip Kim in Harvard und Andre Geim in Manchester arbeiteten mit Graphen, der Beitrag der Gruppen von Andrew Mackenzie und Philip Moll vom Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe Dresden basiert jedoch auf einem Metalloxid.

Das Material der Dresdner Forscher, PdCoO2, weist eine erstaunlich hohe elektrische Leitfähigkeit auf. Diese hohe Leitfähigkeit ist ein Indiz für eine sehr geringe Störung der Elektronen durch die Atome in diesem Material. Dabei suchten die Wissenschaftler nach einem Phänomen, das jeder kennt, der in Flüssen baden war: Flüsse fließen am Ufer langsamer als in der Mitte des Flusses. Dieser Effekt entsteht durch den Zusammenstoß der Wasser­moleküle mit dem Ufer, dem Rand des Flusses. Auch „Elektronen­flüsse“ sollten durch diese Zusammenstöße mit dem „Ufer“, also der Oberfläche eines Drahts, ähnlich beeinträchtigt werden. Um deren Anwesenheit aufzudecken, frästen die Forscher sukzessive engere Kanäle in das Material und untersuchten, wie leicht die Elektronen durch sie fließen konnten. Durch Vergleich der Ergebnisse mit theoretischen Modellen hydro­dynamischer Effekte zeigten sich die lange vorhergesagten Elektronen­flüsse. Die Erkenntnisse setzen neue Maßstäbe bei der Erforschung, wie sich Elektronen in ultrareinen Materialien verhalten. Die in der Strömung des Wassers vorhandene Vielfalt könnte auch für den Fluss von Elektronen beobachtbar sein, und etwas von dieser Reichhaltigkeit könnte eines Tages zur Erfindung von neuen elektronischen Geräten führen.

CpfS / DE

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